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Machtgerangel im Rathaus wegen Krone?

Machtgerangel im Rathaus wegen Krone?

Könnte schon im September wieder öffnen: die Stadthalle Krone. Zum Tag des offenen Denkmals will eine Bürgerinitiative Besuchern einen Einblick ins Innere des Gebäudes ermöglichen. Foto: RK

Der Deal mit dem Eigentümer des Krone-Areals schien bereits perfekt. Demnach war vorgesehen, dass die einstige Stadthalle samt Parkplatz für 2,1 Millionen Euro in kommunalen Besitz übergeht, um das Anwesen in Eigenregie entwickeln zu können. Inzwischen jedoch gibt es erneut Zweifel, ob es tatsächlich dazu kommt.

Bautzen. Eine Beschlussvorlage der Stadtkämmerei, mit der sich die Stadträte in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause befassen sollen, gibt Anlass zur Sorge. Sie wirft die Frage auf, wer im Rathaus tatsächlich den Hut aufhat. In dem Papier wendet sich die Verwaltung klar gegen eine Vorgabe des bis vor Kurzem noch im Urlaub befindlichen Oberbürgermeisters Alexander Ahrens. Als deren Chef hatte er sich jüngst gemeinsam mit dem Stadtrat und der Geschäftsführung der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft BWB, Kirsten Schönherr, schriftlich zum Kauf des Krone-Areals bekannt. Bereits am kommenden Dienstag berät der Finanzausschuss in nichtöffentlicher Runde zu der Vorlage.

Es ist nicht das erste Mal, dass versucht wird, die Arbeit des Stadtoberhauptes zu untergraben. Die Brötchentaste, eines der wichtigsten Wahlziele des damals noch parteiunabhängigen OB-Kandidaten, ist so ein Beispiel. Per Beschlussvorlage wurde das mutmaßlich mit Einnahmenverlusten verbundene Unterfangen einfach wegargumentiert – und das in einer der wohlhabendsten Kommunen der Lausitz, in der nachweislich ein Bedarf dafür bestand. Droht der Krone nun ein ähnliches Schicksal? Manch Stadtrat vermutet bereits, dass im Rathaus ein Machtgerangel um mehr Einflussnahme in der Kommune entbrannt ist.

Zwar zielt der entsprechende Beschlussvorschlag nach wie vor darauf ab, die BWB als Käuferin des etwa 9.000 Quadratmeter großen Anwesens im Herzen von Bautzen zum Zuge kommen zu lassen.

Allerdings setzt die Stadtkämmerei offenbar alles daran, die nicht zu einhundert Prozent überzeugten Stadtparlamentarier in letzter Sekunde davon abzubringen, für einen Erwerb zu stimmen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Debatte um den Bautzener Bauunternehmer Jörg Drews und dem daraufhin entfachten Streit zwischen einzelnen Stadträten besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich die Mehrheitsverhältnisse anders gestalten als dies zuletzt der Fall war.

Wir erinnern uns: Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause erhielt der Eigentümer des Geländes, die Berliner Onnasch-Gruppe, einen Brief aus Bautzen, in dem sowohl der OB als auch der komplette Stadtrat und BWB-Chefin Kirsten Schönherr signalisierten, einen Kauf in die Wege zu leiten.

Die Stadtkämmerei, also das Ressort von Finanzbürgermeister und Ahrens-Vize Dr. Robert Böhmer, hegt jedoch weiterhin Zweifel daran, ob sich das Unterfangen finanziell stemmen lässt. Daher kommt sie in ihrer Kosten- und Wirtschaftsanalyse zu dem Schluss: „Die Verwaltung kann einen Beschluss des Stadtrates, den Oberbürgermeister entsprechend Paragraf 98 Absatz 1 der Sächsischen Gemeindeordnung anzuweisen, in der Gesellschafterversammlung den Beschluss zum Kauf des Krone-Areals zu fassen, nicht empfehlen.“ Weiterhin heißt es in dem Papier, dass die BWB GmbH infolge des Kaufes und des dazu erforderlichen Darlehens bis zum Jahr 2024 wesentlich in ihrem Handlungsspielraum hinsichtlich neuer Investitionen eingeschränkt sei.

Dem widersprach Kirsten Schönherr. Auf Anfrage teilte sie dem Oberlausitzer Kurier mit: „Wir sind nicht erheblich eingeschränkt in unserer Investitionstätigkeit durch den Erwerb des Areals. Ab nächstem Jahr beabsichtigen wir Neubauvorhaben umzusetzen. Es geht um insgesamt 58 moderne und bezahlbare Wohnungen für Familien mit Kindern. Die Bauanträge sind gestellt, die Ausschreibungen haben begonnen. In Abhängigkeit der Baupreise, die uns angeboten werden, können wir die Maßnahmen umsetzen. Dafür benötigen wir Eigenkapital. Aus diesem Grund werden wir zur Finanzierung des Krone-Areals ein Darlehen in Höhe von einer Million Euro aufnehmen. Die geplanten großen Investitionsmaßnahmen und üblichen Instandhaltungsmaßen können wir nach unserem Wirtschaftsplan weiterhin ohne Einschränkungen umsetzen.“ Und sie fügte hinzu: „Der Umfang der geplanten Neubaumaßnahmen beträgt rund 15 Millionen Euro. Die Baumaßnahmen sollen etwa 2022 beendet sein. Danach müssten wir wieder etwas Eigenkapital ansparen, um weitere größere Vorhaben umsetzen zu können. Das heißt, dass erst ab 2024 wieder Investitionen in Millionenhöhe möglich sein werden wie etwa am Lauenareal.“ Gleichzeitig beruhigte die Geschäftsführerin: „Die normale Geschäftstätigkeit der BWB läuft weiter – wie in den letzten Jahren auch.“

Fest steht: Am 29. August wird ein Beschluss gefasst. Sobald eine Mehrheit für den Kauf stimmt, kommt das Stadtoberhaupt zum Zug. Kirsten Schönherr: „Die Gesellschafterversammlung ist, vereinfacht gesprochen, eine Einladung und ein Schreiben, welches der OB unterzeichnet. Das kann innerhalb von wenigen Tagen geschehen. Wir bereiten dies vor und der OB hält allein die Gesellschafterversammlung ab.“

Derzeit feile man bei der BWB noch am Kaufvertrag mit den Hauptstädtern. Nach Einschätzung von Kirsten Schönherr könnte dieser jedoch bis Mitte September abgeschlossen werden. „Der wirtschaftliche Übergang erfolgt aber erst zum 1. Januar 2019. Dies ist mit dem Verkäufer so im Vorfeld abgestimmt worden.“ Dass es auch dazu kommt, darauf hofft unter anderem eine Bürgerinitiative.

Sie engagiert sich seit längerer Zeit dafür, die einstige Stadthalle wieder mit kulturellem Leben zu erfüllen. Hinter den Kulissen loten Utta Winzer und ihre Mitstreiter aus, wer die Krone künftig betreiben kann und wie das funktionieren soll. Für die BWB indes kommt eine Bewirtschaftung des Stadthallensaales nicht in Betracht. „Wir würden diesen an einen Betreiber vermieten, sobald dieser feststeht. Diese Entscheidung liegt nicht auf unserem Tisch, sondern auf dem der Politik – bei den Stadträten.“

Vor allem CDU und FDP machen sich für einen zeitlich befristeten Probebetrieb stark. Anders SPD und Linkspartei. Beide sprachen sich in der Vergangenheit stets gegen eine Kulturrenaissance im Herzen der Spreestadt aus. Ähnlich der Stadtkämmerei lautet ihr Argument, solch ein Unterfangen sei ein Zuschussgeschäft.

Kirsten Schönherr erklärte, wie sich aus Sicht der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft als künftige Eigentümerin das Ganze darstellt: „Sofern die Brandschutzanlage den letzten fälligen TÜV bestanden hat, könnte die Krone wie eh und je betrieben werden. Schlecht ist, dass der Saal nicht behindertengerecht ist. Der Eingang ist problematisch und zu den Toiletten kann ein Behinderter nicht gelangen. Hier könnte man gegebenenfalls eine möglichst preiswerte Lösung suchen. Ein weiteres Risiko liegt in der Lüftungsanlage. Diese ist sehr alt und sollte nicht ausfallen oder teuer repariert werden müssen. Ob an den Toilettenanlagen Maßnahmen erforderlich sind, müsste bewertet werden. Ebenfalls ist die Garderobenlösung nicht optimal. Alles in allem, ging es bisher aber auch so und man sollte zunächst schauen, wie der Bautzener seine Krone annimmt.“

Dass die Spreestädter wieder der Stadthalle einen Besuch abstatten werden, davon geht Utta Winzer aus. In den zurückliegenden Monaten sammelte sie Hunderte Unterstützerunterschriften. Einen ersten Vorgeschmack darauf gibt es voraussichtlich am 9. September. Dann findet in Bautzen der alljährliche Tag des offenen Denkmals statt.

Anlässlich dieses Ereignisses, das immer wieder Tausende Schaulustige aus nah und fern anzieht, sollen Neugierigen auch die Türen zum Krone-Saal offen stehen. Der Noch-Besitzer aus Berlin habe dafür bereits grünes Licht erteilt, hieß es seitens der BWB.

Sollte wider Erwarten das Wohnungsbauunternehmen doch nicht zum Zuge kommen, hat die Onnasch-Gruppe trotzdem einen Käufer in der Hinterhand.

Ein Schweizer Investor plant, das Stadthallengebäude aufzustocken und in ein Pflegeheim umzufunktionieren. Der einnahmeträchtige Parkplatz hingegen könnte in seiner bisherigen Form weitestgehend erhalten bleiben, berichten Insider.    

Der Kommune hingegen würde eines der letzten größeren Grundstücke im Bautzener Stadtzentrum, das sie auf längere Sicht in Eigenregie entwickeln könnte, sprichwörtlich durch die Lappen gehen.        

Roland Kaiser / 11.08.2018

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