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Eine Perle im Oberland feiert den 85. Geburtstag

Eine Perle im Oberland feiert den 85. Geburtstag

Das Waldbad Wehrsdorf liegt idyllisch zwischen den Bergen des Oberlandes. Foto: B.Vogt

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Das historische Schild am Eingang begrüßt alle Gäste von Nah und Fern. Foto: B.Vogt

Wehrsdorf. In Brandenburg gibt es seit einiger Zeit eine Diskussion um einen Autohersteller, der ohne Baugenehmigung eine Fabrik baut. Auch in Wehrsdorf wurde 1937 ohne Baugenehmigung gebaut. Zwar keine Autofabrik, aber ein Bad. Das heißt, eigentlich sollte ein Feuerlöschteich gebaut werden. Nur für diesen gab es Zuschüsse von der Regierung. Da aber seit 1924 ein Bad gewollt war und die Errichtung immer wieder an den Finanzen scheiterte, ergriff man die Gelegenheit und baute von dem Geld einen Feuerlöschteich. 
Dass man in dem dann zufällig auch baden konnte, musste ja erstmal keiner wissen und so wurde der Bau des Waldbades erst 1939 genehmigt. Da wurde es allerdings schon zwei Jahre genutzt. Der sprichwörtliche Granitschädel der Oberländer hat das Bad aber nicht nur entstehen lassen, er hat auch dafür gesorgt, dass es immer noch existiert. Im Jahr 2001 sollte es nämlich geschlossen werden. Grund war der schlechte bauliche Zustand. Zwar wurde in den achtziger Jahren das Bad saniert, aber unter den Bedingungen und mit den Materialien, die es damals gab. Oder eben nicht gab. Die Beharrlichkeit der Wehrsdorfer gab es offensichtlich zu jeder Zeit und unter jeder Herrschaft und so beschlossen sieben Bürger, ihr Bad auf eigene Faust zu erhalten. Der Waldbadverein Wehrsdorf e.V. war gegründet. 

Dieser brachte in den folgenden Jahren das Bad wieder auf Vordermann. Durch die Unterstützung von zahlreichen Helfern und Sponsoren konnte in den letzten zwanzig Jahren ein echtes Schmuckstück erhalten und teilweise neu geschaffen werden. So wurde 2005 der Beckenboden neu gegossen, das Kinderbecken neu gestaltet, eine neue Rutsche und eine neue Chloranlage installiert. 2012 konnten auch die historischen Holzkabinen restauriert werden. 

Diese bilden zusammen mit dem aus Granitsteinen zusammengesetzten Schwimmbecken den unverkennbaren Charakter des Bades. Und so sieht das auch das Amt für Denkmalpflege. Dieses verlieh dem Waldbad den für ein Freibad eher unüblichen Titel des „Landeskulturdenkmals“. In der Begründung wurde festgestellt, das Bad sei „ortsbild- und landschaftsprägend; (eine) baugeschichtlich und sozialgeschichtlich interessante Anlage mit ursprünglich erhaltener Baukonzeption und landschaftstypischen Baumaterialien“

Seit 2016 ist das Waldbad übrigens wieder in kommunaler Hand. Der Waldbadverein existiert aber weiterhin und kümmert sich um die Erhaltung und Verschönerung des Bades. Inzwischen hat er 79 Mitglieder, wovon der Vorsitzende Clemens Israel ungefähr 30 Leute zum harten Kern zählt. Die Einzigartigkeit hat sich inzwischen sogar bis in die Landeshauptstadt herumgesprochen: „Es gibt Leute, die kommen extra aus Dresden, um hier zu baden“ freut sich der Vereinschef. Die Gäste schätzen die natürliche Umgebung, die große Liegewiese und das frische Wasser. Dass kalte Wasser hat übrigens mehrere positive Aspekte: man braucht weniger Chlor, die Unterhaltskosten sind relativ gering und es ist wirklich erfrischend an heißen Tagen, wie sie es in der letzten Zeit häufiger gab. 

Der Verein übernimmt auch die Kulturarbeit im Bad, organisiert das jährliche Badfest und andere Veranstaltungen. Und auch sonst gibt es immer etwas zu tun: „das nächste große Vorhaben ist die Erneuerung der Beckenfarbe und die Verfugung des Beckens“ sagt Clemens Israel. Und dann sind natürlich immer noch die tausend kleinen Dinge zu erledigen, wie die Pflege der Grünanlagen oder das jährliche Vorbereiten der Saison. Im ersten Corona – Jahr musste der Verein sogar den Kiosk übernehmen, weil sich wegen der unsicheren Lage kein Pächter gefunden hatte. „Das war sportlich!“ sagt der Vorsitzende. Denn für jeden Badetag der Saison jemanden finden, der es macht und die ganze Abrechnung und Organisation bildeten eine ziemliche Mammutaufgabe. Damals sank auch die Besucherzahl von Spitzenwerten um die 16.000 auf circa 7.000 pro Jahr herab. Aber die Wehrsdorfer haben mehr als einmal bewiesen, dass sie trotz allen Widrigkeiten treu zu ihrem Bad halten. 

Benjamin Vogt / 22.08.2022

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Kommentare zum Artikel "Eine Perle im Oberland feiert den 85. Geburtstag"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. "Bademeister von Wehrsdorf" schrieb am

    Guten Tag Herr Vogt! Welch Balsam auf unsere Seele. Mit positivem Inhalt, wahrhaftigen Darstellungen und einem Hang Verständnis für unsere Idee : Erhaltung des Waldbades Wehrsdorf, habe ich Ihren Beitrag vom 22.08.22 gelesen. Vielen Dank dafür. Sie könnten einer von uns sein. Wehrsdorf, im August 2022, Joachim Geißler, Vereinsgründer.

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