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Kaufentscheidungen als politisches Bekenntnis

Kaufentscheidungen als politisches Bekenntnis

Die Nieskyer Helga und Dietmar Westphal sind seit Anbeginn als Freiwillige mit im Laden dabei und identifizieren sich mit den fair gehandelten Produkten. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Niesky. Helga und Dietmar Westphal sind seit Anbeginn dabei. Sie bedienen als zwei von insgesamt etwa 20 ehrenamtlichen Verkäufern im Eine-Welt-Laden „Cabana“ in der Bautzener Straße 2 in Niesky.

Und der Start liegt nun bereits ein viertel Jahrhundert zurück. Am 30. September 1994 saßen 13 Nieskyer zusammen und gründeten den Verein „Eine Welt für alle e.V.“. Sinn des Vereins war damals wie heute die Förderung einer solidarischen Einstellung gegenüber den Menschen der ’Dritten Welt’, der es erfordere, einen verantwortlichen ökologischen Lebensstil auch in Europa zu pflegen. „Um diese Idee umsetzen zu können, gründeten wir den Laden ’Cabana’ und betraten für uns alle totales Neuland“, erinnert sich Dietmar Westphal.

Dabei geht es nicht profan nur um den Verkauf von Produkten aus Afrika, Lateinamerika oder Asien, sondern eben auch um die Vermittlung von Hintergrundinformationen über Produktionsbedingungen, faire Bezahlung oder die Vermeidung von Kinderarbeit. Helga Westphal räumt ein, dass die wirtschaftliche Lage in der Oberlausitz dabei im Produktangebot schon Unterschiede zu Angeboten anderer Eine-Welt-Läden in Großstädten nach sich zieht. „Das Preisgefüge in Niesky ist ein anders als in Leipzig oder Dresden“, sagt sie. Dennoch hält das natürlich nicht vom Weg ab, fair gehandelte Waren zu propagieren. Das findet nicht allein im etwas unscheinbaren Laden fast auf der Ecke zum Zinzendorfplatz statt, sondern auch bei manchem Markttreiben in der Niederschlesischen Oberlausitz oder auch bei Einladungen in Schulen oder Kindergärten. Jede Kaufentscheidung sei letztlich auch eine politische Entscheidung. Daher werde der Auftritt bei Märkten von einigen Passanten auch immer mal wieder missfällig kommentiert.

Doch Ehepaar Westphal lässt sich nicht beirren und verweist auf die Köchin, Autorin und Aktivistin Sophia Hoffmann, die betont: „Jedes Essen, das wir allein oder mit Freunden genießen, sollte ein Statement für mehr Fairness gegenüber Umwelt, Tier und den Menschen sein. Unsere Regierung sollte immer daran erinnert werden, dass es wichtig und notwendig ist, durch stärkere politische Reglementierung Handel und Wirtschaft in die Verantwortung zu zwingen.“ Diese Philosophie würden viele Kunden bereits seit 25 Jahren teilen und im Zuge der Globalisierungsdebatte fänden gerade junge Leute auch immer wieder erstmals zu Cabana. Nach 25 Jahren will man sich bei Treuen und Neugierigen für die Offenheit gegenüber den Verantwortungen in der Welt bedanken. Dazu gibt es ab 30. September im Laden eine kleine Tombola und bei jedem Einkauf ein kleines Präsent – so lange der Vorrat reicht.
Dankbar ist der Trägerverein vor allem aber auch dem Vermieter in der Bautzener Straße, den Herrnhuter Brüdern: „Wir sehen uns wie die Herrnhuter Brüder ja auch der ganzen Welt verpflichtet“, erklärt Dietmar Westphal. Allerdings sei der Verein völlig losgelöst von konfessionellen Strukturen. Wünschen würde er sich jedoch über neue Mitstreiter, denn auch bei 20 Helfern seien nicht alle Öffnungszeiten problemlos abzudecken.

Dank des günstigen Mietpreises und der ehrenamtlichen Verkäufer fiel in den letzten Jahren übrigens immer ein kleiner Überschuss an. Konsequent landete dieser als Spenden z.B. bei der Behindertenhilfe Äthiopien, der Flüchtlingshilfe Mittelamerika, einem Hospital in Tansania oder bei bolivianischen Straßenkindern.

Till Scholtz-Knobloch / 02.10.2019

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