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Any Questions from the Schüler of Niesky?

Any Questions from the Schüler of Niesky?

Nieskys Oberschuldirektor Norbert Kavel und Bürgermeisterin Beate Hoffmann waren 2019 stolz, US-Generalkonsul Timothy Eydelnat in ihrer Mitte begrüßen zu können. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Wenn alles planmäßig verlaufen ist, sollte sich der US-Generalkonsul für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Timothy Eydelnant, am Donnerstag kurz nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe im Historischen Sitzungssaal des Görlitzer Rathauses in das Goldene Buch der Stadt Görlitz eingetragen haben. Doch der Niederschlesische Kurier hatte dem Diplomaten im letzten Jahres ja bereits für die Ausgabe Niesky auf den Zahn gefühlt, als dieser mit Schülern der Nieskyer Oberschule diskutierte. Und je kleiner die Orte, umso offener die Worte.

Niesky/Görlitz. Exakt eine Dreiviertelstunde nahm sich Timothy Eydelnant Zeit für die durch Gemeinschaftskundelehrer Peter Seidel auf den Besuch vorbereiteten Schüler. „Eigentlich sind die internationalen Beziehungen erst Thema in der 10. Klasse, aber wir haben für diese Gelegenheit quasi einen Crashkurs gemacht“, erklärte Seidel damals.

Der Besuch eines offiziellen Vertreters der USA sollte eigentlich genug Futter gerade für die oft stürmische Jugend bieten, ein Wörtchen in den großen Fragen mitzusprechen – gerade in Zeiten Donald Trumps. Auf 47 Knien lagen so auch 47 Zettelchen mit vorformulierten Fragen. Eine Schülerin räumte am Rande auf Frage des Niederschlesischen Kuriers dennoch ein: „Doch, doch, meine Eltern haben mir schon dabei geholfen.“ Doch so richtig knackig wird es zunächst nicht, dafür agiert der Diplomat, der von seinem Ehemann, der von Beruf Juwelier und Künstler ist, nach Niesky begleitet wird, zu jovial. Nach einer zwanzigminütigen Einführung über die USA, die Eydelnant teils deutsch, teils in einer auf Schüler zugeschnittenen leichten Form des American English vorträgt, ist der Frageblock eröffnet.

„Any Questions?“ Doch zunächst mag sich keiner trauen. Dabei bietet der Lebensweg des Diplomaten Steilvorlagen en masse. Bis zu seinem Start in Leipzig war Eydelnant in der Abteilung für Bevölkerung, Flüchtlinge und Migration des US-Außenministeriums tätig. Unter anderem koordinierte er die humanitäre Hilfe für Syrien und dessen Anrainer. In Kriegszeiten hatte er konsularisch US-Amerikaner im irakischen Basra betreut. Weitere Stationen waren Wien, Brasilien, Helsinki, Moskau, Jerusalem sowie die Einwanderungsbehörde der Vereinigten Staaten.

Also überbrückt Eydelnant zunächst mit einigen eigenen Ausführungen. Ihm sei gerade der Besuch kleiner Orte wichtig, denn eine Diplomatie, die nur in den Zentren agiere, könne nicht das ganze Leben abdecken. Etwa drei oder vier Tage der Woche sei er unterwegs, um für sein Land zu werben. Aber gestern war dennoch mal die Großstadt dran: „Yesterday, I was for Radverkehrskongress“, sagt er einerseits im breiten Englisch, das dennoch auch eine osteuropäische Sprachmelodie verrät – immerhin wurde Eydelnant im weißrussischen Minsk geboren, was seine Vorliebe für die Betonung des „Melting Pot“, also des Schmelztigels (der Kulturen) in seiner Einführung erklärt.

Nach der Veranstaltung bekannte Eydelnant dann auch auf die Frage des NSK, ob sein baltendeutsch klingender Familienname historische Bezüge zu Deutschland offenbart: „Ja, das stimmt. Im 19. Jahrhundert war meine Familie bereits einmal Emigrantenfamilie, die aus Königsberg in Ostpreußen (Kaliningrad) in das heutige Gebiet Weißrusslands kam“.

Doch die Schüler sind langsam warm geworden und ahnen, dass mit schwindender Zeit die Gelegenheit zu Fragen verstreicht. Der erste Schüler fragt, ob denn die Ausbreitung der NATO gen Osten Russland zu sehr provoziert habe. Eydelnant betont ganz diplomatisch die Schutzfunktion, die die NATO für das Baltikum und Polen bedeute und dass man bedacht sein, dass es „no other attack in Baltic and Poland“ gäbe und beantwortet die Frage somit im eigentlichen Sinne nicht. Die Antworten in Englisch, auf die die Schüler nicht vorbereitet waren, und die Ehrfurcht verhindern ein Nachhaken.

Es bleibt aber ganz international – etwa beim Thema China. Ja, der „Trade“ (Handel) sei „right difficult“ (recht schwierig) und nun müsse man eben einen „fair balance“ finden. Die Schüler bleiben aber eisern bei Fragestellungen in deutscher Sprache. „Gibt es einen neuen Kalten Krieg?“. Der Absolvent der Georgetown University lässt sich kurz zu einer deutschsprachigen Antwort hinreißen, die unter Diplomatenkollegen Verwunderung auslösen könnte. „Wir sind Kritiker von Krieg in Krim“, huscht es ihm etwas zu schnell über die Lippen. Den Fauxpas wohl selbst registrierend, betont er sein persönlich sehr gutes Verhältnis zu seinem russischen Amtskollegen in Leipzig. Und dann wird es wieder – bei einer Frage zur Kurdistanpolitik – ganz jovial: „Oh, you’re testing me“ und Eydelnant schmunzelt. „Kretschmer never ask questions like this“ (Kretschmer stellt mir solche Fragen niemals), schmeichelt er.

Till Scholtz-Knobloch / 23.02.2020

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