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Der steinige Weg zur Brücke

Der steinige Weg zur Brücke

Mit einer Brücke könnte die westliche Altstadt von Bautzen erschlossen werden. Befürworter sehen darin ein besonderes Erlebnis, die Ortenburg als Eingangstor zu erleben. Kritiker lehnen einen Eingriff in die Bausubstanz der Burgmauer ab. Foto: TU DD

Bautzen. Soll Bautzen eine neue Spreequerung bekommen und wenn ja, wann wird das sein? Auch nach jahrelanger Diskussion um das keineswegs unumstrittene Thema und trotz eines Bekenntnisses des alten Stadtrates gibt es noch immer keine eindeutige Antwort auf diese Fragen. In dieser Woche hat zumindest die Verwaltung dargelegt, welche Herausforderungen sich mit der anvisierten Baumaßnahme über der Spreeaue verbinden. Gleichzeitig lieferte sie damit eine Grundlage für den weiteren Diskurs.

Wie ist die Ausgangslage?

Im Jahr 2017 entwickelte sich der politische Wille, die Idee einer zusätzlichen Spreequerung aufzugreifen, um einen weiteren Zugang zur Ortenburg zu schaffen. Mit dem Ziel einer entsprechenden Visualisierung im Zusammenhang mit einem erweiterten Parkplatz an der Schliebenstraße und einer Bürgerwiese sowie einem touristischen Pavillon auf der Protschenbergseite wurde die TU Dresden mit der Erstellung einer Gestaltungsstudie beauftragt. Durch die Einbindung des Institutes für Massivbau sollten die Vorstellungen einer filigranen Fußgängerbrücke weiterentwickelt werden. Sechs Studienbelege und eine Diplomarbeit wurden erstellt und die Ergebnisse einer Jury unterbreitet. Sie würdigte die zwei besten Umsetzungen. Diese wiederum dienen nunmehr als Grundlage für die öffentliche Debatte sowie für weitere interne Arbeitsprozesse.

Welche Gutachten liegen bereits vor?

Ein Jahr lang wurden die Pflanzen und Tiere beobachtet, die von dem Bauvorhaben betroffen wären. Auf dieser Grundlage dieser Analyse wurde ein Artenschutzgutachten erstellt. Wie daraus hervorgeht, wären im Fall der Umsetzung des Projektes Ausgleichsmaßnahmen in einem normalüblichen Umfang zu leisten. Zudem wurde ein Rechtsgutachten beauftragt, um die Überbaubarkeit von privaten Grundstücken zu bewerten. Ein Baugrundgutachten hat die Beschaffenheit des Bau-grundes auf beiden Uferseiten bewertet.

Was hat die technische Machbarkeitsstudie ergeben?

Um eine Grundlage für die weitere Befassung zu erhalten, hat die Stadt eine technische Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Im ersten Schritt wurde der Baugrund auf den Seiten des Protschenberges und der Ortenburg untersucht. Wie sich dabei zeigte, ist der Baugrund auf der Protschenbergseite für das Vorhaben geeignet. Weitaus komplizierter stellt sich die Ausgangssituation auf der Ortenburg dar. Entgegen den Annahmen erwies sich der Baugrund dort als weniger massiv. Die technische Ausbildung der Brückengründung müsste dies berücksichtigen. Zudem kristallisierte sich im Rahmen der Machbarkeitsstudie heraus, dass auf der Ortenburg mit großer Wahrscheinlichkeit unter anderem archäologische Grabungen anfallen würden, bevor die Arbeiten zur Errichtung der Spreequerung beginnen können. Bereits die Untersuchung des Baugrundes zeigte Schwierigkeiten des Vorhabens auf. Die anschließende „Technische Machbarkeitsstudie“ machte nochmals die Komplexität des Vorhabens deutlich.

Als Favorit der prinzipiellen Konstruktion wird die Form einer Spannbandbrücke weitergeführt. Überlegungen zur Schwingungsanfälligkeit beziehungsweise der Durchbiegung wurden in prinzipiellen Ansätzen ausgeführt. Verschiedene Fragen wie die der Gefälleüberwindung der unterschiedlich hohen Uferseiten, die daraus resultierende Auswirkung auf Barrierefreiheit der Brücke, die Lösung des Regenwasserabflusses, der Beheizung im Winter und der allgemeinen Unterhaltung und den damit verbundene Kosten bleiben in der Konsequenz weiterhin offen.

Da das Brückenbauwerk als Pilotprojekt gilt, ist eine verlässliche Kalkulation der Kosten laut Rathausangaben zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich. Im Rahmen einer Schätzung wurden Brücken unterschiedlicher Konstruktionsweisen zum Vergleich angeführt. Daraus konnte nur ein ungenaues Kostenspektrum ab circa einer Million Euro abgeleitet werden. Nach oben hin sei die Schätzung offen. Nicht kalkuliert wurden dabei die weiterhin notwendigen Voruntersuchungen oder Rahmenprojekte wie beispielsweise die mögliche Errichtung einer Bürgerwiese und eines touristischen Pavillons.

Gibt es weitere Herausforderungen?

Nicht unproblematisch sind auch die Eigentumsverhältnisse auf der Ortenburg. Der Burghof befindet sich im Eigentum des Freistaates Sachsen. Ein Teilbereich ist an den Landkreis Bautzen verpachtet. Weil die geplante Brücke an das öffentliche Straßennetz anzuschließen wäre, müsste das öffentliche Wegerecht über den Ortenburghof gewährleistet werden, was erheblichen Unterhaltungsaufwendungen mit sich brächte.

Wie ist die Stimmungslage?

Einem Stadtsprecher zufolge haben politische Akteure in einer frühen Phase der Beschäftigung mit dem Projekt ihre Unterstützung signalisiert – so unter anderem Ministerpräsident Michael Kretschmer. „Auch Gespräche mit Ämtern und Behörden verliefen mehrheitlich wohlwollend“, sagte er. Abschließende Bewertungen könnten aufgrund des frühen Planungsstadiums derzeit nicht erwartet werden. Die bisherigen Rückmeldungen aus der Bürgerschaft seien als gemischt wahrgenommen worden. „Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurde durch Interviews mit tourismusrelevanten Akteuren in der westlichen Altstadt allerdings ein überwiegend positives Stimmungsbild aufgenommen.“

Wird der Parkplatz an der Schliebenstraße erweitert?

Teil des Gesamtkonzeptes ist auch eine Erweiterung des touristischen Parkplatzes. Dieses Vorhaben werde weiter verfolgt, auch wenn die Stadt die Pläne für eine neue Spreequerung verwerfen sollte, hieß es. Der entsprechende Aufstellungsbeschluss wurde durch den Stadtrat bereits gefasst. Selbst die notwendige Kampfmitteluntersuchung sei abgeschlossen. Die Ergebnisse der Baugrunduntersuchung und die der Vermessung sollen im Oktober vorliegen. Die schalltechnische Untersuchung werde bis Jahresende erbracht. Danach erfolge eine europaweite Ausschreibung der Planungsleistungen.

Wie werden die bisherigen Erkenntnisse bewertet?

Die bisherigen Voruntersuchungen konnten nur bedingt Fakten liefern, um ausreichend Informationen für einen Grundsatzbeschluss herbeizuführen. Weitere Informationen in Bezug auf Konstruktion, Baukosten sowie Unterhaltung können erst vorgelegt werden, wenn die Vor- beziehungsweise Entwurfsplanung durchgeführt ist. „Dies bedarf ebenfalls einer europaweiten Ausschreibung“, meinte der Stadtsprecher. „Für die Durchführung der europaweiten Ausschreibung und die Honorare für die Planungsleistungen sind 300.000 Euro im Haushalt veranschlagt. Damit kann voraussichtlich nur die Entwurfsplanung abgedeckt werden. Für die weitere Planung und für die Umsetzung des Vorhabens sind bisher keine Mittel im Haushalt eingestellt.“ Rechtlich betrachtet wäre dies jedoch eine Voraussetzung, um mit der Vergabe von Planungsleistungen zu beginnen. Auf eine vom Freistaat in Aussicht gestellte Finanzspritze aus dem Topf konfiszierter SED-Millionen musste die Kommune verzichten. Sie konnte nicht sicherstellen, ob sich im vorgegebenen Förderzeitraum das Brückenprojekt verwirklichen lässt. In den nächsten Wochen soll zwischen Verwaltung und Stadträten zum weiteren Verfahren beraten werden.

Redaktion / 25.09.2019

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