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Eine Stadt sucht nach dem perfekten Lernort

Eine Stadt sucht nach dem perfekten Lernort

Löbauer Straße 77 gegen Perfecta-Brache: Wo am Ende die neue Grundschule hinkommt, das müssen die Stadträte erst noch entscheiden. Beide Standorte haben Vor- und Nachteile. Fotos: RK/Montage: PH

Bautzen braucht eine neue Grundschule. Darin sind sich vor dem Hintergrund der gestiegenen Geburtenrate und der hohen Auslastung beste-hender Einrichtungen Verwaltung und Stadtrat einig. Die Frage ist nur: Wo sollen die Erst- bis Viertklässler künftig unterrichtet werden? Nach einer Antwort sucht derzeit die Rathausmannschaft. Sie lässt drei Standorte prüfen. Eventuell kommt einer hinzu, den bisher niemand im Blick hatte.

Bautzen. Ähnlich wie die Landeshauptstadt Dresden kann sich Bautzen über einen anhaltenden Babyboom freuen. Das bringt der Kommune nicht nur neue Einwohner, sondern stellt diese vor gewisse Herausforderungen. Künftig, so war es bereits vor zwei Jahren absehbar, reicht der Platz in den sechs bereits vorhandenen Grundschulen nicht mehr aus, um alle Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren zu unterrichten. Die Stadt schlug daraufhin vor, einen Teil des ehemaligen Berufsschulzentrums an der Löbauer Straße aus der Hand des Landkreises zu übernehmen und für ihre Zwecke umbauen zu lassen. Inzwischen jedoch hegt so manch Stadtrat Bedenken gegen solch ein Vorhaben. „Der Standort Löbauer Straße ist falsch“, meint Mike Hauschild von der FDP. „Allein die notwendige Turnhalle muss auf jeden Fall neu gebaut werden und da wäre der Standort Perfecta-Brache für die beiden benachbarten Gymnasien ideal. Wir würden die zweite Turnhalle einsparen und so tatsächlich Millionen sparen. Es gibt bisher keinen sachlichen Grund, weitere Beratungen zur Löbauer Straße anzustellen.“ Ähnlich sieht es Karsten Vogt von der CDU. Eine erste Analyse der Stadtverwaltung, die bereits unterschiedlichste Grundschulstandorte miteinander verglich, habe dem einstigen Perfecta-Gelände, das nach Einschätzung der Verwaltung sofort bebaubar wäre, bescheinigt, dass dieses mit klarem Abstand besser für eine zukünftige Grundschule geeignet wäre als andere Objekte. Roland Fleischer von der SPD kann dem nur beipflichten: „Unsere Fraktion favorisiert aufgrund der bislang vorliegenden Alternativen den Standort auf der Perfecta-Brache. Er ist innenstadtnäher, wird durch den Bahnhofsumbau noch besser mit dem öffentlichen Personennahverkehr vernetzt sein, liegt in einem Wohngebiet und belebt dieses, ist umrahmt von sozialen Einrichtungen, kann verkehrsmäßig durch die Eltern schnell erreicht werden, ist wenige Meter vom Polizeirevier entfernt, was wiederum ein gewisses Sicherheitsgefühl vermittelt und er wird auch gefühlsmäßig von der Bevölkerung besser angenommen.“   

Dennoch hakt seine Partei die Variante Löbauer Straße noch nicht gänzlich ab: „Die Löbauer Straße ist nach bisherigen Informationen offensichtlich wirtschaftlich günstiger. Dieser Standort würde der Stadt auch die Möglichkeit einräumen, auf der Perfecta-Brache eine Wohnbebauung zu realisieren.“ Hier hakt Karsten Vogt ein und warnt: „Der Standort an der Löbauer Straße befindet sich an einer Hauptachse des Lkw-Verkehrs. Das ist für Grundschüler keine Lösung.“

Schon vor längerer Zeit hatte der Landkreis als Eigentümer der Kommune angeboten, ihr einen Teil des Objektes für einen Umbau zu überlassen. Der Preis dafür entspreche dem Verkehrswert, so Landratsamtssprecher Gernot Schweitzer, der sogleich betonte, dass sich hier grundsätzlich die Stadt entscheiden müsse. Und die ringt nach wie vor damit, sich auf eine der in Frage kommenden Varianten festzulegen. „Diese werden derzeit im Zuge einer Machbarkeitsuntersuchung geprüft“, erklärte Finanzbürgermeister Dr. Robert Böhmer dem Oberlausitzer Kurier. „Dafür haben wir eine Rangliste in einem Matrix-Verfahren festgelegt.“ In der taucht neben dem freigeräumten Perfecta-Areal in unmittelbarer Nachbarschaft des Bahnhofsgebäudes und dem ehemaligen Berufsschulzentrum an der Löbauer Straße 77 mittlerweile eine weitere Alternative auf, die von der Verwaltung auf Herz und Nieren untersucht wird – das frühere Schlachthofgelände. „Alle drei Standorte sind aufgrund der wichtigsten Nebenbedingungen geeignet“, fügte Robert Böhmer hinzu. Dazu zählen unter anderem der Grunderwerb, die Erschließungskosten, das Wohnumfeld und auch die verkehrstechnische Anbindung. Wie viel Geld die Stadt für ihre neue Grundschule am Ende in die Hand nehmen muss, ließ er zunächst offen. „Das werden wir erst nach der endgültigen Festlegung des Standortes wissen.“

Und noch eine wichtige Entscheidung steht in Sachen Bildung in den kommenden Monaten an – die Schaffung eines gemeinsamen Schulbezirkes mit Göda. „Seitens der Stadt Bautzen wurde an die Gemeinde ein entsprechender Vorschlag herangetragen, einen solchen ab dem Schuljahr 2019/20 einzurichten“, erklärte Bürgermeister Gerald Meyer. „Mit Gemeinderatsbeschluss vom 21. November 2017 wurde dem seitens der Gemeinde Göda zugestimmt. Durch die Stadt Bautzen erfolgte bis jetzt noch keine Beschlussfassung.“ Dies sei jedoch die Voraussetzung für eine neue Vereinbarung zwischen der Stadt und der Gemeinde. In dem Papier soll unter anderem eine Mindestschülerzahl festgeschrieben werden, wie viele Bautzener Schüler in der Gödaer Grundschule unterrichtet werden. Schon jetzt machen sich montags bis freitags etwa 50 Erst- bis Viertklässler von der Spreestadt aus auf den Weg in die rund acht Kilometer entfernte Nachbarkommune. Und die Zahl steigt. Nach den Sommerferien rechnet Gerald Meyer gar mit bis zu 60 Mädchen und Jungen aus 13 Bautzener Ortsteilen. Grundlage hierfür ist die so genannte Schulzweck- und Hortbetreuungsvereinbarung aus dem Jahr 2014. Allerdings gibt er auch zu bedenken: „Mit Einführung eines gemeinsamen großen Schulbezirkes, in dem eine freie Wahl der Schule ermöglicht wird, besteht eine gewisse zahlenmäßige Unsicherheit, wobei die sehr gute Qualität der Gödaer Grundschule und des Hortes sowie der Plan des zweizügigen Neubaus eine gute Auslastung der Bildungseinrichtung erwarten lässt.“ Der Gemeinderat hatte im vergangenen Oktober den Beschluss für den Bau eines neuen Schulgebäudes gefasst. Die Stadt Bautzen hingegen, so Bürgermeister Gerald Meyer, wollte bei der „Erlangung“ von notwendigen Fördergeldern behilflich sein. „Über eine direkte finanzielle Unterstützung wurde ebenfalls gesprochen, allerdings noch ohne eine konkrete Zusage.“ In dem Punkt drängt Mike Hauschild ebenfalls auf eine rasche Lösung: „Mit der Entwicklung in Göda müssen wir uns auch beschäftigen, nachdem der Gemeinderat die Sanierung der Grundschule gestrichen hat. Diese war das wichtigste Argument der Stadtverwaltung, um unsere Kinder dorthin zu schicken. Göda hat jedoch kein Geld für die Sanierung oder einen Neubau. Vielleicht müssen wir eine neue Grundschule dorthin bauen, wo unsere und auch Gödaer Kinder unterrichtet werden können.“ Diese Betrachtung wurde bislang nicht diskutiert, so der FDP-Stadtrat.

Roland Kaiser / 28.01.2018

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