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Den Arbeitsplätzen folgen die Bauplätze

Den Arbeitsplätzen folgen die Bauplätze

Arbeitsplätze entstehen – wie hier bei TDDK in Straßgräbchen – in der Region wie am Fließband. Doch wie kann man die Beschäftigten auch als Bewohner gewinnen? Foto: Archiv

Durch ein „Siedlungsentwicklungskonzept“ will der Raum Radeberg/Kamenz noch stärker von der Nähe zu Dresden profitieren. Dabei müssen Hindernisse überwunden werden.

Region. Sachsenmilch, TDDK und Accumotive – diese drei Unternehmen haben mindestens zwei Dinge gemeinsam: Sie expandieren sehr stark und sie befinden sich in der so genannten „Wirtschaftsregion Kamenz-Radeberg.“ Man könnte die Liste beliebig erweitern, um Namen wie Skeleton, ONI Rhytemper, Linde & Wiemann, und, und... Doch die Erkenntnis bleibt dieselbe: Das östliche Umland von Dresden boomt. Die Frage für die Bürgermeister der Region lautet schon lange nicht mehr: Wie bekomme ich meine Leute in Lohn und Brot? Die Frage lautet: Wie schaffe ich es, diejenigen, die in meinem Ort arbeiten, auch als Einwohner zu gewinnen?

„Der Druck aus Dresden wird immer größer, weil dort die Preise für das Bauen und Wohnen um das drei- bis sechsfache höher liegen als in der Umgebung. Man wohnt wieder gern im ländlichen Raum“, stellt die für Kreisentwicklung zuständige Beigeordnete des Bautzener Landrates, Birgit Weber, fest. Doch um von diesem Trend profitieren zu können, müssen die (im weitesten Sinne) an die Landeshauptstadt grenzenden Kommunen große Hemmnisse überwinden. „Die Landesentwicklungsplanung behindert uns dabei, denn sie ermöglicht den Gemeinden ohne Zentrumsfunktion keine Angebotsplanung“, so die Beigeordnete. Und nur innerörtliche Lücken zu schließen, wie es bislang vorgegeben sei, löse das Problem in keiner Weise. „Die Menschen wollen ihren Wünschen gemäß leben, sie kommen aus der Stadt auf das Land, weil sie Raum brauchen“, beschreibt die Pulsnitzer Bürgermeisterin Barbara Lüke das Phänomen. Und ihr Wachauer Kollege Veit Künzelmann betont: „Was Bauplätze anbelangt, sind wir leer gefegt und können derzeit nichts anbieten.“ Die (letztlich nicht eingelöste) Ankündigung des Feinkost-Herstellers Homann, am Sachsenmilch-Standort im Ortsteil Leppersdorf ein neues Werk mit bis zu 400 Arbeitsplätzen zu errichten, sei der Auslöser dafür gewesen, sich mit den Nachbargemeinden auf die Suche nach Lösungen zu begeben.

Diese soll nun das „Siedlungsentwicklungskonzept Wirtschaftsregion Kamenz-Radeberg“ aufzeigen. Es koordiniert die Planungen der 18 beteiligten Kommunen – von Bernsdorf im Norden bis Arnsdorf im Süden, von Ottendorf-Okrilla im Westen bis Elstra im Osten – hinsichtlich der Ausweisung von Baugebieten, aber auch der Schaffung von Plätzen in Kindertagesstätten und Schulen. „Wir brauchen Planungen, die sich am zukünftigen Bedarf orientieren, nicht an der Vergangenheit“, so Birgit Weber. Denn nur so könne man sicherstellen, dass der wirtschaftliche Boom im Dresdner „Speckgürtel“ auch zu einer Verbesserung der demografischen Situation führt. Die Beigeordnete ist sich dessen bewusst, dass „das, was wir hier machen, bei den Landesplanern Argwohn hervorruft.“ Konterkariert es doch das bisherige Paradigma, vor allem die Zentren zu stärken. Und Veit Künzelmann will auch vom Boom der Landeshauptstadt selbst profitieren: „Im Norden Dresdens sind Investitionen in Höhe von fünf Milliarden Euro angekündigt. Auch für die dortigen Arbeitskräfte sollten wir als Wohnstandorte attraktiv sein.“

Bei so viel Bau-Euphorie stellt sich freilich – gerade in der heutigen Zeit – die Frage: Besteht nicht die Gefahr, dass dabei die Umwelt auf der Strecke bleibt? Zumal die 18 Gemeinden offensiv mit dem vielen Platz werben wollen, der für die Verwirklichung individueller Wohnwünsche zur Verfügung steht. „Natürlich orientieren wir uns an den bestehenden Planungsgrundsätzen und bereits vorhandenen Flächennutzungsplänen“, versichert Birgit Weber. Es gehe nicht darum, exzessiv drauflos zu bauen und überall die Ortsränder nach außen zu verschieben, sondern um eine „behutsame Integration.“ Wie das in der Praxis funktioniert, kann freilich erst die Zukunft zeigen. Der Königsbrücker Bürgermeister Heiko Driesnack sieht in dem Entwicklungskonzept einen „Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung“, die man für sich in Anspruch nehme.

Uwe Menschner / 15.07.2019

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