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Landkreis Bautzen handelt sich eine Rüge ein

Landkreis Bautzen handelt sich eine Rüge ein

Vor drei Jahren war der Breitbandausbau im Landkreis Bautzen öffentlichkeitswirksam gestartet worden. Foto: Archiv

Bautzen. Der Landkreis Bautzen gibt viele Millionen Euro für den Breitbandausbau aus, hat bei der Planung nach Ansicht des Vereins Bund der Steuerzahler aber auf veraltete Karten gesetzt. Das geht aus einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hervor. Die Folge: Tausende Adressen seien nicht berücksichtigt worden und müssten mit immensen Mehrkosten nachträglich angeschlossen werden. Das wiederum gehe aus dem vom Verein in seinem am Dienstag vorgestellten „Schwarzbuch“ hervor. So habe auf das erste, 105 Millionen Euro teure Ausbauprojekt ein zweites Projekt mit einem Volumen von 83,3 Millionen Euro aufgelegt werden müssen. Das Gros davon seien jeweils Fördermittel von Bund und Land.

Wie die dpa weiter schreibt, wirft der Steuerzahlerbund dem Landkreis erhebliche Fehlplanungen vor. So seien Äcker und Wiesen als Bedarfsflächen ausgewiesen, einige Wohngebiete aber lückenhaft berücksichtigt worden. Den Angaben nach erhielt etwa in Steinigtwolmsdorf ein Garten- und Wochenendhausgebiet Anschluss ans schnelle Internet, obwohl dort nicht dauerhaft gewohnt werden darf und die Förderfähigkeit nicht gegeben war. Dagegen seien innerorts Grundstücke vergessen worden, hieß es. Der Verein rechnet vor: Im ersten Projekt kostete der Anschluss pro Adresse im Schnitt rund 2.500 Euro, in dem durch Planungsfehler notwendig gewordenen zweiten Ausbauprojekt seien es dann rund 14.000 Euro pro Adresse. „Die Mehrkosten von 11.500 Euro pro Adresse im neuen Projekt wären bei ordnungsgemäßer Planung zumindest teilweise vermeidbar gewesen“, heißt es im Schwarzbuch.

Landkreis wehrt sich gegen Vorwurf der Steuermittelverschwendung

Die für den Ausbau des schnellen Internets verantwortliche Beigeordnete des Landrats, Birgit Weber, versuchte auf Anfrage unserer Zeitung die Vorwürfe zu entkräften: „Der Kern des jetzt offenkundigen Problems liegt in den Förderregularien des Bundes, wonach nur dann Gebiete als unterversorgt gelten, wenn mindestens 95 Prozent der Hausanschlüsse unter 30 Megabit pro Sekunde anliegen haben.“ Wie sie ausführte, gibt es im Landkreis Bautzen bis zu 135.000 Anschlussnehmer. „Zieht man davon fünf Prozent ab, weil sie nicht förderfähig sind, dann betrifft das 6.500 Anschlüsse. Hinzu kommen nicht realisierte Eigenausbauprojekte von Telekommunikationsanbietern sowie fehlerhafte Meldungen der Telekommunikationsunternehmen zu anliegenden Bandbreiten. Solche Probleme sind bei vielen, vor allem überregionalen Ausbauprojekten in der gesamten Bundesrepublik aufgetreten.“ Zudem erklärte Birgit Weber: „Wir haben das sehr früh erkennen können, haben nachgesteuert und letztendlich mit dem Cluster 10 Abhilfe geschaffen zum Vorteil unserer Bürger.“ Insofern könne man die Aussage, im Landkreis seien unsinnigerweise Steuermittel verschwendet worden, so nicht stehen lassen.

Linke fordern rasche Aufklärung

Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Caren Lay, hat sich unterdessen mit der Forderung nach einer raschen Aufklärung einer möglichen Steuergeldverschwendung durch Planungspannen an die Öffentlichkeit gewandt. „Wenn im Landkreis Bautzen über 80 Millionen Euro zusätzliches Steuergeld wegen Fehlplanungen beim Breitbandausbau ausgegeben werden müssen, dann haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf, dass ordentlich aufgeklärt wird, was hier schief gelaufen ist“, erklärte sie anlässlich der Berichterstattung über die Auflistung des Landkreises Bautzen im „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler. „80 Millionen Euro Steuergeld - das ist sehr viel Geld, das an vielen Stellen im Landkreis händeringend gebraucht wird. Deshalb muss der Landkreis den Vorgang nun schonungslos aufklären, was vor Ort an Planungsfehlern erfolgt ist und von wem. Ich nehme natürlich auch die Aussagen der Beigeordneten Birgit Weber ernst, wenn sie Kritik an unklaren und komplizierten Förderrichtlinien des Bundes äußert. Dem muss ebenso nachgegangen werden.“ Gleichwohl, so bemerkte die Lausitzer Bundespolitikerin, sei anderen Landkreisen, die nicht im „Schwarzbuch“ stehen, die Anwendung derselben Förderrichtlinien offenbar besser gelungen. „Es erklärt auch nicht, warum veraltete Karten als Grundlage für ein solches Großprojekt genutzt werden. Hier sind Landrat Harig und seine Verwaltung in der Pflicht, Aufklärung zu schaffen und Verantwortung zu übernehmen.“

Redaktion / 13.11.2021

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Kommentare zum Artikel "Landkreis Bautzen handelt sich eine Rüge ein"

Die in Kommentaren geäußerten Meinungen stimmen nicht unbedingt mit der Haltung der Redaktion überein.

  1. Der Spekkmaster schrieb am

    Man soll ja zu Bautzen nicht sagen - wenn ich so was lese wie grosszügige Förderung und Schrittmacher des Breitbandausbaus wird mir gelegentlich schl.....! Old Germany und seine Provinzen sind in Sachen Netzausbau etc. soweit hintendran das die Rücklichter von anderen Ländern nicht mehr zu sehen sind. Und hier gibt es Beifall für Normalitäten. Echt lustig und warum sollte die verantwortliche Person nicht den Kopf hinhalten für gemachte Fehler in genialen Grössenordnungen und wahrscheinlich trotz und wieder besseren Wissens - dafür wird diese Person oder Personen schliesslich bezahlt - aber man soll zu Bautzen nichts sagen - Schönen Netzausbau noch oder habt Ihr die Konsumnetze wieder aktiviert?

  2. Karl schrieb am

    Die Meinung von Diethold Tietz, dass der Landkreis Bautzen zu Unrecht vom BdSt kritisiert wurde, teile ich nicht. Die gravierenden Fehler bei der Markterkundung und Planung für das inzwischen über 200 Millionen Euro teure Großprojekt sind offenbar auf mangelnde Sorgfalt bzw. Inkompetenz des Ingenieurbüros und unpräzise Aufgabenstellungen und Verträge des LRA zurückzuführen.

    Bei den heutigen Möglichkeiten mit digitalen Katasterplänen, Luftbildern und den Netzplänen der Telekom ist es nicht zu erklären, dass große Wald-, Acker- und Wiesenflächen sowie Kleingärten als Ausbaugebiete ausgewiesen und Wohngebiete vergessen wurden. Die Erklärungsversuche von Frau Weber sind sehr dürftig. Frau Weber versucht, die enormen Kosten von 84 Millionen Euro zur Nachbesserung der vielen Planungsfehler kleinzureden („Wir haben das sehr früh erkennen können und nachgesteuert.“). In Wirklichkeit wurden die Fehler viel zu spät erkannt. Sonst wäre das Cluster 10 gar nicht nötig geworden.

    Alle Bürgerhinweise nach Veröffentlichung der Onlinekarten für die Cluster 1 bis 9 wurden ignoriert. Es wurde gar nicht erst versucht, die Fehler vor Baubeginn noch zu korrigieren, sondern absichtlich nach der fehlerhaften Planung gebaut. Mit ihrem eigenen Geld hätte Frau Weber das sicher nicht getan.

    Ich denke, die Bürger und Steuerzahler haben ein Recht auf Aufklärung und eine Begründung dafür, warum das Ingenieurbüro nicht für die teuren Planungsfehler haftbar gemacht wurde.

  3. Erwin schrieb am

    Die Kritik des BdSt an der Steuerverschwendung durch den LK Bautzen beim Breitbandausbau halte ich für berechtigt.

    Wenn das Cluster 10 zur Nachbesserung der vielen groben Planungsfehler aus den Clustern 1 bis 9 fast soviel kostet wie die Cluster 1 bis 9 zusammen, dann muss bei der Vorbereitung des Großprojektes etwas gewaltig schief gelaufen sein.

    Dabei war die sogenannte Markterkundung nur eine reine Iststandserfassung. Man fragt sich, wie inkompetent muss das Planungsbüro gewesen sein, das die Markterkundung für den LK durchgeführt hat und warum wurde das Planungsbüro nicht für den Schaden haftbar gemacht? Dabei liegen die detaillierten Netzpläne alle bei der Telekom als Netzbetreiber vor.

  4. Inge schrieb am

    Die Begründung des Landkreises zu den Ursachen der gravierenden Planungsfehler ist zumindest für die Gemeinde Steinigtwolmsdorf fadenscheinig und falsch. Im vergessenen Wohngebiet beträgt die Bandbreite nur ca. 5 Mbit/s. Ein Ausbau war von der Telekom dort nie geplant. Schon 2018 wurde der Landkreis von den Bürgern auf die gravierenden Fehler hingewiesen. Die Bürgerhinweise wurden von den Verantwortlichen beim LRA aber als unzutreffend abgetan.

  5. Diethold Tietz schrieb am

    Dank großzügiger Förderungen durch Bund und Land gehörte unser Landkreis zu den Schrittmachern des Breitbandausbaus in Deutschland. Die inzwischen aufgetretenen Pannen sind nicht zu verniedlichen, aber im Vergleich zum noch immer andauenden Pfusch beim BER und beim Stuttgarter Bahnhof nahezu unbedeutend. Die Bautzener Ursachen sind bekanntlich vielfältig und insbesondere durch Überbürokratisierung und Kompetenzgerangel verursacht. Mich bewegt besonders: Die Genehmigung dieses beispielhaften Projekts erforderte gewaltige Vorarbeiten in der Landkreisverwaltung, namentlich durch die 2.Beigeordnete Birgit Weber und ihre Mitarbeiter. Sowohl zur Eröffnungsfeier, als auch kürzlich zum Abschluss sonnte sich Prominenz aus Berlin, Dresden und sonstwoher hier. Nun aber, da sich Mängel zeigen, darf B. Weber ihren Kopf hinhalten und die Misere begründen. Das ist nicht fair!
    Diethold Tietz, Bautzen

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