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Experten bewerten Brückenbau als Chance

Experten bewerten Brückenbau als Chance

Das neue Tor zur Altstadt: So oder anders könnte es einmal aussehen. Derzeit läuft die Ausschreibung zur Vor- und Entwurfsplanung. Ergebnisse erwartet die Stadtverwaltung im Spätherbst. Pressefoto

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Noch offenbart sich dem Betrachter dieser Anblick auf die Bautzener Altstadt. Foto: Archiv

Die Stadtverwaltung hat Wort gehalten und kurz vor Ostern eine Studie zur geplanten Spreequerung im historischen Zentrum von Bautzen online gestellt. In dem Papier werden nicht nur mögliche touristische Entwicklungen beleuchtet. Auch die bereits lange Zeit im Gespräch befindliche Erweiterung des Schliebenparkplatzes machen die Gutachter aus Düsseldorf zum Thema.

Bautzen. Wochenlang haben vor allem CDU-Stadträte darauf gedrungen, sie endlich offenzulegen. Seit Gründonnerstag kann sich nun einjeder selbst ein Bild davon machen, welche Erwartungen die Experten aus der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt an eine neue Fußgängerbrücke zwischen Protschenberg und Ortenburg knüpfen und welche Chancen sie auf dieser Grundlage für eine Entwicklung der Spreestadt sehen. Die 49-seitige „Studie zur Ermittlung der touristischen Wertschöpfung durch den Bau einer Fußgängerbrücke in der Stadt Bautzen“ lässt sich ab sofort unter www.bautzen.de in Augenschein nehmen. 

Aus dieser geht unter anderem hervor, dass sich mit dem Bau einer weiteren Brücke beispielsweise Strecken zu nicht nur gern von Touristen aufgesuchten Örtlichkeiten deutlich verkürzen lassen. Diese ließen sich zu Fuß schneller als bislang erreichen. Die Urheber der Untersuchung rechnen mit einem Zeitvorteil von fast einer Viertelstunde. Profitieren würden vor allem Ziele, die sich im nordwestlichen Bereich der Altstadt befinden.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Gewerbetreibende, die sich dort ansiedeln, könnten künftig von einem höheren Besucherzuspruch profitieren. Davon geht die Studie ebenfalls aus. Auch der Parkplatz an der Schliebenstraße, dessen Erweiterung im Zusammenhang des anvisierten Brückenbaus angestrebt wird, erfahre eine erweiterte Nutzung. „Zukünftig werden dort verstärkt auch andere Nutzergruppen ihr Fahrzeug abstellen und vom direkteren Zugang in die Innenstadt profitieren“, lautet eine Passage in dem Papier. „Eine differenzierte Parkraumuntersuchung nach Herkunft und Veranlassung auf allen heutigen Parkplätzen und eine analytische Betrachtung könnte aufzeigen, wie sich die Besetzung an der Schliebenstraße strukturell ändern wird. Auch ohne diese Prognose zugrunde zu legen, wird davon ausgegangen, dass der Parkplatz weiterhin eine sehr starke Bedeutung für Touristen haben wird und trotz eines Rückgangs der touristischen Belegquote nach Brückenbau eine höhere touristische Frequentierung des nordwestlichen Innenstadtbereichs von seinen Nutzern erfolgen wird als es heute der Fall ist. Die geringere absolute Anzahl von Touristen auf dem Parkplatz wird durch die bessere Erreichbarkeit (über-)kompensiert.“ 

Derzeit kommt der Weg zur westlichen Altstadt einer Sackgasse gleich. Mit der Errichtung einer Flussquerung würde diese auch vom anderen Spreeufer erreichbar sein – eine Aufwertung für die vor Ort angebotene Kultur. „Die mit der Brücke entstehende Durchgangsmöglichkeit wird diesen Bereich stärker in den Blickpunkt rücken, die kulturellen wie auch gastronomischen Einrichtungen gelangen somit für Ortsunkundige aus dieser Sackgassensituation heraus an potentiell lebhaftere Verbindungsachsen“, schätzen die Gutachter ein. Die hinzukommende neue Funktion des Parkplatzes Schliebenstraße als vorrangige Abstellmöglichkeit für Besucher dieses Bereiches unterstütze die Entwicklung erheblich.

Kurzum: Es wird davon ausgegangen, dass sich mit dem Neubau der Fußgängerbrücke eine positive Auswirkung auf die Besucherzahlen erreichen lässt. „Anzustreben wäre eine Anzahl von 650.000 Tagestouristen in der Stadt pro Jahr. Bei einem geschätzten Umsatz von 116 Euro pro Übernachtungsgast und 42 Euro pro Tagesgast ergibt dies einen Gesamtbruttoumsatz in Höhe von rund 49 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung von Mehrwertsteuer und Einkommenseffekten bedeutet dies ein touristisches Einkommen von circa 22,7 Millionen Euro.“ Die Studie kommt demnach zu dem Fazit: „Der Neubau der Fußgängerbrücke begünstigt wichtige Einflussgrößen der touristischen Wertschöpfung.“ Demgegenüber stehen wiederum die Planungs-, Errichtungs- und Wartungskosten, die bislang lediglich auf Schätzungen beruhen. 

Unterm Strich sind die Urheber der Studie überzeugt: „Die Brücke selbst als architektonisch herausragendes Element und als Aussichtsplattform für das Flusstal und die Altstadt wird eine hohe touristische Anziehungskraft haben. Allein dadurch entsteht eine stärkere Belebung der Umgebung. Aus anderen Touristenregionen sowie anderen thematischen Zusammenhängen ist bekannt, dass mit entsprechenden Maßnahmen eine Besuchersteigerung von 5 bis 15 Prozent erzielt werden konnte. Für den Brückenneubau ist ein Ansatz am unteren Ende dieses Spektrums somit auf jeden Fall als realistisch einzustufen.“

„Neue Ideen lösen nicht automatisch Begeisterung aus“, weiß Rathaussprecher Markus Gießler aus der Erfahrung der zurückliegenden Jahre. „Nicht selten wird an Vorschlägen Kritik geübt. Kritik, die wichtig ist, um am Ende das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Auch die Idee einer neuen Spreequerung traf nicht nur auf Zuspruch.“ Um ihre Vision von einem neuen Spreetor greifbarer zu machen, organisierte die Stadtverwaltung bereits im vergangenen Jahr Führungen durch den Burgwasserturm und das Langhaus. Beide Bauwerke sollen im Zuge der Errichtung einer Brücke eine Verjüngungskur und eine neue Nutzung erfahren. Außerdem gibt es Vorstellungen dahingehend, den Zugang über Treppenanlagen und barrierefrei per Lift herzustellen. 

Das nun vorliegende Gutachten gilt als wichtiger Baustein, um das Projekt möglichst bald schon in Angriff nehmen zu können. Bis es allerdings soweit ist, sollen sich die Bautzener selbst noch einen Eindruck von dem Unterfangen machen können. Offen blieb bis zuletzt, inwieweit die Spreestädter über das Projekt innerhalb eines Bürgerentscheids abstimmen dürfen. 

Roland Kaiser / 10.04.2021

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