Ein Kanzler ohne Expansionsdrang

Jedes Jahr am 30. Juli gibt es eine Gedenkstunde am Bismarckdenkmal auf der Landeskrone. Foto: Till Scholtz-Knobloch
Görlitz. Am 30. Juli jährt sich zum 127. Mal der Todestag von Kanzler Otto von Bismarck. Unter seiner Führung gelang die erste deutsche Einheit mit 22 Fürstenstaaten und drei Hansestädten unter preußischer Führung. Unter ihm betrieb Deutschland ein defensiv angelegtes Bündnissystem. Zum Bruch kam es letztlich mit dem geopolitisch ambitionierten jungen Kaiser Wilhelm II.
1890 veröffentlichte eine britische Zeitung daraufhin die weltbekannte Karikatur „Der Lotse geht von Bord“, als sich der Jungspundkaiser dem erfahrenen alten Hasen an der Spitze des Auswärtigen Amtes entledigte. Der „Kulturhistorische Verein zur Erhaltung des Bismarckturms der Stadt Görlitz sowie zur Kriegsgräberpflege im Niederschlesischen Oberlausitzkreis e.V.“ gedenkt am Bismarkgeburtstag, dem 30. Juli, wie jedes Jahr dem „Eisernen Kanzler“, der das Kaiserreich bis dahin diplomatisch so geschickt durch die Zeit manövrierte. Treffpunkt für die Ehrung am Bismarckturm auf der Landeskrone zu Ehren des am längsten regierenden deutschen Kanzlers ist um 15.00 Uhr. Ohne konkret zu ahnen, dass Görlitz einmal die Schnittstelle von Deutschen und Polen werden sollte, erklärte Bismarck im Vorfeld der Reichseinigung am 17. Februar 1863: „Die Herstellung eines unabhängigen polnischen Staates zwischen Schlesien und Ostpreußen mit der konsequenten Begehrlichkeit nach Posen und nach der für ein selbstständiges Polen unentbehrlichen Weichselmündung würde eine permanente Drohung gegen Preußen bilden (...) Befriedigen können wir die Ansprüche, welche dieser neue Nachbar auf unsere Kosten erheben würde, niemals. Die würden außer Posen und Danzig sich demnächst auf Schlesien und Ostpreußen richten, und die Landkarte, in welchen die Träume der polnischen Insurrektion ihren Ausdruck finden, bezeichnen Pommern [bereits heute, 1863] bis an die Oder als polnische Provinz.“ Heute liegen zahlreiche der einst 240 Bismarcktürme östlich von Görlitz innerhalb des heutigen polnischen Gebietszuschnitts. Über sämtliche Türme informiert die Internetseite www.bismarcktuerme.net.