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Neukirch: Eine Ära geht nach 
31 Jahren zu Ende

Neukirch: Eine Ära geht nach 
31 Jahren zu Ende

Michael Weiß ist derzeit noch damit beschäftigt, seine Firma abzuwickeln, wozu auch die Beräumung des Lagers gehört.

Michael Weiß hat zum Jahreswechsel sein Bauunternehmen in Neukirch/Lausitz abgemeldet. Vieles ist ihm geglückt – eines zum Schluss aber nicht.

Neukirch/Lausitz. Die Suche war erfolglos und ist jetzt beendet: Michael Weiß hat sich lange darum bemüht, einen Nachfolger für sein Bauunternehmen in Neukirch/Lausitz zu finden. „Doch leider konnte ich niemanden dafür gewinnen, die Firma zu übernehmen, und habe sie deshalb zum Jahresende 2023 abgemeldet“, sagt der langjährige Geschäftsführer der Bauunternehmung Weiß GmbH. Nach 31 Jahren erfolgreicher unternehmerischer Tätigkeit geht damit nicht weniger als eine Ära zu Ende.

Man schrieb das Jahr 1992, als sich Michael Weiß für den Schritt in die Selbstständigkeit entschied. Zum 1. Mai des genannten Jahres gründete er mit einem Angestellten seine Firma. Der Neukircher brachte bereits umfangreiche Erfahrungen in der Baubranche mit: Nach der Ausbildung zum Baufacharbeiter beim Bau- und Montagekombinat Kohle und Energie (BMK) in Bautzen und der Ableistung des Grundwehrdienstes absolvierte er die Meisterausbildung und qualifizierte sich zum Lehrmeister. Elf Jahre lang bildete er beim BMK Lehrlinge aus, viele der heute in der Branche Tätigen in Bautzen und Umgebung gingen damals durch seine Hände. „Nach der Wende wurde die Lehrausbildung im Bauwesen komplett umgekrempelt, und so arbeitete ich in dieser Zeit noch zwei Jahre als Polier bei der OBAG Bautzen“, erinnert sich Michael Weiß. „Damals herrschte eine große Euphorie an der ich teilhaben und etwas bewegen wollte. Deshalb entschied ich mich für die Selbstständigkeit“, blickt er auf diese spannende Zeit zurück.

Die Firma wuchs zunächst stetig, im Jahre 2001 kam es nach der Insolvenz eines großen Neukircher Baubetriebs zu einem Sprung bei der Mitarbeiterzahl, als Michael Weiß sechs der dort Beschäftigten übernahm. Mit 17 Mitarbeitern war der Höhepunkt im Jahre 2008 erreicht. „Danach kam eine Zeit, in der viele meiner Leute altersbedingt in den Ruhestand wechselten, sodass von 2015 bis 2023 nur noch sechs Mitarbeiter in der Firma waren“, berichtet Michael Weiß. Gut im Geschäft war er aber nach wie vor: „Ich habe von Beginn an darauf geachtet, die Firma breit aufzustellen und viele Kompetenzen zu vereinigen. So waren wir im klassischen Einfamilienhausbau ebenso unterwegs wie in der Fassadensanierung, Um- und Ausbau von Bestandsobjekten, im Schornstein- und im Gerüstbau sowie Gewerbe- und Industriebau.“ Wofür die eigenen Kapazitäten nicht ausreichten oder für Spezialaufgaben engagierte Michael Weiß Subunternehmer und kooperierte mit anderen Firmen. 
So traf es ihn auch nicht so hart wie manch anderen Bauunternehmer, als der Boom des Eigenheimbaus abebbte: „Wir haben viel für die öffentliche Hand gebaut, zum Beispiel an den Schulen und Kindergärten in Neukirch/Lausitz und Steinigtwolmsdorf oder für das Landratsamt Bautzen.“ Besonders gern erinnert sich Michael Weiß aber an die vielen und oft anspruchsvollen Aufträge, die er und seine Mitarbeiter für das Neukircher Trumpf-Werk ausführten, an Neubau- und Umbaumaßnahmen in den Neukircher Firmen Käppler&Pausch und EAN sowie an die Mitwirkung an den Bauvorhaben der Reha Salus in Großpostwitz und des Getränkegroßhandels Hubauer in Bautzen. Bis zuletzt schrieb die Bauunternehmung Weiß schwarze Zahlen, „und ich hätte sie gern und guten Gewissens in jüngere Hände gegeben. Doch das hat leider nicht geklappt.“

Denn wie schon geschrieben: Von der Aufbruchstimmung der 90er Jahre ist nicht mehr viel übrig. „Es ist schwer, junge Baufachleute zu finden, die sich auch unternehmerisch betätigen wollen.“ 
Die Bürokratie habe trotz aller gegenteiligen Versprechungen nicht abgenommen. Michael Weiß selbst hat „viel Zeit und Kraft in die Firma investiert und ihr alles andere untergeordnet. Zum Erfolg des Unternehmens hat meine Frau durch Verständnis, Vertrauen und Verantwortung beigetragen und dabei selbst im Schichtdienst in der Altenpflege gearbeitet.“ Sein Dank gilt auch seinen Mitarbeitern, die ihm jahrelang durch Fachkompetenz und Zuverlässigkeit treu zur Seite standen und so den Ruf der Firma mit aufgebaut haben. „Auch meinen Geschäftspartnern, insbesondere Baustoffhändler Wöhlk, Raab Karcher und BayWa, der Kreissparkasse Bautzen, der Volksbank Bautzen und den zahlreichen Ingenieurbüros, mit denen wir vertrauensvoll zusammen gearbeitet haben gilt mein Dank.“
Das „Aus“ zum Jahresende 2023 war nicht langfristig geplant, „es ergab sich aus der Situation heraus. Ich habe meinen Leuten ein Jahr zuvor bekannt gegeben, dass ich aufhören möchte. Ich werde bald 67 und habe diesen Schritt lange vor mir hergeschoben“, sagt Michael Weiß. Von Ruhestand kann allerdings noch keine Rede sein: Derzeit ist er damit beschäftigt, das Unternehmen abzuwickeln, wozu auch die Beräumung des gut bestückten Lagers gehört. 

„Das ist auch immer mit Wehmut verbunden. Wenn ich damit fertig bin, will ich erst mal ein bisschen den Kopf frei bekommen. Doch ich suche mir sicher noch einen Nebenjob, um fit zu bleiben.“ 
Mehr Zeit wird dann aber auch für die gemeinsamen Fahrradtouren und Wanderungen mit seiner Frau bleiben, „denn Urlaub haben wir auch nicht sehr oft gemacht.“ Den „Nachlass“ seiner Firma hat Michael Weiß geordnet und weitgehend veräußert, verbliebene Aufträge an zuverlässige Partnerfirmen abgegeben. Nur mit dem eigenen Nachfolger hat es eben leider nicht geklappt.

Uwe Menschner / 28.01.2024

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