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Wehren kooperieren seit 50 Jahren

Wehren kooperieren seit 50 Jahren

Die aktuellen Generationen der Feuerwehren Großschönau und Varnsdorf setzen die langjährige Kooperation fort. Foto: C. Müller

Die Freiwillige Feuerwehr Großschönau und die Feuerwehr Varnsdorf feiern am Samstag, 25. März, 50 Jahre deutsch-tschechische Feuerwehr-Kooperation über die Grenzen hinweg. Die Kameraden haben aus diesem Anlass in der Chronik geblättert.

Großschönau/Varnsdorf. Im Depot der Großschönauer Feuerwehr, direkt neben dem Stellplatz des Kommandowagens, befindet sich an der Wand ein Schlüsselkasten. Seit 1997 wird darin der Schlüssel zur Grenzschranke zwischen Großschönau und Varnsdorf aufbewahrt. Er ist inzwischen zu einem Symbol für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit geworden, denn er wird heute nicht mehr benötigt.

Am 25. März 1967 kam es in der Zollgasse von Großschönau, im alten Zollhaus an der Grenze, zu einem Dachstuhlbrand, der von der tschechischen Seite zuerst bemerkt wurde. Die Varnsdorfer Feuerwehr wurde alarmiert, rückte aus und ließ sich auch von dem geschlossenen Grenzschlagbaum nicht aufhalten. Auch die Freiwillige Feuerwehr Großschönau traf kurz darauf am Ort des Geschehens ein. Beide Wehren bekämpften gemeinsam die Flammen und verhinderten, dass das Haus völlig abbrannte. Diese gemeinsame Aktion wurde zu einem beiderseitigen Impuls für die Zusammenarbeit. Auch in der Chronik der Varnsdorfer Feuerwehr, anlässlich ihres 150-jährigen Bestehens im Jahr 2013, wird dieses Ereignis als Auftakt zur Wiederherstellung der Kontakte gewürdigt. Die in Vorkriegszeiten übliche Zusammenarbeit war nach dem Zweiten Weltkrieg und der Einführung eines strengen Grenzregimes von tschechischer Seite erloschen.

Danach bekam die Großschönauer Feuerwehr im Herbst 1967 eine Einladung aus Varnsdorf zum Besuch der Feuerwache. Die vorhandene Feuerlöschtechnik konnte besichtigt werden. Auch die Freiwilligen Wehren in den Varnsdorfer Ortsteilen Obergrund und Niedergrund wurden besucht. Zum Abschluss gab es einen gemeinsamen Abend in Niedergrund. Dies alles trug entscheidend zur Herstellung persönlicher Kontakte bei. Gegenseitige Besuche folgten und private, freundschaftliche Kontakte entstanden auf diese Weise. Der gegenseitige Besuch von Feuerwehrbällen und die Teilnahme an Veranstaltungen wurden zur Normalität. Allerdings: Zu gegenseitiger Löschhilfe kam es vor 1990 nicht. Denn es gab nicht nur gesetzliche Hindernisse, sondern mangels direkter Telefonverbindungen auch keine effiziente Kommunikation. In den Jahren nach 1990 wurde in Großschönau festgestellt, dass die Reihen der Feuerwehr infolge von Abwanderung in die westlichen Bundesländer zunehmend geschwächt wurden. Im November 1996 berieten daher auf der Feuerwache Großschönau die Wehrleiter der Berufsfeuerwehr Varnsdorf, der Freiwilligen Feuerwehr Varnsdorf sowie der Freiwilligen Feuerwehr Großschönau über einen einen Löschhilfevertrag, ähnlich dem zwischen Zittau und Hrádek nad Nisou. Die Wehrleiter wandten sich mit diesem Anliegen an ihre Bürgermeister. Am 12. Dezember fand eine Beratung beim Varnsdorfer Bürgermeister unter Einschluss der Kommandanten, der Gemeinde Großschönau und der Kommandostelle der Berufsfeuerwehr Decin statt. Demnach wurde ein Löschhilfevertrag nach dem Muster Zittau-Hrádek angestrebt, die jeweiligen Grenzschutzstellen sollten angeschrieben werden. Bis zur nächsten Beratung am 8. Januar 1997 in Großschönau sollte alles geklärt werden. An dieser Stelle kommt der Schlüssel zur Schranke in das Spiel: Es musste festgehalten werden, wo er sich auf beiden Seiten der Grenze befand. Schließlich kam es am 25. März 1997 am Grenzübergang Großschönau-Varnsdorf zur feierlichen Unterzeichnung eines Löschhilfevertrages. Er umfasste Großeinsätze mit Spezialtechnik, Katastrophenhilfe, technische Hilfsleistungen sowie gemeinsame Aus- und Fortbildung. Kosten sollten nicht in Rechnung gestellt werden, versicherungsrechtliche Ansprüche an die hilfesuchende Gemeinde nicht entstehen. Nun war auch die Kommunikation einfacher geworden. Der „direkte Draht“ zwischen den Kommandanten ergänzte die notwendige Einbeziehung der Kommandostelle in Decin per Fax. Infolge veränderter gesetzlicher Regelungen in Tschechien bezieht sich die heutige Zusammenarbeit nur noch auf die Freiwilligen Wehren. Es entstand auch eine intensive Zusammenarbeit der Jugendfeuerwehren mit Ausbildungslagern in beiden Ländern und gemeinsamen Veranstaltungen. Die Feuerwehren veranstalteten seitdem gemeinsame Übungen. Der „Auftritt“ der großen Tatra-Tanker in Großschönau war und ist dabei stets ein Ereignis. Neue Spezialtechnik, im Jahr 2013 angeschafft mit Hilfe eines Ziel 3-Projekts der EU, wurde reihum gemeinsam vorgeführt. Der gegenseitige Besuch anlässlich von Hauptversammlungen und Gedenktagen ist ein Teil dieser Normalität. Auch beim Wechsel der Wehrleitungen konnte die Kontinuität der Beziehungen gewahrt werden. Inzwischen sind die freundschaftlichen Kontakte der Großschönauer Wehr auch über Varnsdorf hinaus bis in den Raum Nový Bor gewachsen. Und der Schlüssel zur Schranke hängt nun, dank des Beitritts der Tschechischen Republik zum Schengen-Abkommen, seit Jahren friedlich in seinem Kasten.

Am Samstag, 25. März, wird der Grenzübergang für kurze Zeit noch einmal gesperrt. Die Feuerwehren und die Bürgermeister treffen sich am symbolischen Schlagbaum und werden den Löschhilfevertrag anlässlich seines zwanzigsten Jubiläums noch einmal bekräftigen. Der Festakt beginnt um 10.30 Uhr. Eine Schauübung steht um 14.00 Uhr auf dem Programm.

Steffen Linke / 23.03.2017

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