Direkt zum Inhalt springen
Info & Kommentare

Webschule erwacht zu neuem Leben

Webschule erwacht zu neuem Leben

Ein Teil der benötigten Ausstattung ist bereits vorhanden – Christine Hauptmann richtet hier einen der Webstühle ein. Foto: Uwe Menschner

Alternativer Text Infobild

Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker freut sich, das Kreativwerkstattkonzept endlich verwirklichen zu können. Foto: UM

In dem markanten Gebäude am Ortsausgang in Richtung Waltersdorf soll die textile Tradition Großschönaus weiterleben. Das Konzept steht – derzeit hakt es aber noch woanders.

Großschönau. Wenn man Großschönau in Richtung Waltersdorf verlässt, fällt kurz hinter dem Bahnübergang ein markantes Gebäude mit großen Fenstern ins Auge. An der Fassade macht ein Banner darauf aufmerksam, dass hier eine Textile Kreativwerkstatt entstehen soll. Der Großschönauer Bürgermeister Frank Peuker erklärt, was es damit auf sich hat: „Hier befindet sich die Oberlausitzer Webschule. Ihre Baugeschichte geht bis in das Jahr 1870 zurück. Damals haben Großschönauer Unternehmer diese Schule gemeinsam für die Lehrausbildung aufgebaut, um Fachpersonal für ihre Firmen zu gewinnen.“

Ein sehr frühes Beispiel der Kooperation von eigentlich miteinander konkurrierenden Unternehmen, die in der heutigen Zeit eine Entsprechung (unter anderem) im Bautzener Polysax findet, wo Firmen der Kunststoffbranche gemeinsam ihren Nachwuchs ausbilden. Die Geschichte der Oberlausitzer Webschule endete allerdings in den Dreißigerjahren. In der DDR erfolgte eine schulische Nutzung als Gymnasium und als Polytechnische Oberschule, seit 1995 steht die frühere Oberlausitzer Webschule leer.

Doch das soll nicht mehr lange so bleiben. Den Anstoß für die Überlegungen zur Wiederbelebung gab 2015 ein Aufruf des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, in dem kleine Städte in peripherer Lage aufgefordert wurden, sich Gedanken über ihre Entwicklung zu machen. „Als Schwerpunkte kristallisierten sich im Zuge der Bürgerbeteiligung der Bahnhof und die Webschule heraus“, blickt Frank Peuker zurück. Mit fachlicher Begleitung durch die Hochschule Neubrandenburg entwickelte Großschönau ein Konzept, wie das über Jahrhunderte prägende Thema „Textil“ mit neuem Leben erfüllt werden kann – herauskam die „Textile Kreativwerkstatt.“ „Wir wollen damit ’zurück zu den Wurzeln’ und gleichzeitig gemeinsam mit den hier ansässigen Unternehmen Frottana und Damino die Textiltradition in Großschönau weiterentwickeln“, berichtet der Bürgermeister.

Doch auch touristische Angebote sollen in die Textile Kreativwerkstatt integriert werden. Als Vorbild dient den Großschönauern ein ähnlich angelegtes Projekt im österreichischen Mühlviertel: „Eine Exkursion mit 30 Interessierten zeigte uns, was für ein hohes Niveau dort bereits erreicht wurde und was vielleicht auch bei uns möglich ist“, betont Frank Peuker.
Derzeit befindet sich das Projekt allerdings noch in einem sehr frühen Stadium. In der Oberlausitzer Webschule fanden bereits Workshops in verschiedenen Webtechniken sowie Kleinkunst-Veranstaltungen statt. Die Grundlage für die Ausarbeitung des Konzeptes bildete der Gewinn des mit 450.000 Euro dotierten Hauptpreises im Wettbewerbs Simul+ 2019. Auch das Jahr der Industriekultur 2020 nutzten die Großschönauer – soweit das die Corona-Bedingungen ermöglichten – um die Idee weiterzuentwickeln, neue Partner zu finden und ein Netzwerk aufzubauen. 

Eine der Ideen besteht darin, wieder textile Lehrausbildung in Großschönau zu ermöglichen – derzeit müssen die Lehrlinge 300 Kilometer bis zu ihrer Berufsschule fahren. Die für 2021 geplante „Summer School“ der Universität Osnabrück musste ebenso wie ein Besuch der Österreicher aus den bekannten Gründen abgesagt werden. „Unsere Arbeit kam vorübergehend zum Stillstand, denn das Konzept beruht auf Austausch“, fasst Frank Peuker die letzten beiden Jahre zusammen. Umso mehr freut er sich darauf, 2022 die Textile Kreativwerkstatt wieder voranbringen zu können – inhaltlich wie auch baulich: „Im Zuge des Braunkohle-Strukturwandels wurde uns ein erster Bauabschnitt vom regionalen Begleitausschuss bestätigt, der die Ertüchtigung des Aula-Baus beinhaltet“, so Frank Peuker. Im Erdgeschoss entsteht ein Seminarraum, die dann barrierefrei erschlossene Aula soll als Multifunktionsraum für bis zu 120 Besucher dienen. Allerdings wartet die Gemeinde noch auf die endgültige Freigabe der Mittel durch die Sächsische Aufbaubank: „Das Verfahren ist keineswegs so einfach und zügig, wie man es uns versprochen hat. Wir bleiben trotzdem guter Dinge“, blickt der Großschönauer Bürgermeister optimistisch in die Zukunft.

Uwe Menschner / 20.02.2022

Was sagen Sie zu dem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung

Die Mail-Adresse wird nur für Rückfragen verwendet und spätestens nach 14 Tagen gelöscht.

Mit dem Absenden Ihres Kommentars willigen Sie ein, dass der angegebene Name, Ihre Email-Adresse und die IP-Adresse, die Ihrem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, von uns im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert werden. Die Email-Adresse und die IP-Adresse werden natürlich nicht veröffentlicht oder weiter gegeben. Weitere Informationen zum Datenschutz bei alles-lausitz.de finden Sie hier. Bitte lesen Sie unsere Netiquette.

Weitere aktuelle Artikel