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Großbaustelle lässt Dorfbewohner verzweifeln

Großbaustelle lässt Dorfbewohner verzweifeln

Seit Beginn der Straßenbauarbeiten in Caminau herrscht an der Warthaer Straße in Commerau Hochbetrieb – und dicke Luft. Dorfbewohner beklagen, dass das Durchfahrtverbot für Lkw sowie Tempo 30 immer wieder ignoriert werden. Foto: RK

Königswartha. Anwohner der Warthaer Straße im Ortsteil Commerau sind in Sorge. Nachdem Anfang Juli die B 96 in Caminau aufgrund von Bauarbeiten vollgesperrt wurde, rollt ein beträchtlicher Teil des Verkehrs an ihren Häusern vorbei – und das, obwohl die schmale Ortsverbindung nach Wartha nicht als Umleitungsstrecke ausgewiesen wurde. Offiziell führt diese über die Bundesstraße B 156 und die Staatsstraße S 108. Allerdings wollen den längeren Weg zahlreiche Autofahrer offenbar nicht in Kauf nehmen.

„Vor Ort herrschen demzufolge katastrophale Zustände“, zeigt sich Bürgermeister Swen Nowotny zerknirscht über die Verhaltensweisen einzelner Verkehrsteilnehmer. „Nicht nur in den Ortslagen sind gefährliche Situationen zu beobachten. Zwischen Commerau und Wartha nimmt zudem die für einen Begegnungsverkehr nicht ausgelegte Ortsverbindungsstraße zunehmend Schaden. Nach vier Wochen sind die Bankette runter und die Fahrbahn fängt vom Rand her an zu bröckeln.“ Da es sich hierbei um keine von den Behörden ausgewiesene Umleitung handelt, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach auch keine Schadensregulierung geben.

Vor diesem Hintergrund klingelt in diesen Tagen häufiger als sonst das Telefon im Büro des Gemeindeoberhauptes. Am Ende der Leitung: Einwohner, die ihrem Unmut Luft machen wollen. Aufgrund der schmalen Asphaltpiste komme es mitunter zu Fahrzeugbegegnungen, bei denen der eine oder andere Autofahrer auch mal laut wird. Zudem donnern schwere Lkw über das Asphaltband, obwohl das nicht gestattet ist, erzählen sie. Darüber hinaus würden sich die Wenigsten an das Tempolimit von 30 Kilometer je Stunde halten. Entsprechende Schilder waren bereits im Juli aufgestellt worden.

Die Ergebnisse mehrerer Geschwindigkeitskontrollen des Bautzener Landratsamtes und auch des Hoyerswerdaer Polizeireviers zeigen auf, dass der Ärger der betroffenen Dorfbewohner keinesfalls unbegründet ist. Zuletzt waren Behördenangaben zufolge am Dienstagnachmittag 69 Fahrzeugführer zur Kasse gebeten worden, weil sie in der Warthaer Straße das Tempolimit von 30 Kilometern je Stunde um bis zu 20 km/h überschritten hatten. Insgesamt durchfuhren an dem Tag innerhalb von fünf Stunden rund 810 Fahrzeuge die Messstelle der Polizei. Doch auch schon zuvor gab es mehrere Kontrollen in der Ortslage. Dabei registrierte das Ordnungsamt der Kreisverwaltung am 6. August während einer Geschwindigkeitsmessung 32 Tempoverstöße. Zwischen 17.15 und 19.30 Uhr hatten 126 Fahrzeuge die Messstelle passiert. Deutlich höher fiel die Zahl der Übertretungen am 1. August aus. Damals waren in den Vormittagsstunden 83 von insgesamt 179 Fahrzeugen zu schnell unterwegs. Ähnlich hoch lag die Zahl am 25. Juli. In der Zeit von 7.29 bis 9.42 Uhr löste das Messgerät 65 Mal aus.

Darüber hinaus wurde in der jüngsten Vergangenheit die Missachtung des Durchfahrtverbotes mehrfach geahndet, wie die Sprecherin der Polizeidirektion Görlitz, Anja Leuschner, weiß. „Die damit verbundenen Verkehrskontrollen werden sowohl von den örtlich zuständigen Bürgerpolizisten als auch von Beamten des Streifendienstes durchgeführt.“ Ihre bisherige Bilanz: Mit Stand vom Mittwoch sind in 66 Fällen Verwarngelder verhängt worden, nachdem sich sowohl Brummifahrer als auch Pkw-Führer rund um Caminau ihren Weg durch für sie nicht zugängliche Straßen bahnten. „Aus polizeilicher Sicht ist eine Beruhigung des Verkehrs nur durch verstärkte Bestreifung und Präsenz vor Ort zu erreichen. Dies wird lagenangepasst bereits verstärkt durchgeführt“, betont Anja Leuschner.

Auch die Anwohner haben ein Auge auf die Fahrzeugführer. Juliane Heppner beispielsweise. Sie stellte dabei ernüchtert fest: „Wenn wir ihnen Handzeichen geben, sie sollten doch besser aufs Bremspedal drücken, denken einige von ihnen, dass wir sie grüßen.“ Das Geschehen entlang der Warthaer Straße in Commerau wird nicht ohne Grund genau beobachtet. „Allein hier leben 15 Kinder. Ich frage mich schon, was passiert, wenn die Kleinen ab Montag wieder zur Schule gehen müssen“, fragt sie spürbar verärgert. „Außerdem befindet sich ein Spielplatz in der Nähe. Den haben wir jetzt aus Sicherheitsgründen einzäunen lassen“, fügt Sven Heppner hinzu. „Die Kinder kann man einfach nicht mehr allein losschicken. Man möchte immer hinter ihnen stehen.“ Wie viele andere Dorfbewohner hätten der 41- und die 38-Jährige nie gedacht, dass so viele Autofahrer die aufgestellten Schilder missachten. „Mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen rechneten wir schon, jedoch nicht mit den Folgen“, meint die junge Mutter.

Doch auch anderswo wird in Verbindung mit der B 96-Baustelle laut Bürgermeister Swen Nowotny über Verbote hinweggeschaut, nur um Zeit zu sparen. Als Beispiel führt er den Schwalbenweg in Caminau an. „Dort werden die aufgestellten Sperrscheiben schlichtweg ignoriert“, erklärt er. „So wurde ein auf der Straße stehender Bagger einfach auf dem unbefestigten Rand umfahren. Wenn man die Leute scharf ansieht, schauen sie einfach weg.“

Aus einer gewissen Ahnung heraus hatte sich Swen Nowotny, wie er selbst sagt, anfangs sehr schwer damit getan, der Vollsperrung seine Zustimmung zu erteilen. „Nachdem Verkehrsplaner diese als richtig befanden, um recht zügig die Baumaßnahme zu einem Ende zu bringen, stimmte ich dem zu.“ Auch aus Sicherheitsgründen sei dies passiert. „Man muss sich einfach nur einmal vorstellen, dass bei einer halbseitigen Sperrung eine Richtungsfahrbahn um Meter abgesenkt worden wäre. Das Risiko, dass eventuell ein Fahrzeug von der Straße abkommt und in die Baustelle kracht, war mir einfach zu hoch.“ Schon im April hatte das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) mitgeteilt, dass im Fall einer halbseitigen Sperrung provisorische Fahrbahnverbreiterungen notwendig gewesen wären. Während der Bauarbeiten sollten dann in mehreren Bauphasen die verschiedenen Straßenabschnitte erneuert werden. Die Verkehrsführung hätte dafür mehrfach entsprechend dem Baufortschritt umgebaut werden müssen.

Die Verwaltung im Gemeindeamt verbindet indes die getroffene Entscheidung mit der Hoffnung, dass die Baumaßnahme eventuell schon Ende Oktober Geschichte ist. „Der ursprünglich vorgesehene Fertigstellungstermin mit halbseitiger Sperrung war der 13. Dezember 2019“, erläutert Swen Nowotny. „In der verkehrsrechtlichen Anordnung für die Vollsperrung ist meines Wissens der 31. Oktober festgelegt. Ob es zu einer Verlängerung kommt, wenn es nötig sein sollte, kann heute sicher noch nicht abgeschätzt werden.“

An der Bundesstraße kommen derweil die Arbeiten gut voran, wie LASuV-Sprecherin Isabel Pfeiffer auf Anfrage mitteilte. „Die Baustelle liegt im geplanten Bauablauf.“ Gleichzeitig betont sie: „Es ist unverändert unser Ziel, bis 13. Dezember den Verkehr freizugeben.“ Der Bund lässt bis dahin auf 450 Metern die Ortsdurchfahrt Caminau erneuern. Die Gemeinde Königswartha beteiligt sich an den Kosten der Baumaßnahme. In deren Auftrag werden die betroffene Bushaltestelle erneuert und dazugehörige Gehwegabschnitte errichtet. Am nördlichen Ortsende entsteht zudem ein Fahrbahnteiler. Damit soll den Radfahrern eine sichere Überquerung der B 96 ermöglicht werden. Weiterhin sind umfangreiche Arbeiten an Versorgungsleitungen vorgesehen. So werden unter anderem Elektroleitungen umverlegt, Trinkwasserleitungen ausgetauscht und Leistungen für den Breitbandausbau mit ausgeführt. Weiterhin müssen Regenwasserkanäle für die Straßenentwässerung verlegt werden. Die Kosten belaufen sich auf rund 1,1 Millionen Euro.

Nicht nur für die Anwohner der Warthaer Straße in Commerau heißt das, sich weiter in Geduld zu üben. Das Landratsamt und die Polizei hingegen kündigten an, auch in den kommenden Wochen in unregelmäßigen Abständen entsprechende Tempo- und Lkw-Kontrollen durchzuführen, um mögliche Verstöße zu ahnden.

Roland Kaiser / 20.08.2019

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