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Wieder schließt ein Traditionsgeschäft ...

Wieder schließt ein Traditionsgeschäft ...

Patrick Zöllner und sein Vater Wolfgang im Laden – dieses Bild wird bald der Vergangenheit angehören.

Großröhrsdorf. Ein ganz normaler Montagvormittag im Schreibwarengeschäft von Patrick Zöllner in Großröhrsdorf: Es herrscht kein pausenloses Kommen und Gehen, und doch geht immer wieder mal die Tür auf. Mal betritt ein älterer Herr den Laden, mal zwei Jungs (denen in den Ferien der Sinn sicher nicht nach Übungsheften steht), dann eine junge Frau. „Es ist nicht so, dass wir keine Kundschaft hätten“, meint Inhaber Patrick Zöllner, der an diesem Tag gemeinsam mit seinem Vater Wolfgang im Laden steht.
Und dennoch hat sich der 43-Jährige dazu entschlossen, das traditionsreiche Geschäft zu schließen. „Mir ist diese Entscheidung nicht leicht gefallen“, beteuert Patrick Zöllner. Immerhin geht das Geschäft auf seine Großeltern Rudolf und Irmgard Zöllner zurück, die es 1934 als Leihbücherei gründeten.

Ein Geschäftsmodell, das heute kaum noch vorstellbar erscheint, damals aber gar nicht so selten war: „Viele Leute hatten nicht genug Geld, um sich Bücher zu kaufen. Also liehen sie sich diese für eine geringe Gebühr aus“, erläutert Patrick Zöllner. Später übernahmen Wolfgang und Maria Zöllner das Geschäft und führten es zu DDR-Zeiten als HO-Kommissionshandel. Mit dem Verkauf von Büchern, Glückwunschkarten, Bürobedarf und Schreibwaren wurde auch die Ladenfläche vergrößert.  Später kamen noch Zeitschriften zum Sortiment hinzu, welche vor allem in der Wendezeit stark nachgefragt waren. Auch so manchem Lottospieler verhalfen Zöllners hier zu seinem Gewinn.
2010 übergab Wolfgang Zöllner das Geschäft an seinen Sohn Patrick. Dieser ist gelernter Bürokaufmann und konnte bereits auf einige Jahre Erfahrung im Handel zurückgreifen. Das Sortiment wurde der Nachfrage weiter angepasst: So gab es jetzt zusätzlich auch Fanartikel von Dynamo Dresden, Lego-Sets und Tabakwaren. Mit dem Verkauf von Eintrittskarten und Paketservices versuchte Patrick Zöllner, dem Umsatzrückgang der ursprünglichen Sortimente entgegenzuwirken.

Doch der Lauf der Zeit lässt sich nicht anhalten. „Durch die Veränderung des Konsumverhaltens fehlen immer mehr kleineren Geschäften die benötigten Kunden und Umsätze“, weiß Patrick Zöllner aus eigener Erfahrung. „Dabei könnte ich allein vielleicht sogar weiterhin von dem Laden leben. Doch nur bei komplettem Verzicht auf Freizeit, Urlaub und ähnliche, eigentlich selbstverständliche Dinge.“ Sechs Tage in der Woche stand er seit der Geschäftsübernahme im Laden.

Nur an einem einzigen Samstag in neun Jahren war dieser geschlossen. Ohne die Unterstützung seiner Eltern wäre es gar nicht gegangen: „Sie halfen bei Krankheit, Urlaub und auch bei der Betreuung des Enkelkindes.“ Die Eltern sollen nun, so der Sohn, endlich ihre Rente genießen können. Und so griff er zu, als er die Möglichkeit erhielt, eine neue Tätigkeit aufzunehmen: „Ich blicke ihr mit Freude entgegen.“ Doch bevor es soweit ist, muss alles raus: Am 4. März startet der Ausverkauf, zum 31. März will der Inhaber sein Geschäft schließen, für das es keinen Nachfolger gibt.
Obwohl Patrick Zöllner keineswegs verbittert wirkt, etwas Wehmut schwingt doch mit, denn ihm ist klar, dass es auch anderen kleinen Geschäften so gehen wird wie seinem: „Leider ist die gesamte Entwicklung für die Zukunft nicht positiv zu beurteilen. Internet und Großmärkte bekommen immer mehr Zulauf, zu Lasten der kleinen Läden in den Innenstädten.“ Bedanken möchten sich Zöllners bei ihren treuen Kunden für Einkauf, nette Gespräche und viele schöne Momente.

Uwe Menschner / 02.03.2019

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