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Das wurde aus dem Fischfreundlichen Wehr

Das wurde aus dem Fischfreundlichen Wehr

Nicolle Petrasch hat gemeinsam mit ihrer Schwester Ninette den Staffelstab von ihrem Vater Klaus Petrasch übernommen.

Vor 13 Jahren machte der Schmöllner Ingenieur Klaus Petrasch seine Erfindung bekannt. Seitdem musste er viele Schwierigkeiten überwinden – darunter auch eine sehr persönliche. Sein Ziel verlor er aber nie aus den Augen.

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Vor wenigen Tagen unterzogen Wissenschaftler der TU Magdeburg die Pilotanlage einer Begutachtung.

Bühlau. Fast 13 Jahre ist es her, dass der „Oberlausitzer Kurier“ erstmals und damals exklusiv über das Fischfreundliche Wehr berichtete. Dabei handelt es sich um eine Erfindung des Schmöllner Ingenieurs Klaus Petrasch, mit der dieser zwei oftmals gegensätzliche Aspekte der Wasserwirtschaft in Einklang bringen wollte: Die Energiegewinnung und die Vermeidung von Schäden am Ökosystem Fluss, insbesondere an dessen schwimmenden Bewohnern. Die Idee, so berichtete er damals, sei ihm bei der Beobachtung des abfließenden Wassers aus einer Badewanne gekommen: „Das Wasser gerät in eine spiralförmige Bewegung, es entsteht Energie. Diese könnte man nutzen, wenn man eine Turbine von oben in den Strudel hineinsetzt“, so die Überlegung.

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Das Fischfreundliche Wehr soll es Fischen ermöglichen, möglichst gefahrlos die Turbine zu passieren.

Klingt logisch, ist aber – wie so viele scheinbar einfache Ideen – schwierig umzusetzen. Und so begann das Tüfteln, für das sich Klaus Petrasch viele Partner ins Boot holte und so ein leistungsstarkes Netzwerk knüpfte. Der erste Lohn der Bemühungen stellte sich ein, als 2012 an der Wesenitz bei Bühlau eine Pilotanlage den Betrieb aufnahm. Im Frühjahr desselben Jahres, so hieß es damals, soll die Anlage den Dauerbetrieb aufnehmen.

Heute schreiben wir das Jahr 2022, und um das Fischfreundliche Wehr wurde es – zumindest nach außen hin – still. 2015 gerieten es und sein Erfinder noch einmal in den Blickpunkt, als Klaus Petrasch zusammen mit der Neukircher Käppler & Pausch GmbH einen Preis innerhalb des Bundeswettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ erhielt. Klaus Petrasch ahnte damals noch nicht, welch schwere Zeit auf ihn persönlich zukommen sollte: „Vor vier Jahren erkrankte ich an Krebs“, berichtet er heute. In der TU Dresden war zu dieser Zeit gerade eine Anlage in Originalgröße für Forschungs- und Erprobungszwecke aufgebaut worden – eine Grundvoraussetzung dafür, um das Fischfreundliche Wehr für den alltäglichen Einsatz zu optimieren. Die Krankheit nahm Klaus Petrasch für einige Zeit die Möglichkeit, weiter an seiner Erfindung zu arbeiten und an deren Entwicklung teilzuhaben.
Fortsetzung im Innenteil

Andere, viel existenziellere Fragen bestimmten fortan seinen Alltag. Doch was ihm der Krebs nicht nehmen konnte, waren sein Optimismus und sein fester Glaube daran, dass das Fischfreundliche Wehr eine Zukunft hat. Allerdings reifte auch eine Erkenntnis: „Es ist an der Zeit, den Staffelstab an die jüngere Generation weiterzugeben. Und ich bin stolz darauf, dass meine beiden Töchter Nicolle und Ninette mein Lebenswerk fortsetzen wollen.“ Bei diesen Worten bricht dem so kraftvoll und vital wirkenden Mann die Stimme, und Tränen schießen in seine Augen. Das Fischfreundliche Wehr – es ist für Klaus Petrasch mehr als nur eine Erfindung; es ist die Erfüllung eines Lebenstraums.

Mit der Gründung der Firma ecoligent New Generation in diesem Jahr wurde der Entschluss in die Tat umgesetzt. Nicolle Petrasch hat die Funktion der Geschäftsführerin übernommen, ihre Schwester Ninette kümmert sich um das Marketing. Leon Hedrich als technischer Leiter und Thomas Pfenniger als Investor und Networker komplettieren das Team, das sich fortan um die Vermarktung und Etablierung des Fischfreundlichen Wehres kümmern will. Denn: Auch wenn es nach außen hin in den letzten Jahren still darum wurde, ging die Arbeit weiter voran. Die Anlage wurde unter zahlreichen Aspekten auf Herz und Nieren – oder besser auf Turbine und Strömungskanal – geprüft und Verbesserungsbedarf festgestellt: „Es zeigte sich, dass sich der Aufstieg für Fischarten, die nicht so kräftige Schwimmer sind, schwierig gestaltet“, nennt Klaus Petrasch ein Beispiel. „Das muss verbessert werden.“ Die letzten Jahre zeigten auch die Probleme des sich ändernden Klimas auf: „Die Anlage ist für einen Durchfluss von 800 Litern pro Sekunde ausgelegt, was dem langjährigen Mittel entspricht. 2020 hatten wir zeitweise weniger als 100 Liter“, so der Erfinder. Die Stromerzeugung und der daraus resultierende Gewinn, so macht er klar, stehen erst an zweiter Stelle: „Primär bleibt die Idee, den Fischen einen schonenden Aufstieg zu ermöglichen.“ Und so gilt das Fischfreundliche Wehr in Bühlau auch heute noch als Pilotanlage, weitere Anlagen sind aktuell noch nicht geplant: „Wir haben noch nicht die Genehmigung der Behörden“, erklärt Nicolle Petrasch. Doch 13 Jahre wird es jetzt sicher nicht mehr dauern …

Uwe Menschner / 24.07.2022

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