Die historischen Bande sind enger als gedacht
Jens Collatz hat bereits viele historische Zusammenhänge über die Wappengeschichte erschließen können. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Rothenburg/OL an der Neiße und Rothenburg an der Oder (Czerwiensk) sind historisch enger verbunden als viele wissen. Die naheste aller Patenstädte führt im Stadtwappen auch das Familienwappen der Ritter unseres Rothenburgs. Auf diesen Zusammenhang stieß der Stadthistoriker Jens Collatz aus Noes kürzlich.
Rothenburg. Heimatforscher Jens Collatz aus Noes ist derzeit im Rahmen eines zunächst einjährigen Projektes für die Stadt Rothenburg am Museum tätig und damit an seiner Passion ganz nah dran. Und da Collatz im alten Nostiz’schen Gutshaus aufwuchs und auch heute noch lebt, ist er in ganz besonderer Weise sensibilisiert die Augen offen zu halten, wenn es um die Wurzlen seiner Heimatstadt geht.
Rothenburg in der Oberlausitz wurde am 1. Mai 1268 erstmals als Stadt erwähnt, der Name ist dabei bereits vom Geschlecht derer von Rothenburg abgeleitet. „Christianus de Rotenburgk“ war mit seinen Söhnen bei einer Schenkung von Markgraf Otto, einem Askanier, Zeuge und ist damit der erste Herr der Stadt, der namentlich überliefert ist.
„Die Familie derer von Rothenburg kam unter den Markgrafen von Meißen im Rahmen der deutschen Ostkolonisation aus Thüringen in die Oberlausitz“, weiß Jens Collatz zu berichten, weist jedoch darauf hin, dass man die Herkunft der Familie einem genau feststellbaren Rothenburg in der Mitte Deutschlands nicht zuschreiben kann. Zwar ist der Ortsname Rothenburg auch in Thüringen heute präsent, doch allein der Gebietsstand Thüringens hat sich über die Jahrhunderte verändert. So gehörte im Mittelalter das nördliche Hessen zum thüringischen Kernland.
Doch die Geschichte der Rothenburgs in der Oberlausitz blieb ohnehin eine Episode. „Die Rothenburgs haben an der Neiße nicht wirklich erfolgreich agiert und brachten letztlich Raubritter hervor. Schon 1452 gingen die Besitzungen derer von Rothenburg an Caspar von Nostitz, dessen Familie viele Jahrhunderte die Stadtgeschichte bestimmte“, sagt Jens Collatz. Doch damit endete die Familiengeschichte derer von Rothenburg dennoch nicht.
Beim Tag des Offenen Denkmals 2008 stieß Collatz auf das Familienwappen derer von Rothenburg in der Rothenburger Kirche. „Im familiär über mehrere Generationen seit 1605 fortgeschriebenen Wappenbuch Johann Siebmachers habe ich dieses Wappen nun wiederentdeckt und festgestellt, dass diese Familienwappen auf den Zinnen des Tores vom Stadtwappen von Czerwiensk thront“, sagt Collatz. Denn an die Oder waren die Rothenburger Ritter nach ihrer Zeit an der Neiße auch weitergezogen, um dort die nächste nach ihnen benannte Stadt zu gründen. Im Polnischen heißt czerwony „rot“ – der polnische Ortsname ist also keine Neuschöpfung. Eine Anfrage bei Bürgermeister Piotr Iwanus nach dem Wissen um das Wappen ersparte sich der Niederschlesische Kurier jedoch. Schon die polnische Wikipediaseite verrät die Herkunft des Wappens.
Es ist jedoch Zeit, dass sich auch Rothenburg an der Neiße der historischen Bande bewusster wird.