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Rechtfertigung der „Stillen Tage“ bleibt nach wie vor aktuell

Rechtfertigung der „Stillen Tage“ bleibt nach wie vor aktuell

Der Karfreitag ist besonders für Christen ein stiller Tag des Gedenkens. Foto: privat

Region. Fast genauso so regelmäßig wie das Osterfest kommt in Deutschland alljährlich eine Diskussion auf: und zwar über das Tanzverbot am Karfreitag. Zwar gibt es dieses Tanzverbot nicht nur an diesem Tag, sondern zum Beispiel auch am Volkstrauertag und dem Totensonntag, aber es wird doch am Karfreitag vorrangig die Diskussion geführt. 
In Deutschland ist die Regelung zum Tanzverbot Ländersache, in Sachsen gilt es neben den genannten Tagen auch noch am Buß- und Bettag. Die meisten Tage mit einem Verbot von „öffentlichen Veranstaltungen, die über den Schank- und Speisebetrieb hinausgehen“ hat übrigens Hessen mit 15 Tagen im Jahr. 

Die Begründung für das Tanzverbot kommt dabei aus der Einsicht, dass es in der europäischen Kultur Tage gibt, deren allgemeiner Charakter von einem derartigen Ernst geprägt ist, dass Tanz oder andere Lustbarkeiten dieser Prägung in einer unsittlichen Weise zuwiderlaufen.
Die bestehenden Regelungen werden turnusgemäß von atheistischen Gruppen, wie der Giordano-Bruno-Stiftung und dem Humanistischen Verband Deutschlands, aber auch von politisch linksstehenden Elementen wie der Grünen Jugend oder der Piratenpartei kritisiert. Nach deren Auffassung greife das Tanzverbot in unzulässiger Weise in die allgemeine Freiheit ein, sei einem säkularen Staat nicht angemessen und stelle eine Benachteiligung von nichtkonfessionellen Personen dar. In Köln organisierte die Partei „Die Humanisten“ in diesem Jahr auch eine „Tanzdemo“ vor dem Kölner Dom, um ihrer Kritik Nachdruck zu verleihen und die kirchlichen Veranstaltungen zu stören.
Die Hauptkritik zielt dabei traditionell auf den christlichen Ursprung dieser Verbote, der in einem modernen Staat nicht mehr gelten dürfe. Ungeachtet dessen, dass es neben kirchlichen „Stillen Tagen“ auch staatliche gibt, da Begriffe wie „Ernst“ und „Gedenken“ zwar in unserem Kulturraum christlich geprägt sind, aber auch bei anderen eine Rolle spielen, stellt sich prinzipiell doch die Frage über die allgemeine Grundlegung von Regelungen, die solche altmodisch klingenden Wörter wie „Sittlichkeit“ betreffen. Dabei stellt sich heraus, dass in diesem Kontext die Kategorie des „Rechts“ gar nicht unbedingt die entscheidende ist, sondern dass es vielmehr um klassische Tugenden wie „Mäßigung“ und, damit verbunden, „Rücksichtnahme“ geht. 

Niemandem würde es dochgefallen, wenn bei der Beerdigung eines Angehörigen der Nachbar die Trauerfeier mit lauter Musik begleitet. Natürlich hat er rein rechtlich gesehen die Möglichkeit dazu, aber in einer gesunden Nachbarschaft wird er rücksichtnehmen auf die Gefühle seiner Mitmenschen. Was hierbei im Kleinen praktiziert wird, gilt doch auch im gesellschaftlichen Rahmen. dieser kann nur halten, wenn Menschen bereit sind, ihr Recht aus Höflichkeit und Rücksicht nicht zwangsläufig wahrzunehmen. 

Ein anderer Aspekt ist die Betrachtung der Alternativen. Denn man kann sicherlich der Meinung sein, dass christliche Feste in einem weltlichen Staat keine Begründung für irgendwelche Verbote sein dürfen. Aber warum sollten dann christliche Feste eine Begründung für freie Tage sein können? Wer die christliche Prägung des Kalenders ablehnt, müsste dann auch so ehrlich sein und diese Ablehnung durch Arbeit zu Weihnachten oder Pfingsten zu praktizieren. Oder man akzeptiert, dass es manchmal höhere Dinge auf der Welt gibt, die über dem persönlichen Vergnügen stehen. Das wohl größte Tanzverbot gab es in Deutschland übrigens nicht wegen der Kirche, sondern wegen einem Virus. Dieses galt je nach Impfstatus reichlich zwei Jahre mit Unterbrechungen. Diejenigen, die auch in diesem Jahr laut die Abschaffung am Karfreitag gefordert haben, hatten in großen Teilen die letzten Jahre offensichtlich nicht so ein Problem damit. 

Benjamin Vogt / 17.04.2023

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