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Dehoga: „2Gplus verschärft Umsatzrückgänge im Gastgewerbe“

Dehoga: „2Gplus verschärft Umsatzrückgänge im Gastgewerbe“

Spontan einen Kaffee trinken gehen, ist aufgrund der 2Gplus-Regelung selbst für coronagrundimmunisierte Menschen derzeit nicht möglich. Pressefoto

Region. Auch wenn die Lage im Gastgewerbe aufgrund der Corona-Pandemie mittlerweile alles andere als rosarot ist, bezeichnet sie sich selbst als Mutmacher und Netzwerker aus Leidenschaft. Doch wie es tief im Innern von Carola Arnold ausschaut, das wissen die wenigsten. Die Unternehmerin aus dem Oberland kämpft mit der Fassung, wenn sie allein auf die vergangenen Monate zurückblickt. Die 2G-Regelung im Freistaat und eine Bewirtungssperre ab 20.00 Uhr hätten selbst private Koch-Events erschwert.

An diesen Strohhalm klammerte sich die Oberlausitzerin zuletzt, vor allem deshalb, da Kultur und Gastronomie in ihrem Etablissement – einer Koch- und Kulturwerkstatt samt Lädchen und kleinem Café – seit dem 21. März 2020 nicht mehr in dem gewohnten Maße möglich waren. Wegen der nicht einzuhaltenden Mindestabstände, weiß sie zu berichten. Trotz neuer, bereits abzusehender Einschränkungen plante sie für den Herbst und Winter Veranstaltungen in ihrem Domizil. Carola Arnold wollte sich und den Gästen auf diese Weise, um auf ihre Selbstbeschreibung zurückzukommen, Mut machen. Jetzt allerdings muss sie feststellen, dass von den insgesamt 37 angedachten Events im November, Dezember und Januar lediglich fünf über die Bühne gingen. „Damit ist mir die Basis genommen worden, für das alljährlich wiederkehrende, schwache erste Quartal vorzusorgen. Das macht mich wütend.“ 

Damit steht sie längst nicht mehr allein auf weiter Flur. Der Hotel- und Gaststättenverband Sachsen – Dehoga – hat unter seinen Mitgliedern eine Umfrage gestartet, deren Ergebnisse aufhorchen lassen. Sie würden die „katastrophale“ Lage der Hotel- und Gastronomiebranche unterstreichen. „In der ersten Januarhälfte vermelden die Betriebe wachsende Umsatzverluste von 64 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019“, verlautete in einer im Laufe der Woche veröffentlichten Medieninformation. „Über 65 Prozent der befragten sächsischen Unternehmer sehen ihren Betrieb in der Existenz gefährdet.“ Zum Vergleich: Bundesweit würden 57 Prozent der Unternehmer ihre Lage als sehr prekär bewerten. Verantwortlich für erhebliche Umsatzverluste in der Branche seien die seit Wochen geltenden 2Gplus-Zugangsregelungen sowie Absagen von Veranstaltungen und Messen. Über 87 Prozent der sächsischen Betriebe hätten dem Verband einen massiven Rückgang an Gästen bestätigt und 86 Prozent von ihnen Umsatzausfälle als größte Belastung angegeben.

Für die Interessensvertretung stellt sich vor dem gesamten Hintergrund die Frage, „welche katastrophalen Berichte aus der Branche noch kommen müssen, bis diesem Sterben auf Raten ein Ende bereitet wird“. „Die Unternehmer fühlen sich im Stich gelassen und in ihren Nöten durch die Politik in einem unerträglichen Maße ignoriert“, resümierte Axel Klein, Hauptgeschäftsführer des Dehoga Sachsen. Knapp 300 sächsische Unternehmer beteiligten sich den Angaben zufolge an der statistischen Erhebung.

„Von der Landes- beziehungsweise Bundesregierung erwarte ich auch eine Unterstützung für die Gastronomen, die sich durchringen, ihre Betriebe auch unter den derzeitigen Umständen geöffnet zu halten“, sagte indes der Bautzener Gastwirt Frank Haase. „Eine Umsatzvergleichbarkeit mit 2019, wie sie gefordert wird und zu unterstützenden Maßnahmen führen soll, hinkt. Denn die Preise waren vor zwei Jahren andere als heute. Derzeit ist es so, dass, wenn man etwa ein Viertel Umsatzeinbruch hat, keine Unterstützung vom Staat bekommt. Jedoch Gastronomen, die ihr Objekt ganz oder teilweise schließen und dadurch einen höheren Umsatzausfall erleiden, vom Staat eine Unterstützung erfahren. Das ist aus meiner Sicht nicht gerecht und auf jeden Fall noch einmal diskussionswürdig.“ Er selbst habe sich dazu entschlossen, sein Lokal offenzuhalten. „Da wir ja auch einen Versorgungsauftrag zu erfüllen haben“, meint der Spreestädter. „Es wäre sicher nicht schön, wenn ein Großteil der Gaststätten geschlossen wäre.“

Carola Arnold kann sich dem nur anschließen – auch um sich ein Stück weit eine Selbstpers-pektive zu geben. „Ich plane Veranstaltungen, bereite Online-Events vor, mache Netzwerkarbeit für regionale Produzenten und drehe Videos zur besseren Vermarktung“, führte sie einige Dinge an, die aktuell auf dem Programm stehen. „Darüber hinaus arbeite ich an einem Projekt mit den Stadtwerken Löbau unter dem Motto ‚Oberlausitzer kaufen hier‘.“ Hinter allem verberge sich eine „tolle“ Zukunftsarbeit, wobei zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussichten auf direkte Einnahmen bestünden. „Ohne den Lohn meines Mannes wäre schon Schluss“, räumte sie ein. Deshalb zeigt sie sich froh darüber, dass der Verkauf ihrer Kochbücher sie mit über Wasser halte. Den Entscheidungsträgern in Berlin und Dresden unterbreitete sie den Vorschlag, den schwedischen Weg einzuschlagen. „Ich denke es ist Zeit dafür, aber wenn das Vertrauen in die Politik und Verbände weiter so in den Keller geht, sehe ich schwarz und das als unerschütterlicher Optimist.“ Auf diese Weise würde den Menschen die Verantwortung mehr in die eigenen Hände gelegt, und Einschränkungen wie die Schließung von Betrieben wären vom Tisch oder ließen sich dem territorialen Ereignis zeitnah anpassen. 

Der Dehoga gab indes an, dass er in dieser schwierigen Lage eine Verlängerung der Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld sowie die Anpassung der Überbrückungshilfen von zentraler Bedeutung erachte.

Roland Kaiser / 29.01.2022

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