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Tschüss W 50: Weißenberg nimmt Abschied von Kultfeuerwehrauto

Tschüss W 50: Weißenberg nimmt Abschied von Kultfeuerwehrauto

Wird demnächst in den Ruhestand verabschiedet – der W 50 der Weißenberger Kameraden. Für ihn soll nun ein modernes HLF 20 in den Dienst gestellt werden. Foto: privat

Weißenberg. Lange Zeit war um dieses Fahrzeug gerungen worden, am Montag können es die Kameraden der Weißenberger Feuerwehr in Ulm endlich in Empfang nehmen: Auf der Autobahn A 4 sind sie künftig dank eines Hilfeleistungslöschfahrzeuges vom Typ HLF 20 in der Lage, entsprechende Einsätze besser als bislang zu bewältigen. Das ermöglicht die Ausstattung an Bord des Wagens. Dieser verfügt fortan über einen Lichtmast und entsprechende Beleuchtungstechnik. Auf diese Weise werde bei Dunkelheit eine optimale Ausleuchtung der jeweiligen Einsatzstelle erreicht, weiß Stadtwehrleiter René Lips zu berichten. Die Sicherheit der Kameraden steige dadurch.

„Außerdem befinden sich auf dem Fahrzeug Gerätschaften für die technische Hilfe bei Unfällen und für die Brandbekämpfung sowie ein Löschwassertank mit einem Fassungsvermögen von 2.000 Litern“, fügt er hinzu. Und noch etwas freut ihn. Im Vergleich zu früheren Zeiten lässt in einem Schwung eine komplette Löschgruppe bestehend aus neun Floriansjüngern zum Einsatzort befördern. Mit dem W 50, einem Modell aus DDR-Zeiten, das jetzt ausgemustert werden soll, war dies nicht möglich. Darin hätten lediglich sechs Frauen und Männer Platz nehmen können. „Somit ist das HLF 20 sehr vielseitig einsetzbar und erleichtert die Arbeit der Kameradinnen und Kameraden in Zukunft“, meint René Lips. 

„Wir hatten im vergangenen Frühjahr den Zuwendungsbescheid erhalten“, erinnert sich Bürgermeister Jürgen Arlt, der am 12. Juni bei der Wahl zum neuen Stadtoberhaupt als unabhängiger Kandidat noch einmal antritt. Auch für ihn ist die jüngste Anschaffung ein Glücksfall. Dafür hatte er sich in seiner ersten Amtszeit besonders stark gemacht, um gleichzeitig auf die mitunter schlechten Arbeitszustände der Feuerwehrleute hinzuweisen. Nach monatelangem eindringlichem Nachfragen habe das Innenministerium nun zusätzliche Fördermittel bereitgestellt, um unter die lang umkämpfte Investition einen Haken machen zu können. Immerhin übernimmt der Freistaat etwa 90 Prozent der Gesamtkosten. Und die liegen den Angaben des Stadtoberhauptes zufolge bei rund 350.000 Euro. Alleine hätte die Kommune das niemals schultern können, meint Jürgen Arlt. Die Floriansjünger müssten über die Kreisgrenze hinaus auf einem größeren Abschnitt der Bundesautobahn die Einsatzbereitschaft gewährleisten. Für den Fall käme nun das vorkonfigurierte Serienfahrzeug gerade recht. 

Doch was geschieht mit dem bereits erwähnten DDR-Modell W 50? „Für das erwärmt sich ein Privatmann aus der Stadt, der der Feuerwehr wohlgesonnen ist“, erklärt René Lips. „Er würde das Fahrzeug gern käuflich erwerben. Der Erlös soll wiederum für neue Gerätschaften der Feuerwehr verwendet werden.“ Zudem könne sich der potenzielle Käufer vorstellen, den rot-weißlackierten W 50 einem Feuerwehrmuseum beziehungsweise einem Feuerwehrverein zur Verfügung zu stellen. Seit 1989 ist er nun schon im Einsatz. 

Zunächst verrichtete der Speziallaster seinen Dienst in der Landeshauptstadt. 2010 wechselte das Fahrzeug seinen Standort und kam in die östlichste Kommune des Landkreises. „Einige Kameraden können es noch steuern“, sagt der Stadtwehrleiter. Allerdings würden auch sie um Schulungen zum Umgang mit ihm nicht herumkommen. „Für junge Kameraden, die den Lkw-Führerschein erworben haben, ist die alte Technik natürlich schwieriger zu bedienen.“ Wer annimmt, dass die Wartung eines solch betagten Autos, das auch noch aus einer anderen gesellschaftlichen Epoche stammt, ein Problem darstellt, den kann der oberste Floriansjünger von Weißenberg beruhigen. „Solange es noch Monteure gibt, die sich mit der alten Technik auskennen, ist alles recht gut händelbar.“ 

Auch René Lips, der den Untergang der DDR als Jugendlicher mitbekommen hat, machte seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem Kult-Lkw des damaligen Arbeiter- und Bauernstaates. „Die Motorisierung ist beim W 50 etwas schwach, vor allem wenn man in Weißenberg den Berg in der Stadt hochfahren muss.“ Auch angesichts dieser kleinen Schwäche sei das Fahrzeug immer erst in zweiter Reihe zum Einsatz ausgerückt, jedoch stets angekommen. Als Vorteil habe sich dabei der vergleichsweise große Löschtank erwiesen. Dieser könne bis zu 2.500 Liter Wasser fassen. 

Nun aber beginnt ein neues Zeitalter bei den Weißenberger Kameraden. Mit dem HLF 20 stellt sich laut dem Stadtwehrleiter für den Chauffeur und die an Bord befindliche Mannschaft zugleich ein besserer Fahrkomfort ein. Zum Beispiel finden die Feuerwehrleute fortan Sicherheitsgurte im neuen Fahrzeug vor. Im W 50 hätten sie diese nicht anlegen können. 

Größere Investition in Wurschen angedacht

Die einen haben einen sehnlichen Wunsch erfüllt bekommen, nur wenige Kilometer weiter im Ortsteil Wurschen heißt es weiterhin Daumen drücken. Dort fiebern die Kameraden dem Umbau eines seit etwa zwölf Jahren ungenutzten Lebensmittelmarktes hin zu einem Feuerwehrgerätehaus entgegen, das den Ansprüchen der heutigen Zeit gerecht wird. Auf diese Baumaßnahme wollen sie die Bewohner an diesem Samstag ab 17.00 Uhr während eines „Angrillens am neuen Feuerwehrdepot“ einstimmen. Die Bestandsimmobilie an der Rodewitzer Straße soll mit noch zu errichtenden Fahrzeuggaragen und Umkleiden komplettiert werden. Hier finden einmal die Floriansjünger aus dem Dorf und aus dem benachbarten Drehsa eine gemeinsame Wirkungsstätte vor. 

„Wir hoffen, dass wir im dritten Anlauf Fördermittel für dieses Vorhaben erhalten“, betont Stadtoberhaupt Jürgen Arlt. Ihm zufolge ist der künftige Standort ideal für beide Wehren. Die Kosten für die Baumaßnahme schätzt er auf 650.000 Euro. Was im Gegenzug mit dem Spritzenhäusl in Drehsa passiert, wenn es leergezogen wird, stehe indes noch nicht fest. Eventuell lasse es sich für die Arbeit der Jugendfeuerwehr oder anderer Vereine nutzen. 

Roland Kaiser / 27.03.2022

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