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Gödaer Kleingärtner senden Notruf aus

Gödaer Kleingärtner senden Notruf aus

Nachfolger gesucht: Die stellvertretende Vorsitzende vom Kleingartenverein „Morgensonne“ in Göda, Marlen Herz, hat eine Menge freier Parzellen zu vergeben. Foto: RK

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Marlen Herz (l.) stattet ihren Kleingärtnern hin und wieder einen Besuch ab. Renate Röhle beispielsweise bewirtschaftet seit 1964 in der Sparte „Morgensonne“ eine größere Parzelle. Damals gab es längere Wartezeiten, bevor sie den Garten ihr Eigen nennen durfte.

Eine Kleingartenparzelle zu bewirtschaften, liegt in Bautzen voll im Trend. Dementsprechend gering ist die Leerstandsquote. Ein Blick ins Umland zeigt jedoch eine völlig gegensätzliche Entwicklung auf – so auch in Göda. Dort besteht klarer Handlungsbedarf, meinen Kleingartenfreunde.

Göda. Bernhard Toffel ist Schrebergärtner durch und durch. Er weiß, wovon er spricht. Der Vorsitzende des Kleingartenvereins „Morgensonne Göda“ muss seit geraumer Zeit sorgenvoll mitanschauen, wie in seinem Heimatort eine Parzelle nach der anderen verwaist, während sich nur wenige Kilometer weiter östlich junge Familien geradezu um einen Kleingarten reißen. Der Territorialverband der Gartenfreunde des Landkreises Bautzen (TGLB) gibt die Auslastung in der Spreestadt mit 97 Prozent an. Bernhard Toffel und seine Mitstreiter können davon nur träumen. „Die Situation der Kleingartenvereine auf dem Land unterscheidet sich grundlegend von der in Bautzen“, sagt er. „So kämpfen wir hier in Göda mit einem Leerstand von rund 30 Prozent – Tendenz steigend.“ Das hat inzwischen auch der TGLB auf dem Schirm, der sich in der Vergangenheit in erster Linie auf Bautzen konzentrierte. Dort, wo sich in der Region die meisten Kleingärten finden lassen, verfolgte der Verband eine Art Pilotprojekt, das er nunmehr auch zusammen mit anderen Kommunen verwirklichen möchte. Konkret geht es um die Ausarbeitung und Verabschiedung eines für beide Seiten verbindlichen Entwicklungskonzeptes. Für die Spreestadt gibt es ein solches seit Februar dieses Jahres. „Es muss jetzt nur noch mit Leben erfüllt werden“, meint TGLB-Vizechef Reinhard Kliemann. „Das Papier sagt aus, dass für den Verband künftig die Bepflanzung und nicht die Bebauung im Fokus steht.“ Er wolle nicht ausschließen, dass es dennoch und auch aufgrund der Altersstruktur zahlreicher Pächter zu einem teilweisen Abriss von Kleingartenanlagen und damit eventuell zu anderen Nutzungen kommen kann. Seine Annahme stützt sich dabei auf einen Stadtratsbeschluss von 1995. Damals waren die Kleingartensparten in die Gruppen A, B und C eingeteilt worden, wobei die letzte der drei durchaus für eine anderweitige Verwendung zur Verfügung steht. Betroffen davon sind unter anderem die „Grüne Ecke“ im Allende-Viertel und die Anlage „Zur Erholung“ an der Preuschwitzer Straße. Reinhard Kliemann gibt jedoch in dem Zusammenhang zu bedenken, dass ein gesundes und grünes Bautzen nur mit Kleingärten realisierbar sei. Und eigentlich hätten die beiden Mitglieder des TGLB auf absehbare Zeit nichts zu befürchten.

Denn die Auslastung dort sei mit 100 Prozent einfach spitze. Nachdem der bisherige Eigentümer, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, erkennen ließ, die Fläche im Allende-Viertel abstoßen zu wollen, kam es vereinzelt zur Verunsicherung unter den Pächtern. So blieb zunächst unklar, inwieweit die Kommune das Areal möglicherweise kaufen wird oder gar ein privater Dritter. Rathaussprecher André Wucht stellt nunmehr klar: „Es gibt einen Kaufvertragsentwurf zwischen der Stadt Bautzen und der Bundesanstalt. Der Finanzausschuss hat sich bereits damit befasst. Das Flurstück soll zum Kaufpreis von 77.000 Euro zuzüglich Vertragsnebenkosten erworben werden.“

Dies dürfte auch Reinhard Kliemann beruhigen. Sollte sich wider Erwarten dennoch im größeren Stil ein Leerstand abzeichnen, setzt der Verband große Hoffnungen auf einen Ausbau der Kooperation mit der Tafel. Die nutzt bereits im Stadtteil Strehla eine Fläche.
Für die 31 verwaisten Parzellen in Göda kann er sich ein ähnliches Konstrukt vorstellen. Während eines Gesprächs mit Bürgermeister Gerald Meyer im Oktober sollen verschiedene Ideen unterbreitet und diskutiert werden. So ist beispielsweise die Frage zu klären, ob sich eventuell die örtliche Schule stärker mit einbinden lässt oder die Möglichkeit besteht, eine öffentlich zugängliche Streuobstwiese zu etablieren. „Wir möchten unbedingt Gewissheit darüber erlangen, ob tatsächlich ein Rückbau von einem Teil der Schrebergartenanlage angedacht und notwendig ist“, betont Reinhard Kliemann. Denn bei der „Morgensonne“ handelt es sich nicht um irgendeine Kleingartensparte. „2006 hatte der Verein bei einem Bundeswettbewerb Bronze geholt.“ Darauf ist auch der TGLB-Vizechef stolz. Deshalb gibt er zu bedenken: „Wir streben an, den Komplex zu erhalten. Denn die noch verpachteten Kleingärten befinden sich in einem guten Zustand.“ Einst zählte der Komplex zu den Vorzeigesparten im Raum Bautzen. Bernhard Toffel indes hat eine etwas andere Sicht auf die Dinge: „Die Anzahl der nicht verpachteten Gärten wird aufgrund der Altersstruktur der vorhandenen Pächter zwangsläufig zu einer weiteren Erhöhung des Leerstandes führen. Leere Gärten müssen auch gepflegt werden, was mit dem Häuflein der pflegewilligen Pächter nicht mehr zu stemmen ist. Unkrautflug und Verwilderung beeinflusst die Bewirtschaftung der verpachteten Gärten, sodass die betroffenen Pächter über eine Kündigung nachdenken.“ Von der mehr als zweieinhalb Hektar großen Anlage stünden 2,53 Hektar im Eigentum der Gemeinde. Eigenen Angaben zufolge würde der Verein gern einen Teil der gepachteten Fläche an die Kommune zurückgeben. Denn nur so habe der Kleingartenverein eine Überlebenschance. „Entsprechende Gespräche führten bisher zu keinem Ergebnis“, erklärt Bernhard Toffel. Er macht auch ein Stück weit die Politik für die geringere Auslastung verantwortlich. „Uns sind schon Pachtinteressenten abgesprungen, nur weil abends und sonntags kein Bus von und nach Bautzen fährt.“
Auch in dem Punkt könnte der TGLB als Sprachrohr für Hunderte von Schrebergärtnern durchaus seinen Einfluss geltend machen. Doch sein nächstes Ziel geht vorerst in eine andere Richtung. Der Verband möchte sich mit den Kommunen auf eine sogenannte Pachtrückführung verständigen. Sollte das Unterfangen von Erfolg gekrönt sein, würden 20 Prozent der entrichteten Pachtzahlungen in Form von Investitionen in das Kleingartenwesen zurückfließen. Allein in Bautzen wären das laut den Berechnungen des TGLB 6.000 Euro im Jahr. Als Vorreiter dafür nannte Reinhard Kliemann die Stadt Glauchau. Dort funktioniere das Modell. Doch die Stadtverwaltung blockt ab. Noch einmal André Wucht: „Pachtgebühren tragen neben Beiträgen, Entgelten und Steuern sowie staatlichen Zuweisungen zur Gesamtdeckung des städtischen Haushalts bei. Eine unmittelbare Rückführung an die Pächter ist weder bei Kleingärtnern noch bei anderen Pächtern angedacht. Die Pacht der Kleingärtner ist mit zehn Cent pro Quadratmeter sehr günstig.“ In Göda fällt die Zahlung mit 15 Cent pro Quadratmeter nur geringfügig höher aus. Wer sich nicht erst auf eine Warteliste setzen lassen möchte und sich vorstellen kann, in Bautzens Nachbargemeinde einen Kleingarten zu pachten und zu bewirtschaften, darf sich umgehend unter Telefon (035930) 505 01 bzw. (0172) 37 473 63 an die Vereinsführung wenden. Zu haben sind Parzellen mit einer Fläche von 200, 400 und 600 Quadratmetern. Außerdem existiert vor Ort ein intaktes Gartenlokal.

Roland Kaiser / 29.09.2019

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