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Mehr als sieben Jahrzehnte am Markt behauptet

Mehr als sieben Jahrzehnte am Markt behauptet

Ronny-Enrico Nerlich und seine Frau Hella haben in ihrem Stoffgeschäft auf der Karl-Marx-Straße in Bautzen ein riesiges Angebot an Stoffen aller Art. In diesen Tagen feiern sie das 75. Geschäftsjubiläum. Foto: Carmen Schumann

In Bautzen gibt es ein Geschäft, das ein ungewöhnliches Stehvermögen bewiesen hat, auch dank eines speziellen Kundenkreises.

Bautzen. In diesen Tagen gibt es in der Bautzener Handelslandschaft ein besonderes Jubiläum zu feiern. Das Stoffgeschäft Nerlich besteht seit unglaublichen 75 Jahren. Das ist wahrscheinlich rekordverdächtig, denn kaum ein anderes Geschäft in Bautzen hat sich so lange gehalten. Ronny-Enrico Nerlichs Vater Alfred Nerlich hatte am 1. August 1950 das Bekleidungs-, Textil- und Kurzwarengeschäft von einem gewissen Adolf Röhr übernommen. Bis 1961 gehörte dazu auch noch eine Schneiderei. 

Alfred Nerlich entstammte einer schlesischen Kaufmannsfamilie. Nach der Flucht aus der Nähe von Liegnitz (Legnica) baute er sich in Bautzen seine neue Existenz auf. Nach einer gewissen Flaute in den 60er-Jahren ging es in den darauffolgenden beiden Jahrzehnten bergauf. Viele Frauen setzten sich an die Nähmaschine, um sich modische Kleidung selbst herzustellen, denn der staatliche Handel bot nicht viel Ansprechendes. Die Nerlichs gingen bei den Herstellern Klinkenputzen, um schöne Stoffe in den Laden zu bekommen. Zu Hoch-Zeiten beschäftigten sie drei bis vier Mitarbeiter. Ronny-Enrico Nerlich, der quasi im Geschäft seines Vaters aufgewachsen war, lernte ab 1975 den Beruf des Fachverkäufers beim Vater und bei der HO und machte 1979 den Abschluss als Verkaufsstellenleiter. So konnte er 1983 nach dem Tod des Vaters das Geschäft übernehmen und rein privat weiterführen. Ehefrau Hella, die bis dahin im Labor des Krankenhauses gearbeitet hatte, stieg in den Laden mit ein.

Seitdem haben die Nerlichs gute und weniger gute Zeiten erlebt, aber alle durchgestanden. Als nach der Wende die große Arbeitslosigkeit um sich griff, übten sich die Leute in Kaufzurückhaltung. Während der Coronazeit wurde ihr Geschäft dagegen regelrecht überrannt. Denn wegen der Lockdowns suchte man nach Alternativen, um sich sinnvoll zu beschäftigen. Dieser Ansturm sei mittlerweile wieder abgeflaut. Aber Hella und Ronny-Enrico Nerlich können auf eine feste Stammkundschaft bauen, darunter auch sorbische Trachtenschneiderinnen. 

Doch auch Urlauber staunen über das vielseitige Angebot. Eine besondere Freude ist es dann für die Nerlichs, wenn Post kommt und die Käufer Fotos von der angefertigten Kleidung schicken. Gerade beim Stoffkauf sei eine Bestellung übers Internet keine gute Alternative, findet Hella Nerlich. Denn Stoffe müsse man fühlen. Die Inhaber des Stoffgeschäfts kennen die Wünsche ihrer Kunden und setzen alles daran, das Gewünschte zu besorgen. Das ist nicht immer leicht. Denn manchmal verschwinden auch Anbieter vom Markt. Nerlichs sind deshalb froh, dass sie beispielsweise zu einer Manufaktur im Erzgebirge gute Kontakte aufgebaut haben, welche Fransenborten für die sorbischen Trachten ganz nach ihren Wünschen anfertigt. Nicht ganz einfach sei es, die Stoffe für die Trachtenschürzen zu beschaffen, weil es nicht mehr so viele Anbieter gibt. 

Doch bislang haben es Hella und Ronny-Enrico Nerlich immer wieder geschafft, ihre Kunden zufriedenzustellen. Sie betreiben ihr Geschäft mit viel Herzblut, auch, weil es ihnen einfach Spaß macht. Deshalb wollen sie auch noch weitermachen, solange es ihre Gesundheit irgend zulässt.

Carmen Schumann / 26.08.2025

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