60 Jahre in Zittau zurückgeblättert
Welcher Ältere erinnert sich nicht daran, wie uns die Auslagen einst anlachten? Fotos: Albert Nelde
Zittau. Alles, was aus dem Meer kommt, ist leicht verderblich! Wo kaufte man damals Fisch? Ich erinnere mich noch sehr genau, vor 60 Jahren war die Innere Weberstraße eine Geschäftsstraße, von oben bis unten Laden an Laden. So auch das „KONSUM“-Fischhaus, unten, Ecke Poststraße. Wenn wir da einkauften, sagte Mutter immer: „Denke daran, Fischkauf ist immer Vertrauenssache. Ob es das ist, sagt dir zunächst deine Nase, denn in einem guten Fischgeschäft riecht es nicht aufdringlich oder gar übel nach Fisch.“ Ich ging immer gern mit, denn in dem großen Fischbecken des Geschäftes schwammen sie dichtgedrängt nebeneinander, ich durfte einen davon aussuchen. Dass Albert Nelde als Verkaufsstellenleiter, wie damals der Chef hieß, auf die Fragen und Wünsche der Kunden einging, war selbstverständlich, denn Beratung gehörte zur Verkaufskultur. „Keine Angst vor ganzen Fischen!“, sagte er lachend zu ihnen. „Wenn man weiß, wie es geht, ist die Vorbereitung von Fisch keine schwere Arbeit“, und führte es gleich fachmännisch vor. Mit einem Messer schnitt er, vor den Augen der Kunden, die Bauchdecke des Fisches von der Afteröffnung bis zum Kopf vorsichtig auf. „Nicht zu tief schneiden, damit die Eingeweide nicht verletzt werden“, betonte er dabei. Vorsichtig nahm er sie mit den Fingern heraus und spülte den Fisch innen und außen kalt ab. Er erklärte auch: „Frisches Fischfilets und -scheiben müssen pralles, glasig schimmerndes Fleisch haben“, dabei hielt er es den Kunden zum Betrachten hin. War der Fisch für den Kunden in Ordnung, wurde er gewogen, der Preis angesagt, in mehrere Lagen Zeitungspapier eingewickelt und über den Verkaufstisch gereicht. „Bio-Kontrollsiegel“, waren damals unbekannte Worte. Leider wartet das einstige „KONSUM“-Fischhaus mit gutem Ruf in dieser Geschäftsstraße, die heute von Grund auf saniert ist, wohl eher vergeblich auf eine Renaissance, die auch Benjamin Pfefferkorn als Eigentümer des Hauses, als sehr gering einschätzt. Ich wünsche Zittau, dass die Innere Weberstraße wieder das wird, was sie vor 60 Jahren schon einmal war, eine Straße mit belebten Läden von oben bis unten.