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Ist Gratis-Adventsparken populistisch?

Ist Gratis-Adventsparken populistisch?

Parken am Schiebocker Altmarkt wird in der Vorweihnachtszeit und auch Tage nach dem Fest der Liebe kostenlos möglich sein. Foto: privat

Bischofswerda/Bautzen. Die Stadt Bischofswerda unterbreitet Autofahrern und Geschäftstreibenden im Corona-Jahr erneut ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk. Am Altmarkt im historischen Zentrum darf ab dem 17. Dezember kostenfrei geparkt werden. Das teilte Rathaussprecher Sascha Hache jetzt dem Oberlausitzer Kurier auf Anfrage mit. Die Regelung gilt demnach bis zum 4. Januar 2021. „Es ist jedoch eine Parkscheibe auszulegen und die jeweilige Höchstparkdauer zu beachten“, führte der Rathausmitarbeiter in dem Zusammenhang weiter aus. Nach der im Vorjahr erfolgten Verkürzung der kostenpflichtigen Parkzeit, von früh und abends um je eine Stunde auf die Zeit zwischen 9.00 und 17.00 Uhr, sei dies ein weiterer Schritt, um die Attraktivität der Innenstadt unter anderem für Weihnachtseinkäufe zu erhöhen. Die Aktion selbst findet nunmehr zum zweiten Mal statt. Schon 2019 stieß sie den Angaben zufolge auf ein positives Echo. „Der Altmarkt mit seinen rund 50 Parktaschen ist der einzige kostenpflichtige Parkstandort in der Stadt,  in dessen fußläufigem Umfeld von maximal fünf Minuten sich noch rund 340 weitere kostenlose Stellflächen befinden.“

Bautzen ringt wie so oft mit einer Entscheidung

Was so problemlos und ohne Stadtratsbeschluss in der Kleinstadt funktioniert, droht in Bautzen hingegen einmal mehr zu einem Nervenkrimi zu avancieren. Dort haben sich die Stadtratsfraktionen AfD und FDP dafür ausgesprochen, während der Adventszeit ebenfalls kostenfreies Parken im Zentrum zu ermöglichen. Die Vorschläge beider Parteien gehen jedoch weit auseinander. Während die Alternativen in ihrem Eilantrag darauf drängen, die Parkgebühren vom 23. November an bis zum 31. Dezember 2020 ähnlich wie in Schiebock auszusetzen und die Höchstparkdauer von jeweils 90 Minuten über eine Parkscheibe zu regulieren, wollen die Liberalen erreichen, dass Gewerbetreibende zunächst die von Autofahrern erworbenen Parktickets erstatten. Im Anschluss, so geht es aus dem vorgelegten Beschlussantrag der Freidemokraten hervor, soll die Stadt den Unternehmern die entstandenen Kosten ersetzen. Begründet wird der Vorstoß damit, dass die Unterstützung der örtlichen Gewerbetreibenden, die sich gerade in der aktuellen Lage einem harten Wettbewerb mit ihrer Online-Konkurrenz konfrontiert sehen, für die Verantwortlichen der Stadt selbstverständlich sein muss. Aus dem Papier geht ebenso hervor, dass ein generelles kostenloses Parken zu „ungewünschten Begleiterscheinungen und Mitnahmeeffekten“ führen kann. 

Die Sozialdemokraten straften beide Vorschläge als „reinen Populismus“ ab. „Sie beinhalten keinen nachvollziehbaren sachlichen Grund“, erklärte Fraktionschef Roland Fleischer. „Die Anträge der AfD und der FDP locken, sollten sie umgesetzt werden, nicht mehr Kunden mit dem Auto in die Stadt.“ Bereits jetzt gäbe eine kontrollierte Nutzung durch eingeschränkten Zeitrahmen mehreren Kunden die Möglichkeit einzukaufen. „Eine Fluktuation ist somit gegeben, während bei kostenlosen Parkplätzen einige wenige durchaus dauerhaft parken werden. Die Parkplatzsuche würde weiter erhöht. Wir wollen jedoch weniger Autos in der Stadt und eine fußläufige Anbindung an diese.“ Auch könnten auf dem Schützenplatz kostenlos Autos abgestellt werden. 

Ähnlich äußerte sich die CDU. „Wenn wir im Advent die Parkgebühren aussetzen, würde sich der gesamte Verkehr auf die wenigen verfügbaren Parkflächen konzentrieren. Diese würden dann vermutlich nicht nur von Kurzparkern für Weihnachtseinkäufe, sondern verständlicherweise auch von zahlreichen Berufstätigen frequentiert werden“, denkt deren Fraktionsvorsitzender Rolf-Alexander-Scholze. Einen Vorteil für die Bautzener Händler und Gewerbetreibenden könne auch er nicht erkennen.

Das Bürgerbündnis Bautzen (BBBz) sieht das anders. „Eine befristete Aussetzung der Parkgebühren in den Weihnachtswochen können wir befürworten, um Shopping bei Bautzener Händlern attraktiver zu machen und dem Internetgeschäft eine Alternative zu bieten“, betonte Vereinssprecher Christian Haase. „Wir gehen davon aus, dass der AfD-Antrag positiv im Stadtrat entschieden wird und damit keine weiteren Alternativen diskutiert werden müssen.“ „In dieser schweren Zeit ist es wichtig, dass der Bautzener Stadtrat ein unterstützendes Signal an Händler- und Bürgerschaft sendet“, legte der jüngst aus der CDU-Fraktion rausgeworfene Bürgervertreter Dirk Lübke abschließend dar. „Der zeitweise Verzicht auf Parkgebühren wäre ein emotionales Zeichen in diese Richtung.“ Finanzbürgermeister Robert Böhmer wandte jedoch ein, dass ein völliges Aussetzen von Parkgebühren rein satzungsrechtlich momentan nicht möglich sei. Immerhin gestattet Bautzens Parkgebührenordnung, dass eine zeitliche Einschränkung der Gebührenpflicht durch Anordnung an den einzelnen Parkscheinautomaten festgelegt werden kann. 

Liegt wie hier ein von der Kommune verabschiedetes Regelwerk vor, habe sie sich daran auch zu halten, stellte indes das Rechts- und Kommunalamt des Landkreises klar. Sollte sich eine Lösung in dem verzwickten Fall finden lassen, könnten auf die Stadt Einnahmeverluste von bis zu 50.000 Euro zukommen, schätzte Robert Böhmer ein. Ursprünglich wollte sie in diesem Jahr ungefähr 580.000 Euro an Parkgebühren kassieren – nach rund 642.000 Euro im Vorjahr und etwa 630.000 Euro im Jahr 2018.

Noch in dieser Woche sollte der Ältestenrat über den Umgang mit beiden Eilanträgen entscheiden. Die nächste Stadtratssitzung findet am Montag, 16. November, ab 16.00 Uhr im Stadtratssaal statt. 

Roland Kaiser / 14.11.2020

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