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Eine aus der Zeit gefallene Ehrung auf der Landeskrone?

Eine aus der Zeit gefallene Ehrung auf der Landeskrone?

Arno Kunath wird auch 2024 am 1. April vor dem Bismarckdenkmal den Geburtstag des ersten Kanzlers feiern. Foto: Scholtz-Knobloch

Görlitz. „Ich bin dankbar für die schärfste Kritik, wenn sie nur sachlich bleibt“, betonte Reichskanzler Otto von Bismarck einmal. Das würde sich auch Arno Kunath wünschen, der vor drei Jahren einen Verein zur Rettung des Bismarckdenkmals auf der Landeskrone initiierte. Doch die Hilfe scheint nicht so recht erwünscht, der Zugang zum Schlüssel zum Turmaufstieg bleibe etwa schwierig.

Scheinbar mag es keiner so deutlich aussprechen, aber er und seine Mitstreiter passen wohl als Zeitgenossen, die zum 1. April jährlich eine Gedenkfeier zum Geburtstag des Einigers Deutschlands am Fuße des Koloss feiern und dabei auch die preußischen Farben Schwarz-Weiß nicht scheuen, nicht so recht in eine woke Welt.

Dabei betont Kunath, Bismarck könne weder als nationaler Messias noch als dämonischer Wegbereiter in den späteren Ungeist gedeutet werden. In seiner Zeit war er „ein klassenbewusster Konservativer, der mit der Errichtung des bürgerlichen Nationalstaates zu seiner Zeit jedoch denkbar revolutionär handelte.“ Als Realpolitiker habe er den Schluss gezogen, dass die preußische Monarchie auf Dauer nur überlebensfähig sei, wenn Preußen sich selbst an die Spitze der nationalen Bewegung stellen würde. Heute sei etwa vergessen, dass selbst die liberale Mehrheit des damaligen Abgeordnetenhauses der Auffassung war, dass die „Deutsche Frage“ letztlich nicht ohne Gewalt durchzusetzen sei. So sei Bismarck eben auch nur ein Kind seiner Zeit.

Wichtig ist Kunath die Feststellung, dass Preußen der einzige deutsche Bundesstaat, der schon vor der Einigung bereits in seiner Verfassung von 1851 im Artikel 10, den bürgerlichen Tod und die Strafe der Vermögenseinziehung ausgeschlossen hatte.

Auch die Einführung des allgemeinen Wahlrechts oder die Einführung der Sozialversicherung gehen auf sein Konto. Bekanntlich entledigte sich der nach Weltgeltung strebende Kaiser Wilhelm des Eisernen Kanzlers. „Dieser setzte trotz damals wirtschaftspolitischer Spannungen die noch immer vergleichsweisen guten außenpolitischen Beziehungen zu Russland leichtfertig aufs Spiel. Einige Tage nach Bismarcks erzwungener Entlassung 1890 wurde der Rückversicherungsvertrag mit Russland auf Betreiben Kaiser Wilhelm II. nicht mehr verlängert. Hätte der Kaiser Bismarcks Rat zur Verlängerung befolgt, hätte der 1. Weltkrieg möglicherweise verhindert werden können“, sagt Kunath. Aber wer wolle heute die alte geopolitische Weisheit noch hören, dass Deutschland nie gut beraten war, es sich mit Russland zu verderben. Aber Kunath folgt auch hier einem Bismarckzitat: „Popularität hat für mich immer etwas Unbehagliches.“
Doch etwas anderes wurmt diejenigen, die sich des Erhalts des bedrohten Bismarckturms verschrieben haben. In Dresden-Räckwitz sind noch nach der Jahrtausendwende für ein fast baugleiches Bismarckdenkmal umfassend Gelder zur Sanierung geflossen, die Arbeiten 2007 abgeschlossen worden.

In Görlitz wird das Problem der Wiederbelebung der Landeskrone hingegen weiter fast nur im Hinblick auf Gastronomie und Bewuchs gedacht. Das Bismarckdenkmal und auch das Theodor-Körner-Denkmal als historische Zeugnisse scheinen nicht wirklich unvoreingenommen Teil eines Naherholungsareals sein zu dürfen.

Till Scholtz-Knobloch / 03.04.2024

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