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Verstellt Wolfsfetisch nüchterne Analysen?

Verstellt Wolfsfetisch nüchterne Analysen?

Andreas Zaplata und Maja Blum sind durch und durch Tierfreunde, verstehen aber nicht, wieso der Wolf von der Politik Narrenfreiheit bekommen hat. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Vorletztes Wochenende hatte ein Wolf in Uhsmannsdorf zwei Ziegen gerissen. Es waren nicht irgendwelche Ziegen, sondern Lolek und Bolek – die Lieblinge der Kleinen vom Kindergarten Gummistiefelchen. Ein gefundenes Fressen für viele Medien. Doch der Wolf richtet weit mehr Schäden an. Neuerliche Risse in Nieder-Neundorf fielen bereits wieder ins „Tagesgeschäft“ – die Opfer sind zunehmend genervt.

Nieder-Neundorf. In großen Lettern berichtete die Bild-Zeitung über den „Wolfsangriff auf Kindergarten“ von Uhsmannsdorf. Da schwang die komplette Urangst vor dem Bösen Wolf mit, vor dem sich die kleinen Zicklein nur in der Standuhr verstecken können und den Kinder fürchten müssen wie der Teufel das Weihwasser.

Der Wolf hatte sich quasi aus PR-Gründen ein völlig falsches Ziel gesucht, denn er findet seine Beute sonst auch mit deutlich weniger öffentlicher Wahrnehmung. Der wohl gleiche Wolf hatte sein Unwesen bereits beim zum Martinshof gehörenden Wilhelmshof oder selbst am Tage in Horka getrieben und lief vergangenes Wochenende in Nieder-Neundorf zu Hochform auf. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag holte er sich ein Schaf, verletzte die Nacht darauf ein Tier tödlich und riss in der Nacht von Sonntag auf Montag einen Schafsbock bei einer Familie, die in der Nacht zuvor schon ein Mutterschaf mit Lamm verloren hatte.

An die Nacht von Freitag auf Sonnabend werden sich Andreas Zaplata und Maja Blum noch lange erinnern. Maja Blum, ursprünglich aus Arnsdorf bei Dresden und Andreas Zaplata, der aus Jauernick-Buschbach stammt, sind von Natur aus das Gegenteil von Wolfsgegnern. Die beiden Naturfreunde haben sich abseits der Städte hier ihren Wohntraum auf einem alten Hof erfüllt, wo sie zahlreiche Tiere artgerecht mit viel Auslauf im eigenen Garten halten. Andreas Zaplata war einst Schäfer, arbeitete 20 Jahre im Tierpark Görlitz, den er nur verließ, weil er das Betriebsklima erdrückend empfand. Er erinnert sich gut an diese Nacht. „Der Wolf war nicht dumm, eine halbe Stunde, nachdem wir im Haus verschwunden waren ging’s bei uns vor der Tür los.

Unsere zweijährige Hündin Apache überwand alle Angst und stellte sich als Muttertier vor ihren einjährigen Nachwuchs Hanne.

Der Rüde hatte sich am Hals einer Milchziege festgebissen. „Er schaute mich mit einem Blick an ’Was willst Du von mir? Ich brauche keinen auf dem Hof’“. Die Standhaftigkeit von Apache und viel Lärm von Andreas Zaplata führten dazu, dass der Wolf sich irgendwann davonschlich. „Das verletzte Tier hatte furchtbare Schmerzen. Ich habe ihm Schmerzmittel gegeben, aber es ist am Sonntag dann doch verendet“, erklärt Maja Blum.

Andreas Zaplata bringt dabei in Wallung, dass der politische Umgang mit dem Wolf, diesen immer mutiger werden lässt. „Die Tiere spüren doch, dass sie frei walten können“, ist sich der langjährige Tierpfleger sicher. „Es geht nicht um Kosmetik, es geht schlicht darum, dass der Wolf bejagt werden darf, der ganzjährige Schutz ist das Problem“, sagt er. Mit Blick auf seine mutige Hündin Apache fügt er hinzu: „Wenn der erste Hund bei mir tot auf dem Hof liegt, erledige ich das selbst“.

Dabei ist Andreas Zaplata doch eigentlich das Paradebeispiel für einen grundsätzlich erst einmal offenen Tierfreund: „Ich hatte mir mit meiner Tochter in der Wolfsstation in Rietschen einen Vortrag angehört. Aber schon dort war ich irritiert, dass ich im Grunde nur in schrillen Farben zu hören bekam, welche ökologische Besonderheit hier zu bewundern sei. Negative Begleitaspekte Fehlanzeige. Der Wolf ist dort per se heilig“. Für Andreas Zaplata hat sich bei der Wolfslobby (siehe auch die obenstehende Pressemitteilung zum Wolfsmonitoring – hier mit der Überschrift Wolfshochburg Oberlausitz) quasi ein ökologischer Fetisch entwickelt, den die gründlichen Deutschen wieder einmal im extremer Konsequenz bis zum Ende treiben, ehe die Stimmung kippt und dann die Richtung um 180 Grad drehen könnte.

Maja Blum meint: „Es ist schade, weil der Wolf immer für das Böse herhalten muss. Doch die reine Symptombehandlung ist das eigentliche Problem.“ Ein Wolf, der sich vor nichts mehr zu fürchten hat, der begibt sich auf Raubzüge, in denen er nur noch den Bauch seiner Opfer aufreißt und einige Innereien frisst – so beschreibt Andreas Zaplata die „Handschrift“ des Wolfes von Nieder-Neundorf.

Nach dem Wochenende sei dann eine Gutachterin des Landratsamtes auf dem Hof gewesen, die mit viel Verständnis die Fakten aufgenommen habe. Dabei habe man auch über eine Entschädigung in Form eines teuren Elektrozauns gesprochen. Doch eine solche Lösung falle doch wieder in die Kategorie von Alibihandlungen. Wie solle denn ein 1,05 m hoher elektrischer Zaun einen selbstbewussten Wolf in die Schranken weisen, der locker in Nieder-Neundorf 1,50 m überwunden hat?

Diese Einsicht herrscht übrigens auch im Kindergarten in Uhsmannsdorf, wo die Kinder um Lolek und Bolek trauern. Der Verein Wolfsschutz-Deutschland e.V. wollte der Kita einen rissfesten Zaun und zwei neue Ziegen spenden, doch der lehnte ab. Stattdessen gab es seitens der Wolfsschützer, die betonten „niemand wolle die pädagogischen Fähigkeiten der Kita-Mitarbeiter anzweifeln“, in einer Pressemitteilung Vorwürfe, in der Brigitte Sommer vom Wolfsschutz Deutschland wissen ließ, „Fotos würden zeigen, dass im rückseitigen Bereich kein ausreichender Schutz gegen wildernde Hunde und auch Wölfe vorhanden sei.“ Wörtlich: „Wir fragen uns deshalb auch, wie es passieren konnte, dass hier mehr als 14 Tage abgewartet worden ist und erst auf den zweiten Riss gewartet worden ist, bevor man über Sicherungsmaßnahmen nachgedacht hat.“ Überdies sei es „völlig unangebracht, jetzt die Sicherheit von Kindern ins Spiel zu bringen. Schließlich haben die Risse nachts stattgefunden, wenn sich kein Kind dort aufhalte.“

Andreas Zaplata ist auf die Frage, ob seiner Ansicht ein Angriff auf den Menschen, vielleicht gar auf Kinder denkbar sei vorsichtiger. Er überlegt eine Weile und sagt: „In Krauschwitz hat ein Wolf letztes Jahr Hunde gerissen. Wenn ein Kind mal wegläuft und der Wolf krank ist..., hm... Der Wolf hat ja keine Angst mehr.“

Derzeit bewirbt das Kontaktbüro Wölfe in Sachsen in Rietschen umfassend den 8. Wolfstag am 26. August ab 10.00 Uhr beim Sächsisch-Böhmischen Bauernmarkt in Dohna-Röhrsdorf kurz hinter Dresden-Lockwitz.

Dort erwartet die Besucher um 16.15 Uhr z.B. der Vortrag: „Vom Lehrer der Jäger zum Teufel der Hirten – Wie kam der böse Wolf in die Fantasie des Menschen?“ – ein bekanntes Muster. Irgendwie klingt das danach, dass es ja gar keine substanziellen, sondern nur „diffuse“ Ängste vor dem Wolf gibt.

Till Scholtz-Knobloch / 25.08.2018

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Kommentare zum Artikel "Verstellt Wolfsfetisch nüchterne Analysen?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Andreas Walter schrieb am

    Wir waren beim besagten Wolfstag und haben uns den Vortrag angehört, war sehr interessant und zum Nachdenken.
    Es wäre wahrscheinlich sinnvoll, wenn sich Journalisten auch mal bei solch einer Gelegenheit informieren würden.

  2. Arno schrieb am

    Och Tom, bitte nicht schon wieder...
    Ihnen und Ihrer Fakebook-Fetisch-Traumtänzertruppe (für die Sie ja immer ganz brav Werbung machen), fehlen offensichtlich selbst die rudimentärsten Grundkenntnisse!
    Was fehlt einem springenden Wolf? Erdung!
    Ergo kein Stromschlag. Auch wenn Sie Ihre „Weisheiten“ immer weiter runterbeten, ändert sich die Realität und die Physik einfach nicht! Schade, oder? Träumt weiter in der Facekook Welt

  3. Tom Schulze-Helmke schrieb am

    Nüchtern analysiert hat sich der Wolf von seiner Beute vertreiben lassen. Und wenn er mal einen gehörigen Stromschlag am Zaun erhält gibt das auch einen nachhaltigen Lerneffekt. Eine Gesetzesänderung wird wohl nicht den gleichen Effekt haben weil 1.Wölfe nicht lesen können und 2. ein toter Wolf nichts weitererzählt.
    Facebookgruppe "Schützt die Wölfe"

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