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Oberlausitzer Ostern zwischen Tradition und Wandel

Oberlausitzer Ostern zwischen Tradition und Wandel

Die Osterreiter – hier in Kleinwelka – sind wohl das Sinnbild für die Fülle an Traditionen, die zu Ostern in der Oberlausitz gepflegt werden. Foto: Carmen Schumann

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Die Osternacht ist traditionell geprägt von einer Füller an Symbolen und liturgischen Handlungen. Foto: privat

Dass Ostern in der Oberlausitz mit besonderen Traditionen verbunden ist, weiß ja nun jedes Kind. Aber wie präsent sind eigentlich noch die Inhalte dahinter? Auf Spurensuche in der Region.

Region. Auch dank des passenden Wetters konnte sich die „Osterhauptstadt“ in diesem Jahr gut präsentieren. Die nasse Kälte am Karfreitag, die latente Trübe am Karsamstag und der Sonnenschein am Ostersonntag untermalten sehr treffend das Geschehen der Ostergeschichte. 
Am Karfreitag wird dem Tod Jesu am Kreuz gedacht. Dieser stille Tag wird vom Großteil der Bevölkerung als Tag der Ruhe und der Vorbereitung des Osterfestes genutzt. 

Der Karsamstag gilt dann bei vielen noch mal als die „Ruhe vor dem Sturm“. Am Samstagabend nach Einbruch der Dunkelheit versammeln sich dann bereits die Christen am Osterfeuer, um die Osternacht zu feiern. 
Diese ist in besonderer Weise von einem reichen Brauchtum und einer vielfältigen Symbolik geprägt. Während auf den Berghängen und Wiesen der Region das Osterschießen seinen Höhepunkt erreicht, erklingen in den Dörfern und Städten die ersten Glocken, die seit der Liturgie am Gründonnerstag geschwiegen haben. 

Wegen des Schweigens der Glocken gibt es in einigen katholischen Gemeinden auch die Klapperkinder. Diese ziehen an den stillen Tagen mit Holzklappern durch die Dörfer und erinnern, wie sonst die Glocken, die Menschen an Besinnung und Gebet.
Eine besondere Zwischenzeit ist zum Osterfest die Nacht zwischen Karsamstag und Ostersonntag. Sie ist, wie bereits erwähnt, nicht nur zeitlicher Ort für die Feier der Osternacht, in ihr brennen auch die Osterfeuer, wird das österliche Salut geschossen und das Osterwasser geholt. Gerade auch diese Tradition erfreut sich nicht nur in den sorbischen Dörfern wieder einer gewisser Beliebtheit. 

Auch an den Bachläufen im Oberlandes konnten in den frühen Morgenstunden Mädchen und Frauen gesehen werden, die mit Gefäßen zu den Quellen und Bächen unterwegs waren. 
Am Ostermorgen feiern besonders die evangelischen Gemeinden die Auferstehung. In der Region ziehen am frühen Ostermorgen auch die Bläser der Posaunenchöre durch die Dörfer und spielen an verschiedenen Orten Osterlieder. 
Während auf den Dörfern im Oberland die letzen Schüsse und Bläserklänge verweilen und die Glocken die Menschen vom Osterfrühstück wieder in die Gottesdienste rufen, versammeln sich in Bautzen und den sorbischen Dörfern die Männer zum Osterreiten. Auch in Bautzen bildete sich ein Zug von rund 60 Pferden, um traditionell die Osterbotschaft singend und betend nach Radibor zu tragen. Seien es die Osterreiter rund um Bautzen und in Chrostwitz, die Kreuzreiter in Wittichenau oder die Saatreiter in Ostritz, alle diese Oberlausitzer Formen der Reiterprozession bilden eine lokale Ausformung der Osterprozession, wie sie in allen katholischen Gebieten Brauch ist. So ziehen zum Beispiel auch in Bayern und Österreich nach der Ostermesse die Gläubigen singend und betend durch die Dörfer und verkünden so der ganzen Schöpfung die Erlösung. 

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Kristina Nerad vom Sorbischen Nationalensemble und Heiko Harig als Eierjokel begleiteten das Eierschieben. Foto: Carmen Schumann

Das Osterreiten zieht traditionell besonders viele Gäste an die Prozessionsrouten. In Bautzen säumten ebenso zahlreiche Schaulustige die Wege der Reiter. Viele gingen danach um die Mittagszeit weiter zum Protschenberg, um am Eierschieben teilzunehmen. Dort war es in diesem Jahr besonders voll und es gab auch eine kleine Neuerung: Erstmals kamen Plastikeier zum Einsatz. Bislang wurden immer Bälle den Hang herunter geworfen. Auf Initiative der neuen City-Managerin Annett Scholz-Michalowski konnte für eine bessere Anpassung an den eigentlichen Gedanken des Eierschiebens Frank Tyschler von der Firma Bällebad 24 als Sponsor gewonnen werden, der 1000 Plastik-Eier zur Verfügung stellte. Heiko Harig untermalte auch in diesem Jahr die Veranstaltung, die vom Tourismusverein Bautzen organisiert wird, als „Eierjokel“. 

Der Ostermontag war dann bei vielen Familien dem Osterspaziergang vorbehalten. Auch dieser ist eine Bezugnahme auf einen alten Brauch: den Emmausgang. In Anlehnung auf das Evangelium, welches am Ostermontag in der Kirche gelesen wird und das von dem Gang zweier Jünger nach Emmaus berichtet, dem sich der auferstandene Christus unerkannt anschließt. Seine wohl bekannteste literarische Niederlegung findet dieser Brauch wohl im Osterspaziergang Johann Wolfgang von Goethes. 
Früher waren die die acht Tage nach Ostern, die Osteroktav, geprägt von gutem Essen und und Frohsinn. Man arbeitete nicht so viel, sondern erfreute sich ausgiebig an der Auferstehung des Herrn. In einigen traditionellen Gebieten Ost- und Südeuropas kann man diese Osterfreude noch erleben, in unserer Region könnte man manchmal den Eindruck erhalten, als wäre die österliche Zeit, die bis Pfingsten geht, am Osterdienstag vorbei. 

Fragt man die weltlichen Einrichtungen, so zeigen sich diese zufrieden mit den „Ergebnissen“ von Ostern. Reichlich 50.000 Besucher wurden durch die Oberlausitzer Traditionen allein nach Bautzen gelockt. Mit den Ostermärkten, dem Osterblasen, den Kirchenkonzerten und den umfangreichen Programmen im Deutsch-Sorbischen Volkstheater, im Sorbischen Museum und im Sorbischen Nationalensemble hatten diese reichlich Auswahl und Beschäftigung. Auch Dietmar Stange vom Tourismusverein Bautzen zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden; „Wir hatten in der Stadt eine Vielzahl von Veranstaltungen, die von unterschiedlichen Akteuren organisiert wurden. Alle waren sehr gut besucht. (...) Wir wollen unseren Gästen neben den traditionellen Osterveranstaltungen vor allem eine interessante und liebenswürdige Stadt präsentieren, bei der es sich lohnt, einmal wiederzukommen.“ Auch der Oberbürgermeister, Karsten Vogt, schloss sich dem positiven Fazit an: „ Für mich als Oberbürgermeister dieser Stadt waren es die ersten Osterfeiertage in diesem Amt. Ich bin sehr stolz und dankbar.“ So erfolgreich aus wirtschaftlicher Sicht die Ostertage in Bautzen verliefen, so ausbaufähig bleibt die Praxis des geistlichen Unterbaus. Zwar gehört besonders in den katholischen Gebieten die Teilnahme an den kirchlichen Feiern noch immer für viele zur Selbstverständlichkeit, ein Wegbröckeln von Theorie und Praxis hinsichtlich des Ostergeschehens lässt sich bei der Mehrheit der Bevölkerung aber wohl nicht mehr leugnen. Vielleicht kann sich jeder selber fragen, ob Ostern nur ein „Happening“ im Jahreslauf darstellt oder ob es sich nicht doch lohnt, die Glut unter der Asche des Zeitgeistes wieder freizulegen. 

Benjamin Vogt / 15.04.2023

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Kommentare zum Artikel "Oberlausitzer Ostern zwischen Tradition und Wandel"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Rebisch Matthias schrieb am

    Einen österlichen Gruß und ein großes Dankeschön Herrn Vogt für diesen Artikel.

    Er spricht mir aus der Seele ohne anklagend zu sein. Besinnung und Nachdenken über das größte christliche Fest im Jahreskreis.

    Ein Dankeschön von einem überzeugten Osterreiter

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