Führerlos, aber mit Personal an den Bärwalder See

Im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche wurde das Fahrzeug im letzten September auch in Görlitz bereits der Öffentlichkeit vorgestellt. Foto: Matthias Wehnert
Klitten. „Gestatten? Ich bin ein Walemobase!“, hatte der Niederschlesische Kurier im September 2024 ein Versuchsprojekt angekündigt, bei der ein führerloser Minibus vom Bahnhof Klitten zur Marina am Bärwalder See verkehrt. Dieser autonome Kleinbus nimmt am 4. Juli nun täglich seine regulären Fahrten auf – beziehungsweise fährt das elektrisch betriebene Fahrzeug bis zum Projektende im Regelbetrieb zwischen Klitten Bahnhof und Klitten Hafen – automatisiert und für Fahrgäste kostenlos.
Damit besteht Anschluss an die Zugstrecke RB64 Görlitz-Hoyerswerda. Sechs Menschen haben im klimatisierten Kleinbus Platz, der für die Route 20 Minuten benötigt und Behinderten eine Rampe bietet. „In bestimmten Fahrsituationen, wie etwa beim Wenden oder Abbiegen, ist jedoch ein aktives Eingreifen des Fahrpersonals erforderlich“, räumt der Verkehrsverbund ZVON ein und erläutert: „Der Busfahrer (...) übernimmt die sicherheitsrelevante Überwachungsfunktion und kann das Fahrgeschehen manuell beeinflussen.“ Er steht Fahrgästen während der Fahrt zur Verfügung. Unklar bleibt, wieso trotz Fahrbegleitung „eine freiwillige, anonyme Fahrgastbefragung“ dann per Tablet-PC oder QR-Code für den Kunden komplizierter durchgeführt wird.
Am Anfang des Regelbetriebs
Der autonome Kleinbus befinde sich am Anfang des Regelbetriebes. „In dieser frühen Phase wird noch intensiv getestet, beobachtet und ausgewertet. Auch deshalb ist das Fahrzeug mit maximal 18 km/h vergleichsweise langsam unterwegs“, heißt es weiter.
Das futuristisch anmutende Fahrzeug wurde von den Projektpartnern Fraunhofer IWU in Zittau und Technischer Universität Dresden mit Sensorik, Steuertechnik und Rechner ausgestattet, um im Nachgang alle Messdaten analysieren zu können. Am See selbst befinden sich Hafen, Badestrand, Unterkünfte, Imbiss und Spielplatz.
Was passiert bei einem großem Andrang?
Nach Ankunft mit RB 64 von Görlitz und Niesky am Bahnhof Klitten um 8.52, 10.52, 12.52 und 14.51 Uhr fährt das Walemobase jeweils 13 Minuten nach voller Stunde los. Vom Skan Park am Bärwalder See gibt es Rückfahrten täglich ab 10.21, 12.21, 13.40, 14.26, 15.40 und 16.21 Uhr, die RB64-Anschlüsse gen Görlitz um 11.03, 13.03, 15.03 und 17.03 ermöglichen. Der ZVON betont jedoch: „Infolge projektbedingter Erprobungsaktivitäten kann es vereinzelt zu unvorhergesehenen Abweichungen im Betriebsablauf kommen. Der Regelbetrieb wird grundsätzlich sichergestellt und kann in Ausnahmefällen kurzfristig eingeschränkt sein. Während großer Veranstaltungen am See, wie dem „Break the Rules Festival“ vom 24. bis 27. Juli pausieren Fahrplan und Fahrzeug.“ Aktuelle Infos gebe es unter www.walemo.de oder www.zvon.de/aktuelles. Projektablauf ist am 31. Dezember 2026.
Für die Berichterstattung vom letzten September hatte Katharina Kasper vom ZVON auf Anfrage der Redaktion eingeräumt: „Eine größere Reisegruppe könnte im späteren planmäßigen Einsatz (.) ein mehrmaliges Pendeln erfordern“, womit vermeintliche Bahnanschlüsse bei Andrang nicht klappen müssen.
Eine aktuelle Anfrage an ZVON-Pressesprecherin Christine Nützsche sollte hierzu noch nähere Aufklärung bringen. Die Redaktion fragte: „Was würde passieren, wenn bei der Kapazität von sechs Menschen beispielsweise eine Ausflugsgruppe aus 20 Menschen an der Haltestelle stehen würde. Würde dann ein Mitarbeiter einen normalen Bus nachordern? Denn wenn am Ende drei bis vier Pendelfahrten nötig wären, wäre ggf. ja nicht einmal der Folgezug als Anschluss erreichbar.“ Eine Antwort darauf blieb bis zum Redaktionsschluss am Mittwoch leider aus.
Als zweiten Kritikpunkt merkte der Niederschlesische Kurier im Hinblick auf die Route im September bereits an: „Die Vision am Horizont ist für kleinere Ortschaften wie Kaschel, Dürrbach, Zimpel oder Tauer auch noch kein echter Silberstreif am Horizont. Denn der Lückenschluss in der Fläche ist erst einmal nicht für ’Oma Frieda’ gedacht, sondern für auswärtige Touristen, die ja Geld dalassen sollen.“