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Frühwarnstufen für die Bäder der Region?

Frühwarnstufen für die Bäder der Region?

Robert Kubitz muss als Chef des Neißebades stets um Wochen vordenken. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) hatte dieser Tage in der Neuen Osnabrücker Zeitung eingeräumt, dass erste öffentliche Bäder im Zuge steigender Heizkosten die Senkung der Wassertemperatur um zwei Grad Celsius vorgenommen hätten. Doch wie steht es um den Badespaß 2022 in der Region? Der Niederschlesische Kurier hat nachgefragt.

Region. Robert Kubitz, Chef des Görlitzer Neißebades, ist vom Wesen kein Taktiker. In seinem Bad liegen die Beckentemperaturen zwischen 27 °Celsius im großen Sportschwimmbecken, über 30 °C im Lehrschwimmbecken, bis zu 35 °C im Eltern-Kind-Bereich. Natürlich hätten auch seine Gedanken die letzten Tage um mögliche künftige Versorgungsengpässe gekreist und hierzu hätte es auch Kontakt mit den Stadtwerken gegeben, die mit der Stadt den Zweckverband Neißebad bilden.

Letztlich hatte Bundeswirtschaftsminister Habeck im Notfallplan Gas dieser Tage ja die Frühwarnstufe ausgerufen. „Wir brauchen uns aber nichts vormachen, in der Krise wäre ein Bad sicher eine der ersten Einrichtungen, deren Betrieb in Frage gestellt werden würde“, sagt Kubitz offen. Letztlich wäre die nächste der drei Stufen bereits die Alarmstufe mit vielen Einschränkungen in der Versorgung, ehe in der finalen Notfallstufe „nicht marktbasierte Maßnahmen“ ergriffen werden, innerhalb der es echten Schutz nur noch für Privathaushalte, Krankenhäuser, Feuerwehr, Polizei oder Gaskraftwerke gibt, die zugleich der Wärmeversorgung von Haushalten dienen.
Im laufenden Betrieb gelte es aber vorzudenken, da die vollautomatische „permanente Erhaltungswärme“ ein Runterfahren des Betriebes erst nach etwa vier Wochen Schließung rechtfertige. Corona hat hier Erfahrungen gelegt. „Wichtig für uns ist es derzeit, überhaupt erst wieder in ruhiges Fahrwasser zu kommen“, meint er mit Blick auf Kapazitätsgrenzen. So gebe es beim Schwimmenlernen viele Nachholer nach Corona.

Auf polnischer Seite der Stadt hat Piotr Gruszczynski als Chef des Centrum Sportowo Rekreacyjnego w Zgorzelcu (Sport- und Freizeitzentrum in Görlitz) derzeit größere Sorgen. Angesichts immenser Arbeit im Zuge der Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen stammt seine E-Mail-Antwort aus der Nacht. Sicher sei, dass das Freibad an der ul. Warszawska 73 auch in diesem Jahr gänzlich geschlossen bleibe. Hinsichtlich der avisierten kompletten Sanierung der Schwimmhalle an der ul. Maratonska 2 betont er, dass aber die Bauplanungsphase nun abgeschlossen werde.

„Zum Bau der Infrastruktur mit Saunen, einem Fitnessraum und Squashcourts gehört auch ein Außenbecken. Im neuen Sport- und Freizeitzentrum wird auch die Stadtbibliothek und ein Wirtschaftsentwicklungsbüro Platz finden“, verrät Gruszczynki. „Wegen der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine können wir jedoch nicht abschätzen, wann die weiteren Etappen des Bauvorhabens realisiert werden können.“ Ganz langfristig sinniert Robert Kubitz für das Neiße-Bad. Beiläufig bekennt er, dass er das Bemühen um eine Reaktivierung des Helenenbades nie wirklich verstanden habe. „Das Neiße-Bad ist an den Nahverkehr angeschlossen, es gibt Parkplätze. Es würde also viel eher Sinn machen – wenn Görlitz ein Freibad wollte – an ein Außenbecken am Neiße-Bad nachzudenken“, meint er und räumt ein, dass der Berzdorfer See quasi ja die Funktion eines Freibades der Stadt wahrnehme. Auch Investitionen am Nordufer und die finanzielle Zukunft ließen ihn aber Realist sein, dass er hier nur allgemeine Gedanken äußere.

In Sachen der bald öffnenden Freibäder sieht zumindest die Frage nach einer Drosselung der Wassertemperatur anders aus. So teilt Sabine Michler von den Stadtwerken Niesky der Redaktion mit, dass es derartige Überlegungen aktuell nicht gebe. „Das Waldbad Niesky reguliert die Erwärmung des Badewassers über Solarenergie. Wir regeln keine Temperatur nach ’unten’. Der Solarkreislauf wird abgeschaltet, wenn das Badewasser zu warm wird (bei circa 30 °C). Die ’Betriebstemperaturen’ der Becken liegen bei 22 °C im Sport-/Schwimmbecken, bei 24 °C im Erlebnisbecken und 25 °C im Mutter-Kind-Becken.“ Vor allem aber betont sie: „Eine Schließung des Bades aufgrund hoher Heizkostenpreise wird es nicht geben, auch nicht zeitweise. Einzelne Becken auszuschalten ist keine Option und betriebstechnisch auch nicht sinnvoll.“

Ähnlich sieht die Lage auch im Freizeitbad Reichenbach aus. Für das Reichenbacher Freibad erklärt Bürgermeisterin Carina Dittrich der Redaktion, dass auch dort die Sonnenenergie das Wasser heizt. „Für die Wassertemperierung ist zurzeit ein Solar-Absorber im Einsatz (Schlauchanlage auf Garagendächern im Areal Reichenbacher Hof)“, die Wassertemperatur werde nicht gedrosselt; allerdings ergäben sich je nach Sonneneinstrahlung Unterschiede bei den Temperaturen. Allgemein könne sie Entwarnung geben: „Derzeit gehen wir nicht davon aus, dass das Freibad nicht wieder geöffnet wird, im Gegenteil – die Fun-Ball-Anlage ist im November 2021 mit LEADER-Mitteln erneuert worden und kann in der neuen Saison voll genutzt werden, wahrscheinlich sogar über das bisherigen Zeitfenster der Öffnung (für den Badebetrieb bis September/Oktober) hinaus.“ Carina Dittrich hebt hervor, dass es Neuerungen mit dem Erwerb des Reichenbacher Hofes gebe; „hier sollen vor allem innovative Konzepte zum Einsatz kommen, die eine effektive, kostenoptimale Betreibung des Reichenbacher Freibades ermöglichen, um die Preise auch in Zukunft zu halten“.

In Niesky arbeitet man derweil an der Fertigstellung der Beach-Volleyballanlage und hofft, dass diese zum Beginn der diesjährigen Freibadesaison genutzt werden kann. Für die Saisoneröffnung gebe es noch keinen konkreten Termin, hier entscheide man wieder nach Wetterlage. Erfahrungsgemäß werde die Öffnung Ende Mai/Anfang Juni erfolgen. Für Reichenbach ist Bürgermeisterin Carina Dittrich etwas mutiger und sieht „voraussichtlich den 15. Mai“ als Tag der Saisoneröffnung.

Sonneneinstrahlung spielt für die Rothenburger Schwimmhalle keine Bedeutung. Ulrich Engelmann, Betriebsleiter der Stadtwerke Rothenburg, sieht für das hier 30 °C warme Wasser erst einmal keine Gefahr. Die vergleichsweise hohe Temperatur resultiere daraus, dass man eine hohe Bedeutung als schulisches Lehrschwimmbecken habe. „Was sollen wir aktuell auch in Aktionismus fallen?“, so Engelmann.

Till Scholtz-Knobloch / 09.04.2022

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