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LKW-Maut: Görlitzer Anwalt führt den Bund vor

LKW-Maut: Görlitzer Anwalt führt den Bund vor

Polens Logistikbranche weiß, dass ihr juristischer Arm für Deutschland – Martin Pfnür – in Görlitz sitzt. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Görlitz. In der Anwaltskanzlei von Martin Pfnür in der Berliner Straße in Görlitz knallten dieser Tage die Sektkorken. Denn an der Neiße wurde ein Musterverfahren zur Lkw-Maut angebahnt, das das Oberverwaltungsgericht (OVG) ausgerechnet in Pfnürs Heimatstadt Münster sprach. Das dortige OVG gab dabei zwei polnischen Spediteuren in ihrem Ringen gegen die Erhebung der deutschen Lkw-Maut in den Jahren 2010 und 2011 im wesentlichen Recht.

Die damalige Berechnung habe teilweise gegen EU-Recht verstoßen. Pfnür erläutert: „Das OVG hat in seiner Entscheidung, 8,59 Prozent der berechneten Maut für unionsrechtswidrig gehalten. Insofern ergibt sich nun ein Erstattungsanspruch. (...) Es wurden nun auch unionsrechtliche Zinsen zugesprochen, wohingegen das nationale Recht solche nicht vorgesehen hatte.“ Das führe die bisherige Strategie des Bundesamtes für Güterverkehr ad absurdum, die Sache bewusst in die Länge zu ziehen. Zwar wird das Bundesamt den klagenden Spediteuren nur 565 Euro plus Zinsen erstatten, aber der Kreis von lauernden Spediteuren ist in Polen riesig. Martin Pfnür, der einst mit seinem Zivildienst in der Jugendarbeit in Breslau Polenexpertise aufgebaut hatte und mit juristischen Terminologien des Nachbarlandes bestens vertraut ist, hat sich im Speditionsgewerbe in Polen schon lange einen Namen erarbeitet. „Görlitz war für mich einfach die Stadt mit dem nächsten Landgericht“, so Pfnür.

Der Entscheidung des OVG ging gleichwohl der lange Gang durch die Instanzen voraus. Die Klage war seit 2016 anhängig. „2020 hatte der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass die Kosten für die Verkehrspolizei bei der Kalkulation der Lkw-Maut nicht berücksichtigt werden dürfen“, erklärt er. Nach geänderter Kalkulation gingen bislang weit über 30.000 Erstattungsanträge ein. Pfnürs Mandanten, die den Stein ins Rollen brachten, stammen zwar aus Posen (Poznan), doch die Branche freue sich nun von Zgorzelec bis Warschau, sagt der Görlitzer Westfale.

Nun ist unmissverständlich klar, dass sich die Höhe der Lkw-Maut an tatsächlichen Wegekosten hätte orientieren müssen, während die Werte hier grobschlächtig und juristisch ungenau gesetzt wurden. Dass Erstattungsansprüche nun in die Millionen gehen werden, liegt daran, dass in über 10 Jahren erhebliche Zinsen für die Schulden des Bundes aufgelaufen sind.
 

Till Scholtz-Knobloch / 14.12.2021

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