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Der Landrat stellt sich vor die Erfurter Kollegen

Der Landrat stellt sich vor die Erfurter Kollegen

Der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu (links) nutze seinen Berlinbesuch, um den neuen Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, zu treffen. Foto: Stadt Görlitz

Bautzen/Görlitz/Berlin. Der geschäftsführende Vorstand des CDU-Kreisverbandes Bautzen hatte sich letzte Woche mit der entstandenen politischen Situation im Nachgang der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen befasst. Es wurde im Ergebnis vom Kreisvorsitzenden, dem Bautzener Landrat Michael Harig, festgestellt, „dass die Gesamtheit der Reaktionen aller Beteiligten, einschließlich der überregionalen Medien, nicht geeignet ist, der Polarisierung in der Gesellschaft entgegenzu-wirken.“

Ausgangspunkt, so Harig, sei die Entscheidung der Thüringer Wähler vom 27. Oktober 2019 gewesen, bei der die bisherige Koalition ihre Mehrheit verloren habe. „Im Zusammenhang mit vor und nach der Wahl formulierten Ausschlussgründen verschiedener Koalitionsvarianten wurde deutlich, dass weder ein Linksbündnis aus Rot-Rot-Grün, noch ein bürgerliches Bündnis aus CDU, FDP und Grünen über eine eigene Mehrheit verfügen kann. Um eine Minderheitsregierung bilden zu können, wäre es erforderlich gewesen, im Vorfeld verbindliche Gespräche zu führen. In diesen Gesprächen hätten inhaltliche Fragen aufgeworfen werden müssen, deren Beantwortung und vertragliche Absicherung im Sinne einer positiven Landesentwicklung belastbar geregelt werden können.“

Offensichtlich sei es dem bisherigen Ministerpräsidenten nicht gelungen, solches zu tun und das entsprechende Vertrauen herzustellen. „Vor diesem Hintergrund wurde die entstandene Situation provoziert, wobei die bundesweiten Reaktionen in Politik und Medien unverhältnismäßig erscheinen und die eigentlichen Ursachen ausblendet. Unabhängig persönlicher Bewertungen des in Rede stehenden Vorganges betrachten wir es in demokratisch gewählten Gremien für zwingend erforderlich, dass mit Mehrheiten zu Stande gekommene Entscheidungen zu akzeptieren sind.“ Es gehe um eine gute Zukunft und die Bewältigung der großen Herausforderungen auf nationaler, europäischer und globaler Ebene.

Mit der Einschätzung aus dem Nachbarkreis konfrontiert, bat der Oberlausitzer Kurier den Görlitzer CDU-Kreisvorsitzenden Florian Oest um eine Einschätzung, wie man hier auch in der Zukunft häufig eintreten könnende Pattsituationen angesichts des Stimmenumfangs der AfD bewerte. Oest teilte daraufhin mit: „Wir als Union haben eine klare Haltung zur deutschen Geschichte und unsere Politik ist geprägt vom christlichen Menschenbild. Mit pragmatischer Politik möchten wir dafür sorgen, dass es den Menschen morgen besser geht als heute. Die Grundüberzeugungen der Linkspartei sind mit unserem Weltbild nicht vereinbar und widersprechen unserem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit. Genauso verhält es sich mit der AfD. Die AfD in Thüringen ist geprägt von Björn Höcke, der aus seiner Gesinnung keinen Hehl macht und mich in seinem Auftreten und seiner Rhetorik an Joseph Goebbels erinnert. Eine Partei, deren Funktionäre den Holocaust leugnen, Minderheiten diffamieren und versuchen, den politischen Gegner im Stil von Schutzgelderpressern unter Druck zu setzen, kann nicht unser Partner sein. Für mich verbietet sich die Zusammenarbeit, egal ob im kommunalen Bereich oder auf Landes- und Bundesebene. Unter Berücksichtigung des Wahlergebnisses war die CDU in Thüringen weder gezwungen, Bodo Ramelow zu unterstützen, der geradezu leichtsinnig in eine Wahl ohne parlamentarische Mehrheit gegangen ist, noch sich in die Situation zu begeben direkt oder indirekt, auf die Stimmen der AfD angewiesen zu sein. Das Ergebnis ist verheerend: Thüringen ist tiefer gespalten als jemals zuvor und politisch destabilisiert. Thüringen braucht jetzt Besonnenheit und verantwortungsvolles Handeln aller Demokraten.“ Unterdessen hat der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu bei seinem Berlinbesuch am vergangenen Wochenende auch Marco Wanderwitz, den neuen Ostbeauftragten der Bundesregierung getroffen, der unter anderem die renitenten CDU’ler im Osten, die ihre politische Bewegungsfreiheit nicht eingeschnürt sehen wollen, wieder auf Linie bringen soll. Wanderwitz’ Vorgänger Christian Hirte war auf Druck der Kanzlerin zurückgetreten worden, nachdem er in einem Tweet dem mittlerweile zurückgetretenen FDP-Ministerpräsidenten von Thüringen Thomas Kemmerich zu dessen Wahl gratuliert hatte.
In der christlichen Zeitschrift Idea hatte Wanderwitz kürzlich betont: „Es gibt keine Entschuldigung mehr, AfD zu wählen.“
 

Till Scholtz-Knobloch / 22.02.2020

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Kommentare zum Artikel "Der Landrat stellt sich vor die Erfurter Kollegen"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Erhard Jakob schrieb am

    Der Meinung von Rosemarie und Rolf Krämer schließe ich mich im Großen und Ganzen an!

    Diese Situation in Thüringen hat sich ergeben, weil die AfD eine Fall gestellt und die CDU und die FDP hinein getappt sind. Das Ergebnis dieser ganzen Sache haben die Wähler in Hamburg jetzt zum Ausdruck gebracht. Auch die Wähler in Thüringen werden das bei der nächsten Wahl das alles zu würdigen wissen! Auch die Einmischung der CDU-Vorsitzenden AKK und der Bundeskanzlerin hat die ganze Sache zu Ungunsten der CDU verändert. Einerseits fordern Angela Merkel sofortige Neu-Wahlen andererseits fürchtet die CDU in Thüringen sofortige Neu-Wahlen, wie der Teufel das Weihwasser und das zu recht!

    Wenn ich in die Zukunft sehe, dann sehe ich nicht Schwarz und auch nicht Blau! Ich sehe nur Ungutes. Zumal ich von Haus aus eigentlich ein Optimist bin! Witz: Ein Pessimist sagt: "Es kann nicht schlimmer kommen!" Ein Optimist sagt: "Doch!"

  2. Krämer schrieb am

    Werter Herr Till Scholz,
    Ihren Artikel haben mein Mann und ich gerade eingehend gelesen. Am Ende entsteht die Frage was Sie den Lesern dazu eigentlich sagen wollen? Eine klare Haltung wird seitens der beiden Interviewten nicht erkennbar. Aber das ist wohl auch nicht verwunderlich. Eigentlich erstaunlich; denn erst die FDP mit der CDU haben es doch im Erfurter Landtag ermöglicht mit der absehbaren Zustimmung durch die AFD solch ein verheerendes Ergebnis zu erhalten. Wenn die CDU nicht bereit ist in Zukunft mit der Linken zu kooperieren, dann wird es in unserem Land nicht besser werden.
    Was befürchtet denn eigentlich die CDU so an der linken Partei? Ist es falsch für uns Bürger, wenn sich die Linke gegen militärische Projekte ausspricht, gegen die NATO ist? Wir glauben das nicht. Man könnte glauben, in Deutschland geht wieder einmal ein Gespenst um, das Gespenst des Kommunismus. Wir fragen uns jetzt fast jeden Tag wovor haben Sie so Angst, was haben Ihnen die Linken getan? Sie gehören doch nicht zur Bourgeoise oder?
    Nur damit Sie wissen, wir sind keine Mitglieder der Linkspartei. Wir sind aber gegen jeglichen Krieg. Verraten Sie uns doch mal in welchem Land es nach einem Krieg durch die NATO und damit unter Beteiligung der BRD für deren betreffenden Bürger besser geworden ist? Doch soviel wir wissen in keinem einzigen Land.
    Und komisch empfinden wir, das jetzt eine Generation Politiker an die Macht strebt mit Migrationshintergrund.
    Mit freundlichen Grüssen
    Rosemarie und Rolf Krämer

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