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Das gibt es nur beim Neiße Filmfestival...

Das gibt es nur beim Neiße Filmfestival...

Dieses Foto mit Oliver Prasnikar (Ton), Grit Lemke (Regie) und Uwe Mann (Kamera) entstand während der Dreharbeiten im Tagebau Nochten. Foto: inselfilm produktion

Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Die aus der Lausitz stammende Regisseurin Grit Lemke startet, wenn es die Rahmenbedingungen zulassen, beim 17. Neiße Filmfestival vom 24. bis 27. September in der Reihe „Regionalia“– sprich in der Kategorie Filme aus der Region bzw. von Filmschaffenden aus der Region – mit dem biografischen Dokumentarfilm „Gundermann Revier“. 

Großhennersdorf. „Insgesamt sind circa 600 Filme für das 17. Neiße Filmfestival eingereicht worden,“ berichtet Antje Schadow von der Festivalleitung. Aufgrund der Corona-Pandemie ist die kulturelle Veranstaltungsreihe von Mai auf Ende September verschoben worden. In einer verkürzten Variante soll dann das Programm über die Bühne gehen. 

„Für mich ist es immer sehr besonders, den Film in der Lausitz zu zeigen, weil er die Leute hier noch einmal ganz anders berührt als anderswo, viel direkter und emotionaler wirkt. In Großhennersdorf und der Region des Neiße Filmfestivals leben Menschen, die mit den Themen und Personen des Films eng verbunden sind. Da der Film die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen und müssen, explizit anspricht, erhoffe ich mir lebhafte Gespräche und Begegnungen – dafür steht ja gerade dieses Festival“, sagt Grit Lemke voller Vorfreude. 

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Grit Lemke beschäftigt sich schon viele Jahre beruflich mit Dokumentarfilmen. Foto: Börres Weiffenbach

Der Dokumentarfilm porträtiert nicht nur den Baggerfahrer, Poeten und Rocker Gerhard Gundermann, der 1998 verstarb, sondern vor allem seine Generation und ein Land.

Klimawandel und gesellschaftliche Veränderungen gehen in der von Braunkohletagebau geprägten Lausitz Hand in Hand. Der Baggerfahrer und Dichter Gundermann hält die Umwälzung in Texten fest und kehrt auch in seinen Liedern immer wieder auf die Fragen nach Verantwortung des Einzelnen und Utopie zurück. 

Grit Lemke kann nicht direkt sagen, „wie viel Aufwand und Arbeit hinter bzw. in diesem Film für mich stecken, da ich mit Gundi befreundet war und mich schon vor dem Film intensiv mit ihm beschäftigt habe. So war ich maßgeblich in die Gestaltung der Gundermann Schaltzentrale, einer Art interaktives Museum in Hoyerswerda, eingebunden.“ 

„Ich habe damals schon einen Großteil des vorhandenen Archivmaterials recherchiert und immer wieder mit seiner Frau Conny besprochen. Den Film selbst mussten wir in einer Rekordzeit von sieben Monaten drehen und schneiden“, sagt sie. 

Und sie fährt fort: „Normalerweise geht so etwas nicht. Es ist aber möglich gewesen, weil eben schon viel Vorarbeit geleistet war und der Film auch meine eigene Geschichte erzählt. Ich wusste genau, an welchen Orten ich drehen will.“
 
Mit Uwe Mann hatte Grit Lemke einen Kameramann, „der wie Gundi und ich auch aus Hoyerswerda kommt und der immer genau wusste, wie ich etwas sehe oder meine. Und wir hatten die breite Unterstützung aller Mitstreiterinnen und Mitstreiter von Gundi, mit denen wir sehr kurzfristig gedreht haben, sowie auch die der Freundinnen und Freunde in Hoyerswerda. Für uns war es natürlich alles andere als ein Achtstunden-Job.“
Grit Lemke kam es bei diesem Film darauf an, „unsere eigene Sicht auf unsere Geschichte zu erzählen. Die DDR und stellvertretend dafür Hoyerswerda nicht von ihrem Ende her, sondern als Aufbruch und Utopie zu erzählen. Von unserer, der ,übersprungenen Generation’ im Osten zu erzählen. Also eine Sicht einzubringen, die bislang in der deutschen Film- und Medienlandschaft so gut wie nicht vorhanden ist.“

Grit Lemke war 2017 schon beim Neiße Filmfestival in Großhennersdorf in der Dok-Film Jury dabei: „Das war eine sehr schöne Erfahrung. Die Konstellation, Filme aus den drei Nachbarländern von Kolleginnen und Kollegen aus jeweils einem dieser Länder bewerten zu lassen, ist sehr spannend und eröffnet neue Horizonte. Zudem war es die familiärste Jury-Erfahrung, die ich machen durfte. Wir sind vom Kinochef bekocht worden, saßen zwischen den Filmen im Garten und redeten mit dem Publikum. Das gibt es nirgendwo sonst.“

Die Spezifik dieser einmaligen Region spiegelt sich laut der Regisseurin nicht nur im Programm, sondern auch in der Atmosphäre wider: „Ich kenne kein Festival mit einer vergleichbaren Atmosphäre, bei dem man nach den Filmen am Lagerfeuer beisammen sitzt und das eben nicht – wie fast alle anderen Festivals – in einem urbanen, sondern ganz klar in einem ländlichen Rahmen stattfindet. Das ist wirklich ein Alleinstellungsmerkmal.“

In der Jury hatte Grit Lemke damals kaum dazu Gelegenheit, das Begleitprogramm zu genießen: „Ich war aber auch schon beim Neiße Filmfestival, um am Treffen des sorbisch-deutschen Netzwerks Lausitzer Filmschaffender teilzunehmen – was ja auch zum Begleitprogramm zählt. Ansonsten ist es kein Festival, bei dem man – wie bei allen anderen – von Location zu Location hopst.“ Dafür seien die Wege einfach zu weit. „Aber selbst an einem einzigen Ort hat man die Gelegenheit, verschiedene Formate zu erleben“, berichtet sie. 

Grit Lemke gibt das Neiße Filmfestival in Großhennersdorf  auch die Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten bzw. Anregungen für ihre Arbeit als Regisseurin – insbesondere durch das nun schon seit fünf Jahren stattfindende Treffen des Lausitzer Netzwerks. „Da ist in der Vergangenheit viel entstanden, und es ist extrem wichtig nicht nur für die einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern auch für die Branche als Teil der regionalen Kreativwirtschaft. Und auch für Kontakte mit Kolleginnen und Kollegen funktioniert das Neiße Filmfestival hervorragend, weil der Austausch hier eben viel direkter und intensiver erfolgt als anderswo.“

Und welche Wünsche begleiten die Regisseurin für die verkürzte Form des Neiße Filmfestivals im September in Großhennersdorf? „Dass die Erlebnisse nicht verkürzt sein mögen und klar wird, wie unverzichtbar Kino und diese Art von Festivals für uns alle sind“, antwortet sie.

Steffen Linke / 13.06.2020

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