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Johann Brussig noch tiefer entdeckt

Johann Brussig noch tiefer entdeckt

V.l.n.r.: Dr. Wilfried Jackisch, Egbert Stephan (mit Buchneuerscheinung) und Michael Schröter (mit CD) vor dem Bürgerhaus Niesky, dem Probenort der Nieskyer Heidespatzen. Foto: Scholtz-Knobloch

Rothenburg/Niesky. In seinem Geburtsort Rothenburg gibt es eine Johann-Brussig-Straße, er verfügt über eine Wikipedia-Seite und die Nieskyer Heidespatzen haben schon länger viele seine zahlreichen Werke hochgehalten. Doch die Lebensgeschichte des Komponisten (1867-1946) barg bislang viele Rätsel, die Egbert Stephan nun mit seinem Buch „Mit Sang und Klang“ durch umfassende Recherchen schließt.

Michael Schröter, musikalischer Leiter der Heidespatzen weiß schon seit Jahren zu würdigen, dass Sangesgenosse Egbert Stephan, Texte zu den Kompositionen verfasst hat, die von Dr. Wilfried Jackisch zum großen Teil eingespielt wurden. Jackisch sitzt im Bürgerhaus Nieksy mit am Tisch und schmunzelt zu Egbert Stephan hinüber: „Ich helfe, wenn Egbert einen Wunsch hat“, sagt er auch im Hinblick auf Unterstützung bei Recherchen zu Brussigs Lebensgeschichte.

Lieder mit ganz viel Lokalkolorit

Im Chor wird gemeinsam gesungen, aber auch solistisch. „Das sind Lieder, die in keinen Büchern stehen, dass sind Lieder, die auf unsere Heimat bezogen sind. Das ist schon ein tolles Alleinstellungsmerkmal und sie sind sehr hörenswert“, bekundet Michael Schröter. In dem Lied ’Mit Sang und Klang’, das auch Namenspate des Buches wurde, das noch in den Druck gehen muss und dann neben einer neuen CD nur mit Brussig-Liedern auch bei Konzerten angeboten werden soll, wird die Stadt Rothenburg besonders hervorgehoben.

„Insgesamt hat Egbert Stephan zwölf Texte gemacht, von denen wir acht im ständigen Repertoire haben, an zwei weiteren arbeiten wir noch. An den letzten zwei ist der Egbert noch am arbeiten. Es gibt den Heidestrauß, ein Lied behandelt die Neiße zwischen Rothenburg und Görlitz, eines die Wasserscheide in Geheege, ein anderes die beiden Brüder – hierbei handelt es sich um die beiden Schöps-Flüsse.“

Das Brussig-Erbe hatte übrigens eine Großnichte angetreten, denn Brussigs einziger Sohn Willy verstarb sechsjährig. Egbert Stephan konnte die Schwester der Großnichte in Rothenburg im Martinshof im Altenheim ausfindig machen und ihr sind nun bislang viele unbekannte Überlieferungen zu verdanken. 

„1873-1881 besuchte Brussig die Dorfschule in Noes. Der Rothenburger Kantor entdeckte sein musikalisches Talent und förderte es“, weiß Egbert Stephan nun zu berichten. Ebenso, dass der Komponist Arbeiter in Pappenfabrik Zoblitz/Lodenau gewesen sei, 1887 eine wöchentliche Arbeitszeit von 90 Stunden bei einem Stundenlohn von 12 Pfennigen hatte oder einem Wochenverdienst von 10,66 Mark. Neben dieser Arbeitszeit erlernte er autodidaktisch das Trompetenspiel und gründete 1889 eine Kapelle mit sieben Musikern, worauf 1893 erste eigene Kompositionen folgten. 1896 lernte Brussig in Lauban seine künftige Frau, die Köchin Johanna kennen. Einen 1905 gekauften Kramladen in der Priebuser Straße 99 habe er 1915 im 1. Weltkrieg aufgeben müssen. Sein Musikverlag wurde hingegen schnell bekannt und sein Hauptbroterwerb. Für sein Heimatdorf Noes finanzierte Brussig die erste Straßenbeleuchtung und auch als Stadtrat wurde Brussig tätig. Nach dem Tod seiner Frau 1933 zog er sich weitgehend zurück und lebte vom Notenversand. 1945 von den Leiden des Alters gezeichnet, durch Härte der Kriegseinwirkungen und der Zwangsevakuierung entkräftet und verbittert, traf er im Sommer 1945 wieder in Rothenburg ein. Sein Anwesen war verwüstet und geplündert. Hunger, Elend und Kälte nahmen ihm den Lebensmut. Am 25. Februar 1946 verstarb er an den Folgen einer Herzlähmung – selbst der Totenschein konnte nun bei den Recherchen aufgefunden werden. Zwei Kisten mit historischen Unterlagen hatte die Rothenburger Bibliothek in ihrem Bestand.
Andreas Stephan-Reich, Vorsitzender des „Nieskyer Heidespatzen – Gesang- und Laienspielvereins e.V.“ freut sich, dass die Nieskyer Heidespatzen, deren Sangesbrüder sowohl aus Rothenburg wie Niesky und natürlich vielen umliegenden Ortschaften stammen, mit Brussig an einem echten Alleinstellungsmerkmal arbeiten. „Das Erbe Brussigs teilen wir aber gerne auch mit anderen außerhalb der Heidespatzen“, sagt Stephan-Reich und freut sich über die Genugtuung neuer Ehre, nachdem nach der Wende der Name Johann-Brussig-Musikschule durch Fusion zur Musikschule Dreiländereck weggefallen war.

Buch- und CD-Präsentation am 10. Oktober

Egbert Stephan hebt bei der Zusammenstellung der Fleißarbeit zur Lebensgeschichte Brussigs fest, dass ihn besonders Brussigs Aufstieg vom Tagelöhner zum geachteten Komponisten beeindruckt habe, der über 500 Kompositionen hinterlassen hat. Damit ist also auch noch viel musikalische Arbeit am Gesamtwerk für künftige Generationen möglich.

Die Nieskyer Heidespatzen, die einst als Betriebsensemble des Stahlbaus Niesky entstanden waren und zur Wendezeit erst einmal um ihre Existenz kämpften mussten, laden nun dazu ein, den großen Sohn der Stadt noch besser kennenzulernen. Die Buchpräsentation von „Mit Sang und Klang“ findet natürlich mit entsprechender musikalischer Umrahmung und auch Vorstellung der neuen Brussig-CD am Freitag, dem 10. Oktober, 18.00 Uhr, in der Neiße- Taverne bei Neiße Tours in Rothenburg in der Tormersdorfer Allee 1 statt.

Till Scholtz-Knobloch / 07.10.2025

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