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Posthalterei wird günstiger verkauft

Posthalterei wird günstiger verkauft

Die „Alte Posthalterei“ im Herzen von Bautzen: Der ruinöse Bau soll eine Verjüngungskur erfahren und künftig sorbischen Einrichtungen ein Dach überm Kopf bieten. Foto: Archiv

Zwei Jahre nach dem bereits beschlossenen Verkauf von zwei kommunalen Grundstücken an der Goschwitzstraße hat sich der Bautzener Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung erneut mit der Angelegenheit befassen müssen. Inzwischen will die Stadt eine der Immobilien zu einem für die Käuferin günstigeren Preis abstoßen.

Bautzen. Im Fokus steht die „Alte Posthalterei“. Das ruinöse Gebäude samt einem Nachbargrundstück will die Stiftung für das sorbische Volk erwerben, um vor Ort ein Wissensforum zu etablieren. Dort unterkommen soll unter anderem das Sorbische Institut mit seinem Kulturarchiv und der Zentralbibliothek. Allerdings kam der Verkauf bislang nicht zustande. „Wenn überhaupt von Verantwortung im Sinne von Schuld gesprochen werden kann, ist die für Fördergelder zuständige Stelle zu erwähnen“, erklärte auf Nachfrage der Chef der SPD-Stadtratsfraktion, Roland Fleischer. „Die Stiftung für das sorbische Volk hat die Förderung beantragt. Die Zusage dauerte zu lange, sodass ein erneutes Gutachten erstellt werden musste. Eine Unterschrift unter den Vertrag konnte die Stiftung aufgrund der fehlenden Zusage nicht leisten.“ Aufgrund des jetzt vorliegenden Sachverhalts sei die Käuferin nur noch an den geringeren Preis gebunden. Der Sozialdemokrat kommt daher zu dem Schluss: „Wer zahlt schon freiwillig mehr?“

Unterm Strich geht es um 6.000 Euro, die der durch die Corona-Pandemie gebeutelten und mit einer Haushaltskonsolidierung konfrontierten Kommune im Zuge der Verkaufsverhandlungen im Etat fehlen werden. Noch im Jahr 2019 hatte die Posthalterei mit der Hausnummer 9 den Angaben zufolge einen Verkehrswert von etwa 42.000 Euro. Mittlerweile weist das jüngste Gutachten laut Beschlussvorlage noch 36.000 Euro aus. Der Aufschrei einiger Bürgervertreter hat nicht lange auf sich warten lassen. „Schon in der Stadtratssitzung habe ich nachgefragt, ob die Behauptung des Oberbürgermeisters, die rund 40 Millionen Euro schwere Bauinvestition würde höchstwahrscheinlich platzen, wenn der Kaufpreis 6.000 Euro über dem aktuellen Gutachtenwert liegt, überhaupt belegbar ist. Der OB tat so, als ob er fest davon ausginge. Wohl wegen dieser Aussage haben die meisten Stadträte dem Verkauf zum neuen Preis zugestimmt“, zeigte sich FDP-Mann Mike Hauschild im Nachhinein etwas verwundert. 

Er spricht in dem Zusammenhang von einem Treppenwitz, „wenn man ernsthaft davon ausgeht, dass die 6.000 Euro Grundstückspreis bei geplanten 40 Millionen Euro Baukosten irgendetwas Entscheidendes ausmachen würden“. Und mit dieser Ansicht steht er durchaus nicht allein da. Auch der fraktionslose Stadtrat Dirk Lübke tat sich schwer damit, auf das Geld zu verzichten. „Sachlich ist es auch nicht besser“, fuhr indes Mike Hauschild fort. „Wir konnten nun jahrelang keine alternativen Investoren suchen, weil wir ja das Grundstück bereits als verkauft betrachtet haben. Wenn nun erneut Jahre ins Land gehen, bis der Notar den Verkauf besiegelt, wird der Preis sich wieder ändern. Warum der Preis für das Filetgrundstück überhaupt gesunken ist, wo überall die Preise steigen, ist auch nicht zu verstehen.“

Das Rathaus hat dafür eine Erklärung: „Der geringere Verkehrswert zum vorherigen Gutachten begründet sich auf dem gestiegenen Sanierungsrückstau und die damit verbundenen höheren Sanierungs- und Baukosten. Da sich der Kaufpreis verringert hat, wird der Beschluss Nr. 596/2019 aufgehoben.“ 

Das vermag auch der Vorsitzende der AfD-Stadtratsfraktion, Sieghard Albert, nicht so recht nachzuvollziehen. „Die Mehrheit des Finanzausschusses hat sich für den höheren Kaufpreis des ersten Vertrages entschieden“, sagte er unserer Zeitung. „Dies wird auch in der relativ knappen Stadtratsmehrheit für den nun beschlossenen niedrigeren Kaufpreis sichtbar.“ Allerdings gab er ebenso zu bedenken, dass die Nichteinhaltung des Kaufvertrages – Baubeginn innerhalb von zwei Jahren, sonst Rückkauf – nicht durch die Stadt Bautzen verschuldet worden sei. Jedoch zahle sie nun auch die Kosten für zwei Gutachten. „Jetzt kann man nur hoffen, dass der letzte ‚Schandfleck‘ in der Innenstadt von Bautzen durch die Stiftung für das sorbische Volk schnellstmöglich mit einem in das Bautzener Stadtbild passenden Bauwerk beseitigt wird.“

Indes kann Roland Fleischer der aufgekommenen Debatte um den niedrigeren Verkaufspreis nichts Gutes abringen. „Die langatmige Diskussion im Stadtrat war dem Thema nicht angemessen“, meinte er. „Sie war brotlos und barg die Gefahr, einen Keil zwischen die Stiftung des sorbischen Volkes sowie der Stadt zu treiben.“ 

Die Fraktionsvorsitzende der Stadt-CDU, Katja Gerhardi, schob hinterher: „Der Verkaufspreis steht nicht im Vordergrund. Wichtig ist, dass auf dem brachliegenden Gelände etwas passiert. Die 6.000 Euro geringerer Kaufpreis sind verschmerzbar. Immerhin gab es ja wesentlich höhere Einnahmen durch die Parkplätze, die in dieser Zeit durch die Stadt vermietet werden konnten und in der nächsten Zeit auch noch Geld einspielen werden.“ Nicht nur in ihrer Fraktion herrsche Freude darüber, dass auf dem Grundstück rund 44,5 Millionen Euro für das Sorbische Wissenszentrum investiert werden sollen. Es sei bislang das einzige Projekt, das in Bautzen mit Strukturwandel-Fördermitteln umgesetzt werde. „Alle anderen von der Stadt selbst eingereichten Projekte sind durchgefallen. Da wirkt die Diskussion um den niedrigeren Kaufpreis kleingeistig.“ 

Ist der Beschluss anfechtbar?

Am Ende kam es zur Abstimmung: Bei einer Gegenstimme und neun Enthaltungen votierten 13 Stadträte dafür, die Posthalterei für 6.000 Euro weniger zu veräußern. Auch OB Alexander Ahrens hob die Hand – und das obwohl ihm seitens eines Stadtrates schon zuvor Befangenheit nahegelegt wurde, da er Mitglied des Stiftungsrates sei. Daraufhin sah die AfD die Rechtssicherheit des gefassten Beschlusses in Gefahr. Der OB konterte, dass er nicht befangen sei.

Damit erwirbt die Käuferin beide Grundstücke mit der verpflichtenden Auflage der denkmalgerechten Sanierung des Objekts „Alte Posthalterei“. Eine Klausel sichere der Stadt Bautzen das Rückübertragungsrecht im Falle der Nichterfüllung der Auflage, wie aus der Beschlussvorlage hervorgeht. Im Fall des unbebauten Grundstückes würden dem Wert die Anschaffungs- und Herstellungskosten zugrundeliegen. Der Kaufpreis für dieses 250 Quadratmeter große Areal betrage rund 47.000 Euro. 

Roland Fleischer versicherte, dass der Kaufvertrag nunmehr von den Vertragsparteien unterzeichnet werde. 

Wann die Baumaßnahme an der Goschwitzstraße beginnen kann, blieb allerdings zunächst unklar.

Roland Kaiser / 31.07.2021

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