Sagen Sie den Helden des Alltags Danke!
Nach einem Sturz im Schlesischen Museum in Görlitz möchte die Bautzenerin Waltraud Günther einer jungen Ärztin persönlich danken. Allerdings hat sie keinen Kontakt zu der Medizinerin. Foto: RK
Brunhilde Fischer verunglückte mit ihrem Rad Ende September 2019 an der Spreebrücke Hammermühle. Seitdem hofft sie darauf, sich persönlich bei ihrem Helfer bedanken zu können. Foto: Archiv
Immer wieder machen Menschen die Erfahrung, dass sich gerade in schwierigen Situationen Bekannte, aber auch Fremde als kleine Engel in der Not erweisen. Den Helden des Alltags darf ab sofort bei uns ein Dankeschön gesagt werden.
Region. Den schmerzenden kleinen Finger ihrer rechten Hand umschließt ein Schutz-verband. Hin und wieder erinnert er die seit 16 Jahren in Bautzen lebende Waltraud Günther an einen verhängnisvollen Tag im Dezember. Kurz vor Weihnachten besuchte die einst von Dessau ans Spreeufer gezogene Seniorin gemeinsam mit einer der beiden Töchter und deren Familie den Christkindelmarkt in Görlitz. Und da durfte, wie sie heute erzählt, ein Abstecher ins Schlesische Museum keinesfalls fehlen. „Mich interessiert die Geschichte, der sich das Haus widmet“, fügt die rüstige Dame hinzu. Während sich Waltraud Günther einen Teil der Ausstellung ansah, wartete der restliche Teil der Ausflügler im Foyer. Dann geschah etwas, womit niemand rechnete. „Beim Verlassen des Hauses habe ich offenbar eine Stufe übersehen“, erinnert sich die 83-Jährige. Im Fall versuchte sie noch, sich an einer Glasscheibe festzuhalten. Doch das misslang. Der Länge nach landete Waltraud Günther auf dem Boden. Der Schreck saß tief – und das sicherlich nicht nur bei ihr. Doch eine junge Frau behielt den Überblick. Schnell gab sie sich den Erzählungen der Bautzenerin zufolge als Ärztin zu erkennen. Sie versorgte den blutenden Finger und riet, sich mit der Verletzung umgehend in die Notaufnahme des nächstgelegenen Krankenhauses zu begeben. Auch andere Menschen halfen. So wurde der gestürzten Spreestädterin kurzerhand ein Stuhl gereicht, auf den sie sich völlig verschreckt niederlassen konnte. Ganz besonders ist der Rentnerin ein Mädchen im Alter einer ihrer sieben Urenkel in Erinnerung geblieben. Offenbar die Tochter der Ärztin. „Die Kleine sagte immer wieder, das lässt sich kleben“, blickt Waltraud Günther auf das Missgeschick zurück, das ihr am 14. Dezember 2019 widerfuhr. „Außerdem sprach sie mich auf die Kinder meiner Enkel an. Da bist du ja eine Uroma, hat sie daraufhin festgestellt.“ Den Ratschlag der Medizinerin befolgte die Seniorin übrigens. Bei der näheren Untersuchung stellte sich heraus, dass der kleine Finger gebrochen war. „Im Nachhinein bin ich sehr froh darüber, dass ich auf die Ärztin gehört habe“, sagt die Bautzenerin etwas erleichtert.
Schicksale wie die von Waltraud Günther oder Brunhilde Fischer berühren. Sie sind ein Zeichen dafür, dass die Menschen in der Lausitz füreinander da sind, wenn es die Situation erfordert. Sollten auch Sie jemandem danken wollen, dann setzen Sie sich mit uns in Verbindung.
Kontakt: Oberlausitzer Kurier, Karl-Marx-Straße 4 in 02625 Bautzen, Redaktion@LN-Verlag.de.
„Und auch darüber, dass am Ende alles doch recht glimpflich ausgegangen ist.“ Dabei lässt Waltraud Günther nicht unerwähnt, dass sie der Ärztin und den anderen Helfern sehr dankbar dafür ist, wie alle sich um die Seniorin gekümmert haben. Gern würde sie die junge Frau in ihre Arme schließen, um sich auf diese Weise erkenntlich zu zeigen. Doch bislang sei das nicht möglich gewesen. „Die Medizinerin hat mir nicht verraten, wie sie heißt und woher sie kommt“, bedauert Waltraud Günther.
Doch damit steht sie nicht allein da. Auch Brunhilde Fischer, ebenfalls aus Bautzen, hofft nach wie vor darauf, ihrem bislang unbekannten Helfer einmal persönlich Danke sagen zu können. Im vergangenen Herbst war sie in der Seidau mit ihrem Fahrrad gestürzt. Dabei hatte sich die 66-Jährige eine schwere Verletzung zugezogen. „Mir schwebt vor, meinem Retter und dessen Partnerin einen Essensgutschein zu spendieren“, erklärt sie auf Nachfrage. Ihren Beruf in der Altenpflege kann sie nicht mehr ausüben. Schuld daran ist eine Embolie, die wie aus heiterem Himmel wenige Wochen nach dem Unfall auftrat. Mit den Folgen kämpft sie noch immer. Etwas ernüchternd stellt sie für sich fest: „Mein Rentnerdasein habe ich mir anders vorgestellt. Ich muss schauen, wohin mich mein Weg führt.“ Vielleicht kann sich gerade vor diesem Hintergrund ihr unbekannter Helfer zu erkennen geben und auf diese Weise einen Beitrag leisten, damit Brunhilde Fischer zumindest mental in der Lage ist, wieder Kraft zu tanken.