Wie inklusiv ist Bischofswerda?

David Gratzl, Projektkoordinator von Bischofswerda Inklusiv, hofft, noch viele weitere Verbesserungen für Menschen mit Behinderung auf den Weg bringen zu können.
Seit fünf Jahren gibt es die Initiative „Bischofswerda inklusiv.“ Nun ist der offizielle Projektzeitraum abgelaufen. Was die Initiative erreicht hat – und wie es jetzt weitergeht.
Bischofswerda. Menschen mit Behinderung sind all zu oft noch zum Zuschauen verdammt, wenn andere spielen, Sport treiben oder auch nur bestimmte Orte aufsuchen. Auch in Bischofswerda gibt es diese Probleme. Um das zu ändern oder die Situation zumindest zu verbessern, wurde vor fünf Jahren die Initiative „Bischofswerda inklusiv“ ins Leben gerufen. David Gratzl hat in dieser Zeit als Projektkoordinator maßgeblich an der Umsetzung der entsprechenden Ziele mitgewirkt. Doch worin bestanden diese Ziele eigentlich? Dazu erklärt er: „Das Hauptziel bestand darin, Inklusion überhaupt erst einmal zu einem Thema zu machen, über das man in der Stadt spricht. Und natürlich wollen wir Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen – und damit für die gesamte Stadtgesellschaft – erreichen.“
Das Ziel, dass die Bischofswerdaer über Inklusion nachdenken und reden, wurde laut David Gratzl, der selbst seit mehreren Jahren an den Rollstuhl gefesselt ist, erreicht. Doch wie sieht es mit der Barrierefreiheit im Stadtgebiet aus? Um das zu erfahren, hat sich der „Oberlausitzer Kurier“ mit ihm auf einen kleinen Rundgang durch den südlichen Teil der Bischofswerdaer Innenstadt begeben. Bereits beim Start auf dem Altmarkt macht David Gratzl auf eine Verbesserung aufmerksam, die nicht Betroffenen kaum auffallen dürfte: „Der Marktplatz war aufgrund der breiten Fugen zwischen den historischen Pflastersteinen immer schwer befahrbar und bildete eine Verletzungsgefahr. Das hat sich geändert, nachdem die Stadt die Fugen auffüllen ließ.“ Entlang der Fleischergasse geht es zu einem ersten neuralgischen Punkt: Den öffentlichen Toiletten am Kirchplatz. Selbst wenn sie geöffnet wären, könnten Menschen im Rollstuhl sie nur schwer erreichen: „Tatsächlich ist es für Behinderte in Bischofswerda mit der Notdurft im Moment sehr schwierig. Die öffentliche Toilette ist gesperrt.
Es soll perspektivisch eine Lösung gefunden werden, aber wann, kann ich nicht sagen.“ Es gebe zwar noch weitere öffentliche Toiletten am Bahnhof und im Rathaus, die aber auch nicht durchgehend geöffnet sind.
Weiter geht es über schmale, grob gepflasterte Altstadtgassen, die schon von Menschen ohne Einschränkung Aufmerksamkeit erfordern, auf die Dschungel-Spielanlage am Schillerplatz. Hier konnte unter Mitwirkung der Initiative Bischofswerda Inklusiv ein besonderes Spielgerät aufgestellt werden: „Es handelt sich um ein Karussell, das Kinder mit und ohne Behinderung nutzen können. In der Mitte ist ein freier Platz, wo man einen Rollstuhl hineinstellen kann. Uns war die Möglichkeit zur gemeinschaftlichen Nutzung wichtig“, so David Gratzl. Das Karussell werde gut angenommen, selbst aus der Umgebung kommen Familien, „da es bislang in dieser Form noch ziemlich einzigartig ist.“ Auf der Bischofsstraße kommen wir an der Postagentur vorbei, die vorbildlich barrierefrei erreichbar ist. Bei vielen Geschäften und selbst Arztpraxen in der Innenstadt sieht das ganz anders aus. Doch der Weg führt uns zu einem weiteren öffentlichen Gebäude, das bei Menschen mit und ohne Behinderung für Ärger sorgt: Den Bahnhof. „Im Moment kann ich als Rollstuhlfahrer nur Gleis 1 nutzen, weil die Gleise 2 und 3 nur über die große Brücke erreichbar sind. Das macht sie nicht nur für mich, sondern auch für Menschen mit Rollatoren oder Kinderwagen nicht nutzbar“, sagt David Gratzl. Allerdings ist Besserung in Sicht, denn gegenwärtig werden Fahrstühle eingebaut, die auch die Gleise 2 und 3 wieder uneingeschränkt erreichbar machen. Auf dem Rückweg an der Polizeikreuzung wurden die Bordsteine abgesenkt, sodass Rollstuhlfahrer besser auf den Gehweg gelangen können. An vielen anderen Stellen ist das nicht der Fall. Schließlich erreichen wir wieder den Altmarkt, wo David Gratzl noch einen Ausblick auf die Zukunft von Bischofswerda Inklusiv gibt: „Es handelt sich um ein fünfjähriges Projekt, das über die Aktion Mensch gefördert wurde. Der Projektzeitraum endete am 15. April. Eine Weiterfinanzierung ist beantragt, aber noch nicht bewilligt.“ Das bedeutet aber nicht das Ende für Bischofswerda Inklusiv: „Derzeit führen wir die Arbeit gemeinsam mit diversen Mitstreitern im Ehrenamt weiter.“ David Gratzl hofft auf eine längerfristige Perspektive – damit Menschen mit Behinderung nicht mehr zum Zuschauen verdammt sind, wenn andere spielen, Sport treiben oder auch nur bestimmte Orte aufsuchen.