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Update: Bautzen ringt um mehr Transparenz

Update: Bautzen ringt um mehr Transparenz

Die Stadt Bautzen hat sich zwar eine zeitgemäße Internetseite verpasst. Allerdings lässt die Homepage nach wie vor ein Bürgerinformationssystem vermissen, das mehrere Stadträte jedoch befürworten. Foto: Stadt Bautzen

Bautzen. Benötigt die Spreestadt in punkto Kommunalpolitik mehr Transparenz? Ja, sagt beispielsweise die SPD-Stadtratsfraktion. Sie unterstützt die Einführung eines sogenannten Bürgerinformationssystems. „Grundsätzlich befürworte ich die Möglichkeit, den Bürgern dieser Stadt umfangreiche Informationen zukommen zu lassen“, meint Fraktionschef Roland Fleischer. „Aus diesem Grund spricht nichts dagegen. Die Inhalte der Vorlagen für den Stadtrat und die Ausschüsse betreffen immer Belange, die mit dem Stadtgeschehen zusammenhängen. Vorlagen für den nichtöffentlichen Teil sollten zunächst jedoch nicht zugänglich sein. Meist handelt es sich um Personalentscheidungen, aber auch um andere Inhalte, zu denen nicht alle Informationen vorliegen.“ Auch Grünen-Stadtrat Claus Gruhl zeigt sich offen für ein solches Unterfangen, wenn dies mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen und sonstigen Verordnungen vereinbar ist.

Indes betont Karsten Vogt, dass Bürgerbeteiligung und Transparenz Schlagworte seien, „denen wir verstärkt Rechnung tragen müssen, wenn wir eine aktive Stadtgesellschaft und die Akzeptanz gegenüber Entscheidungen erreichen wollen“. Der Christdemokrat führt Beispiele aus Görlitz und Weißwasser vor Augen. Dort haben die Einwohner gar die Möglichkeit, jede Sitzung am Fernsehbildschirm live mitzuverfolgen. Berlin-Lichtenberg wiederum präsentiere auf seiner Internetseite eine Variante, wie sich der Bürgerhaushalt samt seinem Arbeitsstand darstellen lässt. „Ein Bürgerinformationssystem ist genau in diesen Zusammenhang zu stellen und wichtig, um politische Teilhabe zu erreichen“, betont der CDU-Fraktionsvorsitzende. All das, was rechtlich möglich sei, solle dabei ausgeschöpft werden.

Mit gutem Beispiel voran geht der Landkreis - und das bereits seit dem Jahr 2011. Das Informationssystem für Bürger sei im Zusammenhang mit dem Informationssystem für Kreisräte und Ausschussmitglieder eingeführt worden, lässt Behördensprecherin Dunja Reichelt wissen. Und zwar vor dem Hintergrund, die Öffentlichkeit frühzeitig über zu behandelnde Themen zu informieren und transparent zu agieren. „Die Öffentlichkeit kann mit Hilfe des Bürgerinformationssystems über das Internet alle öffentlichen Vorlagen, Beschlüsse und Protokolle der Sitzungen des Kreistages und seiner Ausschüsse einsehen. Mit der Versendung der Sitzungseinladung  an die Kreisräte und Ausschussmitglieder erfolgt die Freischaltung der Tagesordnung und der öffentlichen Vorlagen der jeweiligen Sitzung.“ Die Kreisräte und Ausschussmitglieder haben zusätzlich per Passwort die Möglichkeit, im Informationssystem für Kreisräte alle - auch nicht öffentliche Unterlagen - vor der jeweiligen Sitzung einzusehen, um sich vorzubereiten. Jedoch, so schränkt Dunja Reichelt ein: „Vom Landratsamt Bautzen erfolgt eine interne Prüfung, inwieweit die bisherige Verfahrensweise beibehalten wird.“

Die Stadtverwaltung hingegen hat nach wie vor Bauchschmerzen bei dem Gedanken, Beschlussvorlagen und anderes, für die Stadträte bestimmtes Datenmaterial auf der eigenen Internetseite für jedermann sichtbar zu machen. Das ist bislang ausschließlich den Bürgervertretern vorbehalten. Sie haben über ein digitales Ratsinformationssystem Zugang zu den ihnen zur Verfügung gestellten Unterlagen. „Einen Zugang für die Bürger wäre aus meiner Sicht aber eine sinnvolle Erweiterung“, stellt der Vorsitzende der Fraktion der Linken, Steffen Grundmann, fest. „Dies haben auch schon umliegende Kommunen umgesetzt und ich nutze diesen Service regelmäßig. Mit einem vergleichsweise geringen Aufwand könnte man hier viel erreichen in Bezug auf Transparenz und Bürgernähe.“

Doch ist das auch gewollt im Bautzener Rathaus? „Es gibt seitens des Sächsischen Datenschutzbeauftragten aber auch aus Richtung des Deutschen Städtetages sehr große Bedenken im öffentlichen Umgang mit Beschlussvorlagen“, schiebt Rathaussprecher André Wucht zur Begründung vor. „Es macht rechtlich durchaus einen Unterschied, ob Sie einem ausgewählten Kreis, wie beispielsweise Journalisten, eine ausgedruckte Beschlussfassung aushändigen oder ob Sie weltweit einen Zugriff auf die Beschlussvorlagen zulassen. Die seit Mai 2018 rechtsgültigen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung untermauern die Positionen.“

Das kann Sachsens Datenschutzbeauftragter Andreas Schurig nicht zu einhundert Prozent unterstreichen. Über seinen Sprecher Andreas Schneider ließ er auf eine Anfrage des Oberlausitzer Kuriers mitteilen, dass keine datenschutzrechtlichen Einwände bestünden, soweit personenbezogene Daten nicht betroffen sind. „Wenn Sitzungsunterlagen jedermann zugänglich gemacht werden sollen, gilt, diese in Bezug auf die Zulässigkeit der Weitergabe personenbezogener Daten zu prüfen. Das bedeutet einen nicht unerheblichen Prüfaufwand. Da die Dokumente nicht standardisiert sein werden, sind Einzelfallprüfungen durch geschultes und geeignetes Personal erforderlich.“ Aber auch urheberrechtliche Fragen seien zu berücksichtigen sowie das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis im Fall von Unternehmen zu wahren. Schurigs Fazit lautet daher: Ratsunterlagen könnten in der Praxis auch nur lückenhaft publiziert werden. Trotzdem rät er von einer Veröffentlichung ab. Sie sei vom Gesetzgeber nicht verlangt.

Dennoch: Ganz tatenlos war die Verwaltung in punkto Transparenz und Bürgernähe zuletzt nicht. „Das Thema ist im August in der Sitzung des Hauptausschusses nochmals diskutiert worden“, erläutert André Wucht. „Dabei wurde deutlich, dass es den Stadträten nicht zwangsläufig um den öffentlichen Zugang zu Beschlussvorlagen geht, sondern um mehr Aufmerksamkeit für die Sitzungen. Also werden wir deren Bekanntgabe intensivieren und alle Bürgerinnen und Bürger dazu einladen.“ Das soll fortan auch auf der Internetseite der Kommune und über soziale Medien geschehen. „In den Monaten August und September waren die Besucherplätze zur Stadtratssitzung gut gefüllt“, freut sich der Rathaussprecher. Zumindest im Fall der Zusammenkunft im August lässt sich dem jedoch entgegenhalten, dass im Vorfeld eine Bürgerinitiative ordentlich mobil machte. Damals stand der Kauf der Stadthalle Krone auf der Tagesordnung.           

Roland Kaiser / 15.10.2018

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