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Wie weiter mit dem Stadtmarketing?

Wie weiter mit dem Stadtmarketing?

Die Studie einer Dresdener Werbeagentur übt Kritik am Bautzener Stadtmarketing der vergangenen Jahre und gibt zugleich Lösungsvorschläge vor, die den Haushalt strapazieren dürften. So schlägt sie für das Ressort gleich mehrere Personalstellen vor. Foto:RK

Lange Zeit schon wird in Bautzen darüber diskutiert, wie sich in der Spreestadt der Tourismus ankurbeln lässt. Die Verwaltung stellte in diesem Zusammenhang die Arbeit des eigenen Stadtmarketings auf den Prüfstand. Eine Werbeagentur aus Dresden hat es von Mai bis Oktober 2017 auf Herz und Nieren getestet und ist nun zu einem ernüchternden Ergebnis gelangt.

Roland Fleischer, Karsten Vogt und Mike Hauschild – Sie sitzen für die SPD, CDU beziehungsweise FDP im Bautzener Stadtrat und wissen, was sich hinter den Kulissen abspielt . Nicht für jeden von Ihnen kommt das Fazit der Dresdener Werbeagentur, wonach das hiesige Stadtmarketing einen gewissen Nachholbedarf habe, überraschend. Wie ist es aus Ihrer Sicht um dieses bestellt?

Roland Fleischer: Das Stadtmarketing ist offensichtlich nicht so wirksam, wie man es gestalten könnte. Dies ist über viele Jahre hinweg entweder nicht erkannt oder fahrlässig ignoriert worden. Die jetzige Stadtführung wollte den ersten Schritt machen, da das Problem erkannt wurde. Es war eine Personalstelle, nämlich eine zusätzliche für das Stadtmarketing, geplant. So konnten wir nicht nachvollziehen, warum Stadtratskollegen anderer Fraktionen dieser wichtigen Stelle im Haushalt nicht zustimmten.

Karsten Vogt: Unstrittig ist, dass wir die Wahrnehmung Bautzens außerhalb der Stadtgrenzen verbessern wollen, um vorherrschenden Klischees ein differenziertes Bild entgegenzusetzen. Wir wollen das wirtschaftliche und touristische Potenzial der Stadt weiter nutzen, was direkt an ein erfolgreiches und aktives Stadtmarketing geknüpft ist. Die vorgelegte Analyse impliziert über weite Teile die Aussage, dass zu vieles bisher schlecht war. Das ist auch ein Schlag ins Gesicht der vielen ehrenamtlich tätigen Bürger, die ebenso das Bild von Bautzen aktiv mitgestalten.

Mike Hauschild: Was die Agentur bei ihrer Stärken-Schwächen-Analyse ans Tageslicht befördert hat, wissen wir selbst seit Jahren und mahnen genauso lange Veränderungen an. Als FDP-Fraktion haben wir bereits Vorschläge unterbreitet. Es fehlt jedoch an klaren Zielen, richtigen Strukturen und gemeinsamem Handeln.

Was werden Sie als Stadträte vor diesem Hintergrund nun tun, damit die Kommune ihr Marketing anpassen und verbessern kann?

Roland Fleischer: Die Vorschläge des Handbuches müssen aufgegriffen, die Machbarkeit geprüft und auf jeden Fall die Strukturen geändert werden.

Karsten Vogt: Als CDU-Fraktion unterstützen wir den Ansatz der FDP, dass die Ergebnisse der Analyse verwaltungsintern geprüft werden und die Handlungsfelder vor deren Umsetzung durch den Stadtrat zu beschließen sind. Durch die Unschärfen der Analyse muss diese jetzt kritisch hinterfragt werden, welche Empfehlungen sinnhaft und gerechtfertigt sind.

Mike Hauschild: Wir müssen zuerst darüber übereinkommen, wohin sich Bautzen in den nächsten Jahren entwickeln soll und wie. Dann erst können wir in einem zweiten Schritt die nötigen Strukturen mit Personal schaffen und ausreichend Geld bereitstellen. Unsere gemeinsame Initiative mit der CDU und dem Bürgerbündnis Bautzen zur so genannten Verwaltungsstrukturüberprüfung ist der erste wichtige Schritt auf dem Weg in die Zukunft.

Welche wichtigen Punkte sollte das Stadtmarketing aufgreifen und warum?

Roland Fleischer: Oberstes Ziel ist es, das Image der Stadt vor allem in punkto Fremdenfeindlichkeit zu verbessern. Hierzu sind alle Bürger aufgefordert. Jene, die zu diesem Image durch Taten beigetragen und jene, die es durch Ignoranz gebilligt haben. Zudem fordern wir alle dazu auf, die Stadt nach außen mit den vorhandenen Pfunden in einem positiven Licht erscheinen zu lassen. Dazu zählen für uns Bautzens Schönheit, seine Kultur, die Türme, die zahlreichen Vereine aber auch die Schulen. Das alles zählt zum anderen Teil der Wahrheit. Wir benötigen darüber hinaus einen werbewirksamen Slogan, der in die Welt hinaus verbreitet werden kann. Dieser wiederum sollte ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt beschreiben.

Mike Hauschild: Wichtig ist, dass wir unsere Mitbürger einbinden, die sich unermüdlich im Ehrenamt engagieren. Vom Altstadt- über den Innenstadt- bis hin zum Tourismusverein gibt es noch viel mehr eigene Kompetenzen, die unzählige Vorschläge und Ideen haben. Wir brauchen das Rad nicht neu zu erfinden.

Von welchen Punkten sollte sich das Stadtmarketing besser verabschieden?

Roland Fleischer: Die Agentur stellt fest, dass die Werbung für die Stadt und deren Umgebung nicht mehr zeitgemäß beziehungsweise langweilig ist. Stadtmarketing muss professionell in einer Hand liegen und nicht als Nebenprodukt der Pressestelle zugeschustert werden, die viele andere wichtige Aufgaben zu erfüllen hat und bereits über die Grenzen ihrer Kapazitäten hinaus beansprucht wird.

Mike Hauschild: Auch diese Frage will ich mit den eigenen, den Bautzener Profis diskutieren und entscheiden.

Der Tourismusverein wies in dieser Woche darauf hin, dass die in der Analyse aufgezeigten Defizite im Stadtmarketing für dessen Mitglieder nicht neu seien. Trotzdem ließ die Kommune ihre Dienstleistung für rund 29.000 Euro dem Check unterziehen. Inwieweit hätte das Geld nicht doch besser für andere Dinge ausgegeben werden können oder war es am Ende an der richtigen Stelle angelegt?

Roland Fleischer: Die SPD-Fraktion hält die Ausgaben für gerechtfertigt. Dies schon deshalb, da auf diese Weise ein erheblicher Druck auf die Stadtführung, insbesondere aber auch auf den Stadtrat ausgeübt wird. Nicht vergessendürfen wir all jene Organisationen, wie den Beirat für Stadtentwicklung oder den Tourismusverein, die ein hohes Interesse an einer Verbesserung haben müssten. Wir erhoffen uns, dass am Ende alle aufgrund der nun vorliegenden Studie aus dem Dornröschenschlaf erwachen.

Karsten Vogt: Leider hat die Agentur einen erheblichen Teil der Aussagen sehr absolut und negativ formuliert. Es fehlt häufig an der notwendigen Differenzierung. Hierzu gab es in der CDU-Fraktion erst in dieser Woche eine kontroverse Diskussion, da wir den Standpunkt vertreten, dass das Stadtmarketing im Rahmen seiner personellen Möglichkeiten gut arbeitete, aber rückblickend betrachtet personell unterbesetzt und mit den gesellschaftlichen Akteuren unzureichend vernetzt war. Die Vermarktung der Stadt als Ganzes mit all ihren Facetten unter einer gemeinsamen Marke gelang nicht. Es stellt sich die Frage, welches Image die Bautzener in die Köpfe der Menschen projizieren möchten. Ist Bautzen ein Wirtschafts-, Wohn- oder Kulturstandort? Ein eigenständiges Oberzentrum oder Teil des Dresdener Speckgürtels? Daher muss die künftige Marketingarbeit eng mit der politischen Agenda der Stadtpolitik verknüpft sein. Der aufgerufene Preis von 29.000 Euro ist gerechtfertigt, wenn das Handbuch die beabsichtigte Wirkung entfaltet. Da das Stadtmarketing die Entwicklung unserer Stadt maßgeblich prägen wird, sollten wir nicht an der falschen Stelle sparen.

Mike Hauschild: Das Ergebnis verwundert mich sehr. Die vielen Bautzener Initiativen und Projekte der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte sehe ich nicht berücksichtigt. Ein zusätzliches Amt mit vielen zusätzlichen Stellen zu schaffen ist die falsche Lösung. Für eine Marketinggesellschaft sind die Analyse und die Schlussfolgerungen zu ungenau und einseitig. Kurzum: Das Geld war schlecht investiert. Mein Fazit ist: Hören wir auf unsere eigenen Leute und nehmen nicht mehr kritiklos hin, was uns Auswärtige so alles als einzig wahre Weisheit vorgeben wollen.

Roland Kaiser / 05.02.2018

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