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Das Umgebinde noch bekannter machen

Das Umgebinde noch bekannter machen

Eigentümer Friedbert Scholz (rechts) zeigt Gregor Jungheim, wie er das nach seinen Angaben „größte Umgebindehaus der Welt“ saniert hat. Foto: privat

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Gregor Jungheim, Geschäftsstellenleiter der AG Deutsche Fachwerkstädte, freut sich über die frisch herausgegebene Straßenkarte für die Oberlausitzer Umgebindehausstraße. Foto: privat

Die AG Deutsche Fachwerkstädte gibt eine Straßenkarte für die Oberlausitzer Umgebindehausstraße heraus, die einen Teil der Fachwerk-Ferienstraße bildet. Die traditionelle Bauweise ist immer noch gefährdet.

Ebersbach-Neugersdorf. Reisender, kommst du in die Oberlausitz, dann fallen dir zuerst wahrscheinlich die vielen pittoresken Häuschen mit den hölzernen Rundbögen auf. Der größte Teil von ihnen präsentiert sich im Obergeschoss in Fachwerkbauweise – Grund genug, um die Oberlausitzer Umgebindelandschaft in eine der bekanntesten deutschen Ferienstraßen, die „Deutsche Fachwerkstraße“, einzubeziehen.
„Über einen langen Zeitraum galten Umgebindehäuser als gestrig, muffig und schwer modernisierbar“, weiß Bernd Noack. „Erst nach und nach wurden sie als von den Vorfahren an uns übergebener Schatz wahrgenommen“, so der Beigeordnete der Stadt Ebersbach-Neugersdorf, der zu den Pionieren der Umgebindeland-Vermarktung zählt. Und das kommt nicht von ungefähr, gehören doch seine Stadt und insbesondere der Stadtteil Ebersbach zu den Orten mit der größten Umgebindehausdichte überhaupt. 

„Bevor wir daran denken konnten, überregional in die Offensive zu gehen, mussten wir allerdings erst einmal daheim unsere Hausaufgaben machen“, so Bernd Noack weiter. Dies bedeutete, Strukturen zu schaffen, die es ermöglichen, die in ihrem Bestand gefährdete Umgebindelandschaft dauerhaft zu sichern. Mittlerweile arbeitet die Stiftung Umgebindehaus höchst aktiv und erfolgreich, unter anderem betreibt sie eine Börse für Kauf- und Verkaufsinteressenten und berät in Fragen der Sanierung und Finanzierung.
„Im zweiten Schritt haben wir über die Grenzen hinausgeschaut und den Kontakt zu Manfred Gerner aufgenommen“, blickt Bernd Noack in die jüngere Vergangenheit zurück. Der als „Papst der Fachwerkbauweise“ geltende Architekt und Denkmalpfleger, zu jener Zeit Geschäftsstellenleiter der Arbeitsgemeinschaft (AG) Deutsche Fachwerkstädte in Fulda, begeisterte sich für diese besondere Spielart und machte sich für die Aufnahme der Umgebindelandschaft in die Deutsche Fachwerkstraße stark, die 2015 erfolgte.

Jetzt, zwei Jahre später, liegt erstmals eine von der AG herausgegebene Straßenkarte für die Oberlausitzer Umgebindestraße als Teil der Deutschen Fachwerkstraße vor. „Die 112 Kilometer lange Strecke ist als Rundtour gestaltet, sie führt unter anderem durch Ebersbach-Neugersdorf, Kottmar, Herrnhut und Großschönau“, erklärt Gregor Jungheim, der die Nachfolge von Manfred Gerner angetreten hat. Auf der Gesamtübersicht wirkt die Umgebindelandroute wie eine „Insel“ fernab der anderen Teilstrecken, die von Stade im Norden bis Meersburg im Süden ein zusammenhängendes Netz bilden und deren nächstgelegener Punkt das thüringische Bad Langensalza ist. „Doch genau von dort – aus dem thüringisch-fränkischen Raum – erfolgte die Besiedlung der Oberlausitz, von dort wurde auch die Fachwerkbauweise ,importiert’“, so Gregor Jungheim. Und hier bildete sie mit der Block- und der Massivbauweise eine einzigartige Symbiose, die zur Entstehung des Umgebindelandes führte. „Die Karte soll helfen, noch mehr Menschen auf diese Kulturlandschaft aufmerksam zu machen und so zu deren Erhalt beitragen“, betont Jungheim.

Denn das Umgebinde ist noch lange nicht gesichert. Noch immer ist etwa ein Viertel der circa 6.500 Umgebindehäuser im deutschen Teil des Gebietes (weitere 12.500 befinden sich in Polen und Tschechien) akut vom Verfall bedroht. „Insbesondere für die großen Häuser fällt es schwer, eine tragfähige Nutzung zu finden“, weiß Bernd Noack. Dass dies allerdings möglich ist, beweisen Simone und Friedbert Scholz, die das nach ihren Angaben „größte Umgebindehaus der Welt“ – bemessen nach den 14 Bögen – zu einem Ferienhof mit angeschlossenem Kaffeemuseum ausgebaut haben. „Die Museumsbesucher ermöglichen es uns, das Ensemble finanziell zu tragen“, so Friedbert Scholz. 
Freilich kostete es eine weitaus größere Investition, als die meisten Hauseigentümer zu tragen imstande sind, um dieses Leuchtturmprojekt zu verwirklichen. 
„Dennoch kann und soll es Mut machen, das Umgebinde auch für Besucher zu öffnen, denn nur so kann die Straße mit Leben erfüllt werden“, wünscht sich Gregor Jungheim.

Redaktion / 25.10.2017

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