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Von Bautzens holprigem Weg raus aus der Virus-Krise

Von Bautzens holprigem Weg raus aus der Virus-Krise

Einen Zuschuss für den diesjährigen Stadtlauf braucht die Stadt Bautzen nun nicht mehr zu zahlen. Er wurde von den Organisatoren am Donnerstag dieser Woche auf das kommende Jahr verschoben. Foto: Archiv

Bautzen. Der Aufschrei war groß: Zu Beginn dieser Woche sorgte ein an mehrere in der Spreestadt ansässige Vereine adressiertes Schreiben des Amtes für Bildung und Soziales für teils heftige Diskussionen (wir berichteten darüber auf Alles-Lausitz.de). Um die finanziellen Auswirkungen der Viruspandemie irgendwie zu meistern, sucht die Verwaltung derzeit händeringend nach Rettungsankern in Form von Einsparmöglichkeiten. So sollte laut dem besagten Papier den Sportvereinen die alljährliche Förderung kurzum gestrichen werden. Jedoch stieß nicht nur bei den betroffenen Klubs die Art, wie die Rathausmannschaft in dem Zusammenhang agierte, auf Unverständnis. Stadträte wie FDP-Mann Mike Hauschild empfanden das Vorgehen als Affront. Und nicht nur das: Das Ganze wirft zudem ein fragwürdiges Bild auf die Arbeitsweise in Teilen der städtischen Amtsstuben.

Brief sorgt für Zündstoff

„Es wurde von der Verwaltung klar gesagt, dass sowohl die Details der dreiprozentigen Haushaltskürzung als auch der Umfang und die Details der zu kürzenden freiwilligen Leistungen nicht entschieden sind.“ Damit spielte der Liberale auf die jüngste Stadtratssitzung am Mittwoch vergangener Woche an. Bei dieser war zwar eine interne Haushaltssperre beschlossen worden – und zwar in Höhe von drei Prozent aller Budgets, wie es die Christdemokraten formulierten. Allerdings keine konkreten Einsparmaßnahmen. „Zunächst sollte eine entsprechende Vorschlagsliste mit zu streichenden Freiwilligkeitsleistungen durch die Stadtverwaltung erstellt werden“, sagte deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Matthias Knaak. Sieghard Albert von der AfD meinte vor diesem Hintergrund: „Der Zeitpunkt und der Inhalt des Schreibens ist für uns unverständlich und vorerst nicht nachvollziehbar.“ 

Auch der MSV Bautzen 04 erhielt Post von der Stadt. Eine mit der Ausfertigung des Schreibens beauftragte Sachbearbeiterin hatte ihm darin in wenigen Zeilen erklärt: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Verbindung mit der Corona-Pandemie ist eine Bereitstellung der Mittel für die Sportförderung im Haushalt 2020 nicht mehr möglich. Somit erfolgt für das Haushaltsjahr 2020 keine Auszahlung der Sportförderung“. Die Entscheidung darüber sei „nach pflichtgemäßem Ermessen“ im Rahmen der jährlich verfügbaren Haushaltsmittel erfolgt. Es handele sich um eine freiwillige Leistung der Stadt Bautzen.

Für MSV-Geschäftsführer Steffen Waldmann kam das Ganze eigenen Angaben zufolge vollkommen überraschend. Einen Austausch mit der Stadtverwaltung habe es zu dem Sachverhalt zuvor nicht gegeben. Der Verein selbst zählt knapp 2.000 Mitglieder. „Mir ist zu hundert Prozent klar, dass der Sport in Krisenzeiten nicht das Entscheidende ist. Aber gerade jetzt nach den Wochen der Isolation und dem nun langsam einsetzenden sozialen Leben dem Sport jegliche Unterstützung zu versagen, ist schon sehr fragwürdig. Erst recht diese Art und Weise“, zeigte er sich enttäuscht. Obendrein habe sein Verein die Ablehnung des Förderantrages für den diesjährigen Bautzener Stadtlauf erhalten. Ursprünglich sollte der am 12. September 2020 über die Bühne gehen. Unterm Strich könne auch der Hinweis, dass der Landessportbund Sachsen eine Corona-Soforthilfe in Aussicht gestellt hat, nicht viel ändern. Steffen Waldmann: „Alternativ diese anzuführen, zeugt von wenig Faktenkenntnis. Denn die ist ja explizit nur für in finanzielle Notsituationen geratene Vereine gedacht.“

Stadträte fordern gemeinsames Handeln

Ob eine solche Einsparmaßnahme am Ende tatsächlich dazu beitragen kann, um das erwartete Defizit im Stadtetat zu schmälern, daran hat Mike Hauschild so seine Zweifel. Er selbst rechnet mit einem Minus von circa zehn Millionen Euro. Bestätigt hat diese Summe im Rathaus zunächst niemand. „Sie ist so viel höher als alle freiwilligen Leistungen zusammen, dass die Streichungen bei den Sportvereinen oder anderen wichtigen freiwilligen Leistungen keinen Sinn macht. Wobei Sparen im eigenen Bereich, beispielsweise bei uneffizienten Personalstellen, bisher nicht in den geäußerten Überlegungen der Verwaltung enthalten ist“, meinte der Bürgervertreter. „Wir werden nicht um Kreditaufnahmen in Millionenhöhe herumkommen.“

Rettungsschirm für Kommunen aufgelegt

Das Bürgerbündnis Bautzen (BBBz) signalisierte derweil, im Notfall einen solchen Weg mitzugehen, wenn das unumgänglich werde. „Allerdings sollte hier eine Obergrenze definiert werden, die Risiken minimiert“, betonte Vereinssprecher Christian Haase. Matthias Knaak wiederum teilte die Position seiner Fraktion per E-Mail mit: „Wir haben den Oberbürgermeister schriftlich gebeten, umgehend eine genaue Aufstellung aller Mindereinnahmen und Mehrausgaben zu liefern sowie alle beabsichtigten Streichungen und Kürzungen zu benennen.“ Und weiter: „In der schwierigen Zeit der Corona-Krise und der Bewältigung der daraus resultierenden Herausforderungen ist gerade der Zusammenhalt, eine gute Kommunikation und das Finden gemeinsamer Lösungen wichtiger denn je.“ Der im Stadtrat getroffene Beschluss zur Bewältigung der coronabedingten Auswirkungen dürfe in den Amtsstuben keinesfalls als „Freifahrtsschein“ für einen finan-ziellen Shutdown der Stadt verstanden werden. 

Unterdessen haben die Sächsische Staatsregierung und die kommunalen Spitzenverbände einen Schutzschirm für Kommunalfinanzen vereinbart. Damit soll den durch die Corona-Krise zu erwartenden Einbrüchen der Steuereinnahmen und den zusätzlichen Ausgaben auf kommunaler Ebene begegnet werden. Mit dem jetzt vorliegenden Rettungsinstrument, das für das laufende Jahr über ein Gesamtvolumen von etwa 750 Millionen Euro inklusive einem Ausgleich für nicht erhobene Elternbeiträge für die Kinderbetreuung verfügt, wird nach Einschätzung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages rund die Hälfte der pandemiebedingten Lasten – die Summe aus kommunalen Steuerausfällen und Pandemiemehrausgaben – ausgeglichen. 

Bautzens Finanzbürgermeister Robert Böhmer begrüßte die Schützenhilfe aus Dresden zwar. Allerdings betrachtet er diese auch mit einer gewissen Skepsis: „Inwieweit die vereinbarten Maßnahmen insgesamt ausreichen, um die einzelnen Kommunen von den Folgen der Corona-Politik ausreichend zu entlasten, kann erst in den kommenden Monaten beurteilt werden.“ Die Stadt Bautzen decke mehr als 43 Prozent ihrer Aufwendungen über Steuereinnahmen. Der Fachmann warnte in dem Zusammenhang davor, dass mögliche Rückgänge vor allem 2021 zu Buche schlagen könnten und damit die Haushaltsdeckung verkomplizieren. Lässt sich vor diesem Hintergrund das Rad womöglich noch einmal zurückdrehen? Den Sportvereinen in der Spreestadt und keinesfalls nur ihnen bleibt zu wünschen, dass sie nicht zum Opfer der Corona-Krise werden. Konkret geht es in ihrem Fall um ein Budget von 60.000 Euro, das ursprünglich im Etat für die Sportförderung eingeplant war. Rathausangaben zufolge sind in deren Rahmen in den zurückliegenden fünf Jahren Investitionsmaßnahmen, Projekte sowie der allgemeine Trainings- und Wettkampfbetrieb im Umfang von rund 300.000 Euro unterstützt worden. 

Fakt ist: Seit Dienstag zeigt sich das Presseamt der Stadt bestrebt, die Wogen etwas zu glätten. „Wie im laufenden Jahr mit der Sportförderung verfahren wird, ist noch nicht abschließend geklärt“, erläuterte Rathaussprecherin Laura Ziegler in einer Pressemitteilung. Bezogen auf das Schreiben des Amtes für Bildung und Soziales hieß es, dass dieses „unabgestimmt“ in die Post ging. Irrtümlicherweise seien die bisherigen Gespräche zu diesem Thema verwaltungsintern fehlinterpretiert worden, sodass es zu dieser Information an die Sportvereine gekommen ist. Laura Ziegler versicherte: „In den kommenden Wochen werden die Bürgermeister Regelungen für den Umgang mit Freiwilligkeitsleistungen treffen und sich dazu mit den Stadträtinnen und Stadträten austauschen.“

Roland Kaiser / 10.05.2020

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Kommentare zum Artikel "Von Bautzens holprigem Weg raus aus der Virus-Krise"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Reingard Böhmer schrieb am

    Vereine sind eine wichtige Größe im Zusammenleben der Bevölkerung. Bisher wurde das wenig beachtet, wobei den Sportvereinen bisher die meiste Aufmerksamkeit zukam. Richtig, sie bilden einen wesentlichen Faktor zur Gesunderhaltung der Jugend und eigentlich aller Bürger. Dort den Rotstift anzusetzen, ist falsch. Aber auch andere Vereine sind wichtig. Wissen wir, ob nicht nach der Pandemie Vereine zerfallen? Viele kämpfen doch jetzt schon um den Nachwuchs. Von der Politik würden sie oft als lästige Randerscheinung wahrgenommen. Das gesellschaftliche Miteinander völlig unterschätzt und als Pille, Palle abgetan. Wo bleibt denn der alte Grundsatz Bürokratie abzubauen und damit überflüssige Stellen in der Verwaltung einzusparen? Ich hoffe auf einen Neuanfang nach der Pandemie. Reingard Böhmer

  2. Blumenfrau schrieb am

    Mich würde es interressieren von was die Gutachten für die sinnlose Brücke und die Brücke selbst bezahlt werden.

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