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Wie Gojko Mitic unsterblich wird

Wie Gojko Mitic unsterblich wird

Perfektion bis ins kleinste Detail: Die Augenhöhlen bekommen mit dem Pinsel den letzten „Schliff.“

Die überlebensgroße Skulptur für den Bischofswerdaer Indianerpfad hat die Werkstatt verlassen. Ihrem Nieskyer Schöpfer könnte sie helfen, sich einen großen Traum zu erfüllen.

Bischofswerda/Niesky. „Ein Wigwam steht in Babelsberg“, hieß es einst in einem DDR-Schlager. Gesungen wurde der Gassenhauer von der Gruppe Express, und der Refrain endete völlig ironiefrei mit: „He Gojko, Gojko, Gojko, du bist ganz groß.“ Jeder Zuhörer wusste sofort, wer damit gemeint war, denn wie kaum ein anderer Vorname stellte Gojko in der DDR ein Synonym dar: Für den starken und mutigen Indianerhäuptling, der sich mit seinen Getreuen der weißen Übermacht entgegenstellt. Ebenso, wie es in den zahlreichen gut gemachten DDR-Western dargestellt wurde.

Wie so viele Jungen verehrte auch René Theurich den derart glorifizierten Schauspieler Gojko Mitic. „Noch heute ist es mein Traum, mich mit ihm zusammen fotografieren zu lassen“, bekennt der Nieskyer. 
Die Gelegenheit könnte er schon bald bekommen: Nämlich dann, wenn in Bischofswerda der Indianerpfad vom Bahnhof zur Waldbühne eröffnet wird. Eines der zentralen Elemente bildet eine etwa zwei Meter große Holzskulptur von Gojko Mitic, der auch Namensgeber der hiesigen Spielgemeinschaft ist. Diese bringt alljährlich (coronabedingt außer in diesem Jahr) „die kleinsten Karl-May-Spiele Deutschlands mit den jüngsten Darstellern“ auf die Bühne. Und auch wenn „Gojko“ nur relativ selten in Karl-May-Verfilmungen zu sehen war, hatte er doch gern die Patenschaft über die ambitionierten Bischofswerdaer Nachwuchsschauspieler übernommen. Eine Eröffnung des Pfades ohne ihn ist eigentlich kaum denkbar.

Und auch René Theurich wird mit Sicherheit dabei sein, denn er ist der Schöpfer der Statue. Der Nieskyer, der im Ortsteil See sein Holzkunst-Atelier eingerichtet hat, arbeitete in den letzten Wochen intensiv an der überlebensgroßen Skulptur, die auch gleichzeitig eine Annäherung an das Idol seiner Kindheit bedeutet. „Ich habe mir unzählige Fotos angeschaut, mich mit seinem Antlitz vertraut gemacht“, berichtet der Holzkünstler, der Gojko Mitic noch nie persönlich begegnet ist. Nach und nach formte sich ein Bild, das sowohl den Gojko aus Kindertagen als auch den würdevoll gealterten 80-Jährigen von heute verinnerlicht. Und so stand die Skulptur bis Anfang dieser Woche in René Theurichs Werkstatt: Ernst blickend, mit zerfurchtem Gesicht, die Spuren des Alters nicht leugnend. Andererseits muskulös, die Sehnen gespannt, die Muskeln gewölbt. Hervorgegangen – für den Laien unvorstellbar – aus einem drei Meter langen und 1,20 Meter starken Eichenholzblock. 
Zuerst grob bearbeitet mit der Kettensäge, dann mit immer feinerem Werkzeug bis hin zum Pinsel bis in die letzte Nuance ausgefeilt und perfektioniert. „Gesichter sind meine große Stärke“, erklärt René Theurich selbstbewusst, und niemand, der je in Gojkos hölzernes Gesicht blickt, wird ihm widersprechen. Mit Ausnahme des weit ausgestreckten linken Armes und des Federschmucks entstammt tatsächlich alles an dieser Skulptur einem einzigen Ganzen.

Auftragsarbeiten wie für den Bischofswerdaer Indianerpfad – für diesen hat René Theurich auch Totempfähle gestaltet – bilden nur einen Teil seines Schaffens. Schon in der Kindheit von Malerei, Zeichnerei, Comic und Graffiti begeistert, experimentierte er später mit Vaters Brennholz, schnitzte unzählige Ornamente, schuf Kruzifixe. „Als ich mich 2005 als Künstler selbstständig machte, wurde ich von manchen belächelt“, blickt René Theurich zurück. Tatsächlich war es kein einfacher Weg, „doch heute kann ich gut von meiner Arbeit leben.“ Nicht zuletzt durch Aufträge für Spiel- und Wanderrastplätze in Österreich, der Schweiz oder auch in der Niederlande. „Meine Figuren im Comic-Stil werden gern als Maskottchen genutzt“, berichtet er stolz. Doch auch die „freie“, also aus eigenem Antrieb entstehende Kunst trägt dazu bei. 
Als Maskottchen, vielleicht besser noch als Gallionsfigur, taugt zweifellos auch sein hölzerner Gojko Mitic der unbedingt als Dritter mit auf das eingangs erwähnte Foto soll. Und vielleicht singen Deutschlands jüngste Karl-May-Darsteller dazu: „He Gojko, Gojko, Gojko, du bist ganz groß.“

Uwe Menschner / 17.08.2020

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