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Stahlkorsett fällt: Rathausturm ist wieder schick

Stahlkorsett fällt: Rathausturm ist wieder schick

Jobst Jaekel vom Hoch- und Tiefbauamt auf dem Hängegerüst am Rathausturm: Er begutachtet die an der Balustrade 
durchgeführten Steinmetzarbeiten. Fotos: RK

Bautzen. Wie Jobst Jaekel vom städtischen Hoch- und Tiefbauamt muss man schon schwindelfrei sein. Für ihn und mehrere seiner Kollegen aus der Verwaltung ging es am Mittwochvormittag in luftige Höhen. Der Koordinator für die jüngsten Sanierungsarbeiten am Rathausturm erklärte 43 Meter überm Erdboden im Detail, was seit Anfang März hoch droben realisiert wurde. Und immer wieder zeigt er sich erstaunt darüber, welchem Nervenkitzel Gerüstbauer mitunter ausgesetzt sind.

An die von einem Experten aus Sebnitz statisch exakt berechnete Auf- und Abstiegskonstruktion entlang der Turmfassade schließt sich ein spezielles Gerüst an, das quasi an Stahlträgern hängt, die mit dem Turmbauwerk verbunden sind. Genau auf solch einem hatte er einen Mitarbeiter der beauftragten Gerüstbaufirma zu Beginn der Baumaßnahme beobachten können, als er dort einen Teil der hängenden Konstruktion anbrachte. Das verlangte ihm schon einen gewissen Respekt ab, wie er bei der Führung einräumte.

„An Höhen gewöhnt man sich“, weiß der 53-Jährige inzwischen aus eigener Erfahrung. „Trotzdem Hut ab vor denen, die ihre Arbeit in dem Metier verrichten.“ Auf der so errichteten Plattform, die sich durch eine Traglast von 400 Kilogramm je Quadratmeter auszeichnet und die nach unten mit stabilen Bodenbelägen und auch zu den Seiten hin gegen einen möglichen Absturz gesichert worden ist, ließ sich schließlich die von einem aus Demitz-Thumitz stammenden Steinmetz ausgeführte Sanierungsmaßnahme realisieren. Ein Teil der Balustrade und des Wasserspeiers bedurften einer dringenden Verjüngungskur.

„Am östlichen Wasserspeier bestehen Korrosionsschäden, an der östlichen Balustrade Witterungsschäden“, teilte schon Anfang März die Stadtverwaltung in einer von ihr veröffentlichten Medieninformation mit. „Diese sollen durch Sanierungsarbeiten behoben werden. Dafür werden restauratorische Steinmetzarbeiten durchgeführt. Das bedeutet, dass für die Arbeiten ein gelblicher, mittelkörniger, heimischer Granit verwendet wird, sodass sich die Neubauarbeiten denkmalgerecht in den Bestand einfügen.“ „Wir haben aus dem Grund eine solch hohe Traglast für das Hängegerüst gewählt, weil zunächst unklar war, ob wir einen Teil der Balustrade abnehmen und auf dem Boden ablegen müssen“, erklärte Jobst Jaekel.

Gerüst verschwindet – neues Projekt in der Planung

Inzwischen hat der Handwerker aus dem Bautzener Umland seinen Job erledigt, das Gerüst sollte ab Donnerstag in Etappen fallen. Ein weiteres Mal sind dann die Spezialkräfte aus Meißen gefordert, die mit dessen Auf- und Abbau seit Langem vertraut sind. Das hat auch seinen Preis. Rund 63.000 Euro muss die Kommune für diese besondere Dienstleistung berappen, bei einer Gesamtinvestition von etwa 80.000 Euro.

Dafür ist sie eine Sorge weniger. Denn das, was sich zu Beginn der 90er Jahre zugetragen haben soll, darf sich keinesfalls wiederholen, dachten sich die Stadtväter. Damals war Überlieferungen zufolge ein Teil des Speiers, der auch schon einmal aufgrund des verwendeten Granitgesteins gut und gern bis zu 30 Kilo auf die Waage bringen kann, in die Tiefe gestürzt. Auf seinem Weg hatte er das Dach der Verwaltung durchschlagen. Schließlich landete das Bruchstück auf dem Schreibtisch eines hochrangigen Mitarbeiters. Der Zahn der Zeit hatte offenbar an dem Gestein genagt. Oben am Rathausturm wehen mitunter kräftige Winde und die Niederschläge tun ihr übriges.

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Am Mittwoch war rein gar nichts davon zu spüren. Dem Betrachter bot sich ein beeindruckender Blick auf Bautzen und die weite Umgebung mit ihren Berggipfeln im Süden. Zum letzten Mal, denn nach dreimonatiger Bauzeit verschwindet das Gerüst nun wieder. „Aufgrund der zu geringen Höhe der Balustrade, die wir aufgrund denkmalschützerischer Belange nicht aufstocken dürfen, müssen wir den Rathausturm weiterhin für Besucher geschlossen halten“, bedauert indes der Mann vom Hoch- und Tiefbauamt. „Dabei hat man besonders hier oben die schönste Sicht auf alles.“

Wie der Stadtmitarbeiter kurz in dem Zuge anklingen ließ, feilt die Verwaltung bereits am nächsten Projekt. Die Wasserkunst hat sie dabei im Fokus. Das geschichtsträchtige Bauwerk soll für Touristen attraktiver gemacht werden. Dies gehe aber nur, wenn vor Ort das Taubenproblem ein Ende findet. „Alle möglichen Leute vergrämen die Vögel. Irgendwann haben sie sich dort verstärkt niedergelassen und sorgen aufgrund ihrer Ausscheidungen für Schäden, die wir im Zuge der Maßnahme beseitigen wollen.“ Wann das frühestens geschehen kann, ließ er allerdings offen. Angedacht sei, noch im Laufe dieses Jahres dafür den Startschuss zu geben. Am Reichenturm habe sich hingegen gezeigt, dass Tauben diesen inzwischen weitgehend meiden. Das hänge offenbar mit dem Einsatz von Bleilegierungen zusammen, die aufgrund ihrer glatten Oberfläche dafür sorgen, dass die Vögel keinen Halt finden. Zudem würden sie kalte Füße bekommen, vermutete der Fachmann. Und das mag bekanntlich niemand. Nicht einmal die gefiederten Freunde.

Roland Kaiser / 05.06.2021

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