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Gott wacht über diese Zittauer Wohngemeinschaft

Gott wacht über diese Zittauer Wohngemeinschaft

Jule und David sind als verschworene Wohngemeinschaft ein eingespieltes Team. Foto: privat

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Im Pfarrhaus in der Lessingstraße in Zittau leben Jule und David zusammen in der Dachgeschosswohnung. Foto: privat

Die harmonische Wohngemeinschaft genießt in der circa 80 Quadratmeter großen Dachgeschosswohnung im Pfarrhaus, Lessingstraße 18, in Zittau auf ihre ganz eigene Art und Weise den himmlischen Segen.

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Von dem Ensemble auf dem Gelände rund ums Pfarrhaus sind Jule und David begeistert. Foto: privat

Zittau. Da ist zum einen David Horsch, 32 Jahre, verlobt und Forschungsmitarbeiter an der Hochschule Zittau/Görlitz. „Ich bin ein offener reiselustiger Mensch, koche gern, interessiere mich für Umweltschutz, schätze ein geselliges Beisammensein und bin dazu noch sehr naturbegeistert“, sagt er. Zum anderen ist da Jule Kulke, 28 Jahre, ledig, Tierpflegerin im Zittauer Tierpark. „Ich bin ein optimistisches, liebevolles Energiebündel, liebe die Natur, singe , tanze und höre gern Musik“, betont sie. Lebensfreude sei ihre stärkste Quelle, fügt sie hinzu.

50 Stufen führen hinauf in ihre Dachgeschosswohnung. David wohnt dort seit März 2019: „Gefunden habe ich die WG über die Webseite ,WG Gesucht’. Wir waren von Anfang an auf der gleichen Wellenlänge, sind sozusagen beste Freunde.“ Jule wohnt seit knapp sieben Jahren in der Wohngemeinschaft. Ihre damalige Chefin hatte ihr die WG empfohlen. Zur „Beziehung“ zu ihrem Mitbewohner David kann sie nur sagen: „Dito!“ David hatte diese Wohngemeinschaft gewählt, um neue Leute kennenzulernen, „da ich ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen komme.“ Natürlich habe damals als Student auch der Kostenfaktor eine Rolle gespielt. Jule hatte sich für eine Wohngemeinschaft entschieden, „weil ich Kontakte zu anderen Menschen liebe.“ Ein Pfarrhaus habe einen guten Vibe. Und die Miete dazu sei auch ein Traum.

Pro Mitbewohner stehen ein Zimmer, eine Gemeinschaftsküche und ein Gemeinschaftsbad zur Verfügung. David setzt bei der Ausstattung auf ein wildes Sammelsurium aus Gebraucht- und Neuwaren, Jule auf DDR-Charme mit Naturelementen. Ihr Zusammenleben in der Wohngemeinschaft funktioniert wie folgt: „Wir machen das, was wir für richtig halten. Bei uns gibt es keinen Putz- bzw. keinen Einkaufsplan. Wenn uns auffällt, dass wir etwas brauchen oder saubermachen müssen, sprechen wir darüber und gehen die Sache ganz entspannt an.“

Ihr beider Motto lautet: „Chille mal deine Basis“. Jule kocht zum Beispiel gern vegetarische Gemüsepfannen, David internationale Gerichte, „die ich von meinen Reisen mitbringe.“

Fernseher gibt es keinen in dieser Wohngemeinschaft. „In unserem gemeinsamen Wohnbereich stehen ein Radio, eine Gitarre und ein Laptop, auf dem wir Netflix oder auch mal was bei YouTube anschauen“, berichten sie. Die beiden einigen sich dabei ziemlich schnell auf einen Film. Wandern, Camping, Wintersport, kreativ sein, kochen, Couchen und Party machen, zählen weiterhin zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Eine Rangordnung oder einen Chef gebe es in dem Sinn nicht. „Wir besprechen immer alles gemeinsam und einigen uns dann“, sagen sie.

Jule steht in der Woche 6.30 Uhr auf und geht zeitig ins Bett. David schlüpft um 8.00 Uhr aus den Federn und geht spät ins Bett. Die beiden schlafen getrennt. „Ich höre ab und an David durch die Wand schnarchen“, sagt sie schmunzelnd. Im Bad brauchen die beiden ungefähr die gleiche Zeit – zehn bis 15 Minuten.

Ihr Zusammenleben ist von Spontanität geprägt – jedem werde der entsprechende Raum gegeben. „Wir tun nichts aus Zwang und respektieren freie Entscheidungen. Das Wohlergehen des jeweils anderen ist uns am wichtigsten. Wir lieben es, aktiv in der Natur unterwegs zu sein, besuchen auch die ein oder andere Open-Air-Veranstaltung, sind gern mit Freunden an schönen Orten, genießen die Zeit am Lagerfeuer und Musik“, sagen sie.

Und inwieweit ist es für die beiden ein besonderes Lebensgefühl, in einem Pfarrhaus zu wohnen? David empfindet den Ort als sehr beruhigend: „Ich fühle mich geborgen, mir gefällt die Architektur der Kirche, des Pfarrhauses und des gesamten Geländes.“ Für Jule sind Pfarrhäuser Gotteshäuser, „in denen ich das Gefühl und die Energie von Geborgenheit und Sicherheit verspüre. Spirituell gesehen wacht Gott über das Haus    – wir fühlen uns angenommen und geliebt.“ Und sie schwärmt wie David: „Die Architektur des Geländes ist einfach wunderschön.“ Der Kontakt zum Pfarrer sei sehr vertraut. „Ein, zwei Mal im Jahr laden wir uns gegenseitig ein und genießen ein Essen mit Brettspielen im Nachgang miteinander“, erzählen sie. David bezeichnet sich selbst als Flexichrist – und erklärt: „Ich habe an sich keine Taufe, Konfirmation oder ähnliches genossen. Dennoch bin ich nicht abgeneigt, Gottesdienste zu besuchen. Und ich habe Respekt vor der Arbeit der Kirche und vor Thomas, unserem Pfarrer.“ Jule wurde getauft, konfirmiert und ist in einem christlichen Elternhaus groß geworden: „Der Glaube ist für mich fundamental.“ Und wie lange wollen die beiden noch in der WG wohnen? „Sechs Monate ungefähr, dann möchte ich mit meiner Verlobten zusammenziehen“, antwortet David. Jule hat sich darüber noch gar keine Gedanken gemacht, „da ich mich hier sehr wohlfühle. Ich lebe auch noch nicht in einer Beziehung. Somit genieße ich die Zeit hier sehr im Pfarrhaus. Wenn auch ich mich eines Tages verlieben werde, werde auch ich Abschied von hier nehmen.“ Auch wenn sich ihre Wege mal trennen, werden die beiden sicher in Kontakt bleiben.

Für Jule ist dieser Ort jedenfalls ein Zeichen dafür, „dass Liebe gelebt, empfangen und weitergegeben wird. Ich wünsche mir für viele da draußen auch so einen starken Anker.“

Steffen Linke / 23.04.2022

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