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Gilt die von Ex-Finanzminister Georg Unland gegebene Zusage noch?

Gilt die von Ex-Finanzminister Georg Unland gegebene Zusage noch?

Udo Witschas (re.) hat sie schwarz auf weiß: Die vom damaligen Finanzminister Georg Unland (li.) gegebene Zusage zum Umzug nach Kamenz (dahinter Aloysius Mikwauschk, MdL) Foto: Archiv

Kamenz. „Platzt der Kamenzer Schul-Deal?“, fragte der „Oberlausitzer Kurier“ im Oktober 2018. Anlass war damals die im Bautzener Kreistag gegebene Information, dass sich die Anforderungen an den Neubau des Lessing-Gymnasiums verschärft hatten und somit auch der Finanzbedarf gestiegen war. Zusätzliche Fördermittel waren jedoch – zum damaligen Zeitpunkt – noch nicht zugesagt.

Heute ist diese Gefahr gebannt. Zwischen Hensel- und Haberkornstraße ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein ansehnlicher Rohbau für die Gymnasiums-Erweiterung emporgewachsen, und kaum noch jemand zweifelt an der Einhaltung des anspruchsvollen Zeitplans. Ungemach droht jetzt an anderer Stelle: Nämlich bei der Frage, was aus dem – nach der Erweiterung des innerstädtischen Standorts – nicht mehr benötigten Gymnasiumsstandort an der Macherstraße („Schweitzer-Haus“) wird. „Ohne neue Nutzer gibt es keinen Umzug“, hatte es stets vonseiten der Landkreisverwaltung gehießen. Und diese neuen Nutzer standen auch parat: Mit dem Staatsbetrieb Sächsische Informatikdienste (SID), dessen Zentrale nach Kamenz verlegt werden soll, und dem Sächsischen Bildungsinstitut. Per Unterschrift besiegelt Anfang 2017 vom damaligen sächsischen Finanzminister Georg Unland und vom für Bildung zuständigen Beigeordneten des Bautzener Landrats, Udo Witschas (beide CDU).

„Überprüfung der Entscheidung erforderlich“

Während Letzterer auch heute noch diese Position besetzt, spricht von „Sparkommissar“ Georg Unland niemand mehr. Und auch der von ihm abgeschlossene Deal scheint zumindest in Teilen in Vergessenheit geraten zu sein. Anders jedenfalls kann man kaum interpretieren, was der sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU) jetzt in Beantwortung einer Anfrage des Landtagsabgeordneten Thomas Kirste (AfD) verlauten ließ: „Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ergab 2016 die gemeinsame Unterbringung des Fortbildungs- und Tagungszentrums mit der Zentrale des Staatsbetriebes Sächsische Informatikdienste in Kamenz als Vorzugslösung. Zwischenzeitlich haben sich neue Rahmenbedingungen ergeben, die eine Überprüfung der bisherigen Entscheidung erforderlich machen.“ Eine weitergehende Erklärung gegenüber dem Abgeordneten Kirste lehnte der Minister ab: Es handle sich um einen „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ der Staatsregierung, über den man dem Landtag offenbar keine Rechenschaft schuldet. Nur so viel: „Die maßgeblichen Rahmenbedingungen werden im Zuge der Haushaltsaufstellung für den neuen Doppelhaushalt 2021/2022 abgestimmt.“ Ein klares Bekenntnis klingt anders.

Alternativer Text Infobild

Das so genannte Schweitzer-Haus dient bereits seit vielen Jahren als Gymnasiumsstandort. Mit der Erweiterung des Hauses Henselstraße wird es für diesen Zweck nicht mehr gebraucht.

Ländlicher Raum vs. Ländlicher Raum?

Nun ist es kein Geheimnis, dass in Meißen wenig Begeisterung herrscht über die Pläne, die sächsische Lehrerfortbildung in Kamenz anzusiedeln. Hat diese doch bislang ihr – recht idyllisches und beschauliches – Domizil in Schloss Siebeneichen unweit der Domstadt an der Elbe. Insbesondere die Meißener CDU wettert seit Bekanntwerden der Entscheidung gegen dem Umzug an die Schwarze Elster: „Eine Stärkung des ländlichen Raumes ist gewiss zu begrüßen, aber nicht zu Lasten anderer ländlicher Standorte“, sagt Dr. Ulrich Reusch, CDU-Fraktionsvorsitzender im Meißener Kreistag. Und weiter: „Der ländliche Raum darf sich nicht selbst Konkurrenz machen. Das wäre ein Schildbürgerstreich.“

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn auch hinsichtlich der Verlegung der SID-Zentrale nach Kamenz gibt es Grund für Nachfragen. Im jüngsten verfügbaren Geschäftsbericht des Staatsbetriebes – dem für das Jahr 2018 – findet das Kamenzer „Schweitzerhaus“ mit keiner Silbe Erwähnung. Dafür wird umfangreich auf getätigte und geplante Investitionen am Garnisonsplatz eingegangen – von elektrisch höhenverstellbaren Steh-Sitz-Schreibtischen für alle Beschäftigten über die Reparatur der Fledermausgauben bis hin zu einer kompletten Backup-Struktur für die umfangreichen Datenbestände des SID. Und auch die neuesten Ausschreibungen des Staatsbetriebes beziehen sich allesamt auf den Garnisonsplatz.

Abgeordneter und Landkreis haben keine Zweifel

Nun sind das alles keine belastbaren Beweise dafür, dass die Pläne für das „Schweitzerhaus“ nicht mehr ernsthaft verfolgt werden. Um die Übergabe, wie 2017 vereinbart, bis 2022 über die Bühne zu bringen, müsste man jetzt aber langsam „in die Puschen“ kommen. Die Auskunft der Sächsischen Staatskanzlei als vorgesetzter Behörde des SID zum aktuellen Stand lässt jedoch mehr Fragen offen, als sie beantwortet:
„Die Standorte in Kamenz und Dresden sollen beide gestärkt werden, auch um attraktive Optionen für die Gewinnung und Bindung von IT-Fachkräften zu bieten. Die personelle Stärkung des SID ist ein Schwerpunkt der derzeit laufenden Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2021/2022.
In der bestehenden Kamenzer Liegenschaft des SID (Garnisonsplatz 10) werden IT-Verfahren und die dafür notwendige Infrastruktur für den Freistaat Sachsen betrieben. Der Ausbau läuft planmäßig. In den vergangenen Jahren wurden finanzielle Mittel im Umfang eines mittleren einstelligen Millionenbetrages für die Modernisierung und Ertüchtigung der Bausubstanz und der technischen Einrichtungen des Rechenzentrums eingesetzt.

Weitere investive Maßnahmen in ähnlichem Umfang sind für die nächsten Jahre geplant. Für den damit einhergehenden Personalaufwuchs wird zusammen mit dem Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien Management (SIB) nach einer geeigneten Unterbringung in der Nähe des bestehenden Standortes gesucht.“ Auch hier: Kein konkreter Verweis auf die Macherstraße.

Einer, der mehr darüber wissen könnte, ist der CDU-Landtagsabgeordnete Aloysius Mikwauschk, der den „Deal“ vor 2017 maßgeblich mit eingefädelt hat. Ein Abrücken davon wäre auch ein krasser Affront der Staatsregierung ihm gegenüber. Mikwauschk geht auf Anfrage zunächst ausführlich auf die Vorgeschichte ein: „Das Vorhaben der Nachnutzung des Lessing-Gymnasiums in Kamenz wurde von mir über Jahre hinweg begleitet, um den Schulstandort Kamenz attraktiv und zukunftsfähig zu machen sowie optimale Lernbedingungen zu schaffen. Ein erster Schritt dazu war im November 2015 die städtebauliche Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit der Stadt Kamenz, um einen Impuls für die städtebauliche Entwicklung zu geben und somit den geplanten Umzug samt Erweiterungsbau in die Innenstadt zu unterstützen. …

Eine wichtige Voraussetzung für den Umzug des Gymnasiums an die Henselstraße war die Sicherung der Nachnutzung des jetzigen Gebäudes an der Macherstraße. Nach intensiven Gesprächen meinerseits mit der Staatsregierung konnte im Januar 2017 eine schriftliche Vereinbarung zwischen Landkreis Bautzen als Träger und dem Freistaat Sachsen getroffen werden, mit der Verpflichtung des Freistaates das Gebäude zu erwerben. ...“ Damit, so Mikwauschk, sei der Freistaat Sachsen „die Verpflichtung zur Sicherung der Nachnutzung des Hauses eingegangen.“ Und weiter führt er aus: „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass der Freistaat diese erfüllt; es steht nicht die Frage des „ob“, sondern „wie“ die Umsetzung erfolgt. Im Jahre 2022 soll das Haus freigezogen werden, sodass die notwendigen Ertüchtigungen für die Unterbringung von Landesbehörden erfolgen können. Der Freistaat Sachsen hat die Entscheidung für den Standort Kamenz bewusst getroffen, staatliche Behörden außerhalb von Dresden unterzubringen und damit den ländlichen Raum zu stärken. Ich kenne keinen neuen Sachstand, der die getroffenen Vereinbarung für die Unterbringung in Abrede stellt.“

Und auch das Landratsamt Bautzen teilt mit: „Zwischen Landkreis und SIB (Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, d. Red.) gibt es eine schriftliche Vereinbarung, die Grundlage auch für unser Handeln ist. Deshalb gibt es für uns keine Zweifel, dass der Freistaat zu seinem Wort des Kaufes steht.“

Uwe Menschner / 16.08.2020

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Kommentare zum Artikel "Gilt die von Ex-Finanzminister Georg Unland gegebene Zusage noch?"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. sondepet schrieb am

    Als Ergänzung zu dem Artikel erlaube ich mir den Hinweis, dass ich als ehemaliger Abteilungsleiter im Sächsischen Staatsministerium des Innern (Unter Anderem zuständig für SID) in einer Veranstaltung des Ministerpräsidenten Kretschmer am 29.04.2019 in Kamenz, in der unter anderem auch Kultusminister Piwarz anwesend war, die Frage an den MP sowie den Kultusminister gerichtet hatte, ob es denn bei der Vereinbarung zum Umzug des SID sowie der Lehrerfortbildung nach Kamenz bleibt. Beide Herren gaben öffentlich die Auskunft, dass die Staatsregierung selbstverständlich geschlossene Vereinbarungen zwischen Freistaat, Landkreis Bautzen und Stadt Kamenz einhalten würde. Schon damals war mir bekannt, dass es in Dresden und Meißen erhebliche Widerstände gegen die Pläne zur Verlagerung der Zentrale des SID und der Lehrerfortbildung nach Kamenz gab. Es bleibt abzuwarten, ob die Erosionen innerhalb der CDU in einigen Kreisverbänden, darunter auch Meißen, nicht dazu führen, „Geschenke“ an diese Kreisverbände zu verteilen mit der Folge, dass Kamenz leer ausgeht und ein vom Freistaat erworbenes Gebäude möglicherweise ohne Nachnutzung verbleibt. Den Preis hierfür hätte der Steuerzahler zu entrichten.

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