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Bismarck bleibt dem Czorneboh fern

Bismarck bleibt dem Czorneboh fern

Hoch droben auf dem Czorneboh thront ein 23 Meter hoher Aussichtsturm. Auf dem Weg zu ihm grüßte bis zu deren Abriss in den 50er Jahren eine Bismarck-Statue die Gäste. Ihr angestrebter Wiederaufbau ist im Bautzener Stadtrat nun gescheitert. Foto: Archiv

Bautzen. Auf dem Czorneboh soll es nun doch kein Bismarck-Denkmal geben. Der Stadtrat hob in seiner Sitzung am Mittwoch einen entsprechenden Beschluss des Hauptausschusses mehrheitlich auf. Eingebracht wurde der Antrag von der Linkspartei und den Bündnisgrünen. Zwölf Bürgervertreter stimmten für diesen, neun dagegen, drei enthielten sich.

Wie aus dem Papier hervorgeht, sind „nach Kenntnis der Stadtverwaltung noch keine vollziehenden Schritte eingeleitet worden“. Vielmehr habe der Hauptausschuss lediglich einen Grundsatzbeschluss gefasst gehabt, dem eine Reihe von Maßnahmen folgen sollte. Dazu zählte unter anderem, eine Nachbildung des in den 50er Jahren vom Czorneboh verschwundenen Monumentes auf den noch vorhandenen Sockel zu heben.

Linkspartei und Sorbenvertreter erleichtert über Stadtratsbeschluss - AfD übt Kritik

„Die Entscheidung des Stadtrates, den Beschluss zur Aufstellung eines Bismarck-Denkmals auf dem Czorneboh zu kippen, begrüße ich ausdrücklich“, sagte die Bautzener Bundestagsabgeordnete der Linken, Caren Lay. „Dass es überhaupt erst zum Showdown im Stadtrat kommen musste, ist eine der weiteren Fehlleistungen von OB Ahrens in seiner Amtszeit. Diese Debatte hätte schon viel früher seitens der Stadt in eine andere Richtung geführt werden müssen“.

Neben den Linken und Grünen waren nach der Entscheidung im Hauptausschuss, Anfang Oktober, auch Vertreter der sorbischen Minderheit auf die Barrikaden gegangen. „Bismarck war ein Feind der Menschenrechte, wie sie inzwischen Maßstab für die Gesellschaft sind”, begründete Domowina-Chef Dawid Statnik seinen Protest. Die Kritik der Wissenschaftler des Sorbischen Instituts sei berechtigt. Sie hatten als erste die Entscheidungsfindung im Hauptausschuss hinterfragt. Hingegen stößt die jüngste Entscheidung des Stadtrates in den Reihen des Dachverbandes der sorbischen Vereine auf Wohlwollen: „Bautzen hat damit im Diskussionsprozess seit der befremdlichen Entscheidung des Hauptausschusses ein schönes Beispiel für lebendige Demokratie gegeben und zugleich das deutsch-sorbische Miteinander gestärkt.“

„Die Folgen einer anderslautenden Entscheidung heute, wie die weitere Spaltung der Stadtgesellschaft und einen weiteren Imageverlust, wären für Bautzen fatal gewesen“, erklärte unter-dessen Caren Lay mit Blick auf die Stadtratssitzung am Mittwoch. Und sie fügte hinzu: „Ein Oberbürgermeister mit einem klaren Kompass hätte diese Debatte bereits im Hauptausschuss in ganz andere Bahnen zu lenken gesucht.“

Bundestagskollege Karsten Hilse von der Alternative für Deutschland (AfD) meldete sich am Tag nach der Stadtratssitzung ebenfalls zu Wort. „Neben Stadträten der SPD, der Grünen und Linken haben sich auch die der CDU und FDP auf die Seite der Kommunisten geschlagen, die mit der Zerstörung des Denkmals für den Reichsgründer und Vater des modernen Sozialstaates, Otto von Bismarck, in den 1950er Jahren versuchten, deutsche
Geschichte zu tilgen“, machte er seinem Ärger über die Rolle rückwärts Luft. 

Verein macht sich für Wiedererrichtung von Bismarck-Denkmal stark

Zurückgeht die Debatte in der Spreestadt auf eine Initiative der „Bautzener Liedertafel“, die dem AfD-Umfeld zugeordnet wird. Der gemeinnützige Verein für Liedgut- und Heimatpflege hatte angeregt, das Denkmal nach historischem Vorbild an seinem einstigen Standort aufzustellen. Ursprünglich erfolgte unter Oberbürgermeister Dr. Johannes Kaeubler nach einer Geldsammlung im August 1904 die Einweihung. Noch heute zeugt der Sockel am Treppenaufgang zum Turm von der Existenz des Monuments. „Ungeachtet der politischen Bewertung des Gedächtnisses an den Reichskanzler heute, ist seine Rolle als preußischer Ministerpräsident und Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes bei der Schaffung der fortschrittlichen Verfassung des Bundes von 1867 wesentlich“, hieß es zur Begründung in der Vorlage, die Anfang Oktober den Mitgliedern des Hauptausschusses zur Beschlussfassung unterbreitet wurde. Zudem sollte die Würdigung des Bildhauers Anton Schwarz wachgehalten werden, der das Denkmal einst schuf. 

Roland Kaiser / 26.11.2021

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