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Der Herr Oberbürgermeister bittet Ratsherren zu Tisch!

Der Herr Oberbürgermeister bittet Ratsherren zu Tisch!

So könnte die Sitzordnung künftig aussehen. Der grüne Punkt markiert die Saalmitte. Foto: Stadt Görlitz

Görlitz. Schon vor 30 Jahren machte im Osten Deutschlands der Runde Tisch, der eigentlich eckig war, Furore. In Zeiten gesellschaftlicher Verwerfungen hatte der Blick der Beteiligten Auge in Auge großen Einfluss auf die Wertschätzung des Gegenübers und eine Diskussionskultur in gegenseitiger Achtung. Nun könnte das Modell zumindest in Görlitz eine Renaissance erleben.
Oberbürgermeister Octavian Ursu hat den Fraktionen im Stadtrat in der Sitzung am 26. September eine neue Sitzordnung vorgeschlagen. Oberbürgermeister, Bürgermeister und Stadträte würden dann ab der nächsten Stadtratssitzung am 7. November in Carré-Form auf gleicher Ebene sitzen. Zuschauer, Verwaltung und Presse würden auf dem Podium des Großen Sitzungssaales im Rathaus Platz nehmen.
In einer Pressemitteilung lässt das Stadtoberhaupt wissen: „Mit der neuen Sitzordnung möchte ich im Saal eine andere Arbeitsatmosphäre schaffen, bei der Sachthemen und das direkte Gespräch dazu im Mittelpunkt stehen. Wir würden zunächst gern mit einigen technischen Provisorien ausprobieren, wie die neue Sitzordnung funktioniert und ggf. mittelfristig notwendige ergänzende Technik anschaffen.“

Gegenüber dem Niederschlesischen Kurier ergänzt Ursu: „Eine solche Sitzordnung hätte den Vorteil, dass niemand in der zweiten, dritten oder vierten Reihe Platz nehmen müsste“ und er selbst müsste nicht über den Rest erhoben sitzen, betont er fast mit einem fast verlegenen Ton. Wer die Sitzung am 26. September im Rathaussaal oder als Internetstream verfolgen konnte, der musste feststellen, dass der neue Dirigent seinen Rat auch so fest im Griff hatte. Oder, aufgrund seiner Art Zügel gar nicht erst anspannen musste. Letztlich schwang bei manchem angesichts der neuen Konstellation im Stadtrat Unbehagen mit, ob hier nicht eine Bühne für den ganz großen gesellschaftlichen Disput entstehen könnte. Ursu versichert, dass er an eine disziplinierende Wirkung und eine Reminiszenz an den Runden Tisch gar nicht gedacht habe. „Vielleicht brauchen wir das ja eines Tages“, sagt er mit diesem Gedanken konfrontiert auch eher spaßig.

Der neue Görlitzer Stadtrat hat sich zudem auch seine Geschäftsordnung gegeben. Ursu hatte auch hierzu einen Vorschlag vorgelegt, bei dem es schwerpunktmäßig zwei Neuerungen gibt. Zum einen wird, in der Regel einen Tag nach dem Versand der vorbereitenden Unterlagen an die Stadträte, die die Unterlagen sieben Tage vor der Sitzung erhalten, die Öffentlichkeit über die Themen und Vorlagen der Stadtratssitzung informiert. Bisher erfolgte die Veröffentlichung der Tagesordnung für die Öffentlichkeit erst drei Tage vor der Sitzung und die Information über die Vorlagen direkt am Tag der Stadtratssitzung. Außerdem haben sowohl die Stadträte als auch die übrigen Bürger ab sofort in jeder Stadtratssitzung für jeweils 30 Minuten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Bisher gab es zwei Mal im Jahr Einwohnerfragestunden.
Kurzum: Der Start in den neuen Stadtrat ist geglückt und stilistisch hat das neue Stadtoberhaupt mit ausgleichender Ruhe und dem Bemühen um mehr Transparenz schon jetzt gepunktet.

Till Scholtz-Knobloch / 07.10.2019

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