Neukirch: Ein trauriges 100. Jubiläum

Der Anblick des Neukircher Naturfreundehauses auf der Nordseite offenbart das pure Chaos.
Neukirch/Lausitz. Am 28. Juni 1925, also vor genau 100 Jahren, wurde das Naturfreundehaus Neukirch/Lausitz am Fuße des Valtenbergs eingeweiht. Über die Entstehung des Hauses berichtet der Landesverband Sachsen des Vereins der NaturFreunde Deutschlands auf seiner Website wie folgt: „Verantwortlich für den Bau waren die Ortsgruppen des 7. Bezirkes. Das Grundstück mit 13.837 Quadratmetern wurde im Dezember 1922 gekauft. Nach umfangreichen Schachtarbeiten und der Erstellung eines 120 Meter langen Zufahrtsweges erfolgte am 9. September 1923 die Grundsteinlegung des Hauses. Das Richtfest folgte am 17. August 1924 und bereits im Frühjahr 1925 konnte das Haus genutzt werden.“ Laut einer zur damaligen Zeit herausgegebenen Postkarte verfügte die Herberge über 200 Betten in vier Schlafsälen und 18 Einzelzimmern. Hinzu kamen zwei Tagesräume, eine Bibliothek mit 400 Bänden, zwei Notlager sowie – damals vielleicht noch nicht selbstverständlich – elektrisches Licht und eine Wasserleitung.
Eine „Spielwiese, mitten im Walde gelegen, und herrlichste Umgebung“ kennzeichneten demnach das Naturfreundehaus Neukirch/Lausitz. Noch zu DDR-Zeiten war ein gemeinsames Wochenende zum Kennen lernen für die Eingangsjahrgänge der damaligen EOS „Friedrich Schiller“ Bautzen in der Jugendherberge Neukirch Pflicht.
Von der damaligen Pracht ist nichts mehr geblieben. Heute präsentiert sich das Naturfreundehaus als Lost Place im ursprünglichsten Sinne des Wortes. Auf der Nordseite sind nicht nur das Dach, sondern die gesamten oberen zwei Etagen komplett eingestürzt. Eine Beräumung scheint nicht oder nur teilweise stattgefunden zu haben, selbst Betten ragen aus dem Chaos heraus. Den solidesten Eindruck macht noch die 2001 als zweiter Rettungsweg angebaute Fluchttreppe. Dass es soweit kommen musste, ist Entwicklungen der jüngeren Zeit geschuldet. Noch das 75-jährige Jubiläum vor 25 Jahren, also 2000, konnte in einem nicht nur erhaltenen, sondern frisch rekonstruierten Haus gefeiert werden, wie aus damaligen Zeitungsberichten hervorgeht. Noch 1999 hatten mehr als 7.000 Gäste hier übernachtet, wie die „Sächsische Zeitung“ damals schrieb. Auch die nachfolgenden Jahre waren von Optimismus und Sanierungen geprägt, bis Ende 2004 die überraschende Schließung erfolgte. 2011 fiel dann aufgrund des fortschreitenden Verfalls erstmals das Wort „Schandfleck“ in der öffentlichen Debatte. Seitdem hat sich am augenscheinlichen Zustand der Ruine nichts verändert, geschweige denn verbessert.