360-Grad-Sicht auf Schlesien

Margot Kempgen von der Evangelischen Kulturstiftung Görlitz führte das Fernsehteam zum Grab Jacob Böhmes auf dem Nicolai-friedhof. Foto: Klaudia Kandzia
Region. Dieser Tage hat das Öffentlich Rechtliche Fernsehprogramm aus Polen in Görlitz für gleich drei Beiträge in der Stadt gedreht. Diese behandeln eine Nachtwächterführung, polnische katholische und evangelische Gottesdienste in Görlitz sowie Jacob Böhme. Sie werden im Rahmen des deutschsprachigen Sendefensters bei „TV Opole“, dem Sender der oberschlesischen Woiwodschaft Opplen (Opole) zu sehen sein und richten sich vorrangig an die dort nicht vertriebenen Schlesier, die etwa ein Viertel der Bevölkerung der Woiwodschaft ausmachen. Durch Zweisprachigkeit des „Schlesien Journal“ wird die Sendung gänzlich auch in der jeweils anderen Sprache untertitelt. Die Beiträge werden auch auf Youtube unter „Schlesien Journal“ und/oder „VdG Media“ nach Ausstrahlung zu finden sein. Die Beiträge sollen daneben auch von den Woiwodschaftssendeanstalten in Kattowitz, Breslau sowie für Ermland-Masuren in Allenstein (Olsztyn) gezeigt werden.
Auch bei Youtube zu sehen
Grenzüberschreitende Einblicke in den schlesischen Alltag bietet beidseitig auch ein Film, der zuletzt mit finanzieller Unterstützung des Patenlandes der Woiwodschaft Niederschlesien – nämlich Niedersachsen – entstanden ist. Der ZDF- und WDR-Journalist Marius Reichert hatte dabei jedoch nicht für einen der beiden genannten Kanäle gedreht, sondern für die Landsmannschaft Schlesien. Herausgekommen ist der Film „360 Grad Schlesien – ein Land, das verbindet“. Drei Tage lang war der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Stephan Rauhut, mit dem Bundesjugendbeauftragten Tobias Schulz an verschiedenen Drehorten ebenfalls in Görlitz und im übrigen „großen“ Schlesien in Polen unterwegs. Entstanden ist ein Dokumentarfilm über die Landsmannschaft und über Schlesien gestern und heute. Die Projektleitung hatte Dietmar Schulmeister.
Kulissen boten eben die Altstadt von Görlitz, Schloss Lomnitz (Lomnica), die Friedenskirche in Jauer (Jawor) und auch der Ring in Breslau. Junge Menschen in Breslau, die Schlossherrin Elisabeth von Küster oder der Chefredakteur desdeutschsprachigen „Wochenblattes“ Rudolf Urban erzählen über ihre Begeisterung für Schlesien.
Waltraud Simon aus Görlitz geht besonders ans Herz
Die Direktorin des Schlesischen Museums zu Görlitz, Dr. Angieszka Gasior, kommt ebenso zu Wort wie Bäcker Tschiersch und seine Schlesienbezüge aus Klein-Neundorf. In Liegnitz organisierte Damian Stefaniak, Enkel des mittlerweile verstorbenen und in der Stadt legendären Vorsitzenden der dortigen Deutschen, Jürgen Gretschel, einen Auftritt der Kindertanzgruppen mit schlesischen Trachten.
Auch Ministerpräsident Michael Kretschmer und der Landesbeauftragte für Vertriebene und Spätaussiedler Dr. Jens Baumann erzählen vor der Kamera, was ihnen Schlesien bedeutet und welche Aufgaben die Landsmannschaft Schlesien in der Zukunft hat.
Einen besonders ans Herz gehenden Zeitzeugenbericht von Flucht, Vertreibung und Neuanfang gibt die in Görlitz lebende Vorsitzende der Erika-Simon-Stiftung, Waltraud Simon.
Stephan Rauhut beschreibt die entstandene Filmproduktion wie folgt: „Geschichten und Geschichte erzählen mit Bildern – das kann ein Film am besten. Jung und Alt zeigen, welch lebendige Kultur es heute in Schlesien noch gibt, aber auch welche Traditionen heute noch gelebt werden in der Bundesrepublik Deutschland – das ist eines der Hauptanliegen des Films ’360 Grad Schlesien’.“
Staub der Historie ablegen
Für viele jüngere Menschen könne der Film einen Neueinstieg am Anfang des Kennenlernens und Wiederentdeckens der Heimat ihrer Vorfahren sein. „Für manche älteren Menschen ohne schlesische Wurzeln ist es die Möglichkeit, eigene Vorurteile über eine vermeintlich verstaubte Vergangenheit Schlesiens abzulegen und zu sehen: Der Untergang dieser reichen deutsch-europäischen Kulturlandschaft wurde abgesagt. Schlesien ist lebendig! Es bleibt in unserer Verantwortung, das schlesisch-deutsche Kulturerbe zu pflegen und weiterzuentwickeln“, so Rauhut.
Die Landsmannschaft Schlesien zeige mit dem Film auch, dass sie weiter das verbindende Glied zwischen den Vertriebenen und deren Nachkommen im Westen sowie den Heimatverbliebenen und „Neu-Schlesiern“ in Schlesien sei. Der Film kann als DVD zum Preis von 20 Euro zuzüglich Versand über die Bundesgeschäftsstelle der Landsmannschaft Schlesien in der Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter, Telefon: (02244) 92590, E-Mail: nachrichten@schlesien-lm.de bestellt werden.