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Staatsanwalt erkennt Notstand nicht an

Staatsanwalt erkennt Notstand nicht an

Von diesem Wolf geht keine Gefahr aus – ein ausgestopfter Wolf im Senckenberg-Museum in Görlitz. Foto: Till Scholtz-Knobloch

Die Staatsanwaltschaft Brandenburg will einen Jäger anklagen, weil er einen Wolf tötete, der unter Zeugen Jagdhunde angegriffen hat. „Aufgrund drohender strafrechtlicher Risiken sollten Jäger keine Hunde mehr in Wolfsgebieten einsetzen“, meint daher der deutsche Jagdverband (DJV) und fordert Bund und Länder auf, Rechtssicherheit zu schaffen – Vorbild solle dabei Schweden sein.

Brandenburg. Anfang 2019 hatte ein Wolf bei einer Jagd mehrere Jagdhunde angegriffen und schwer verletzt. Ein Jäger hat zuerst in die Hände geklatscht und einen Warnschuss abgegeben. Er tötete den Wolf schließlich, da er nicht von den Hunden abließ. Zeugen haben den Vorgang bestätigt, ein Tierarzt die Bissverletzungen. Nach Angaben des Verteidigers Dr. Heiko Granzin ergibt sich anhand der Aktenlage eine eindeutige Notstandssituation. Der zuständige Staatsanwalt hat nun in einem Telefonat gegenüber dem Verteidiger mitgeteilt, dass der Jäger nach seiner Rechtsauffassung in keinem Fall hätte schießen dürfen – ungeachtet der Notstandslage. Nach Ansicht von Dr. Granzin ist dies „absurd“. Die Staatsanwaltschaft Brandenburg will Anklage erheben. Der Deutsche Jagdverband (DJV) und der Jagdgebrauchshundverband (JGHV) sind entsetzt. Sollte sich diese Rechtsansicht durchsetzen, sollten Jäger wegen der strafrechtlichen Risiken künftig keine Jagdhunde mehr für Stöberjagden und Nachsuchen in Wolfsgebieten einsetzen. DJV und JGHV fordern Bund und Länder auf, die Rechtsunsicherheit umgehend zu beenden.

„Der Gesetzgeber muss jetzt handeln und klare Regeln für einen derartigen Notstand entwickeln“, sagt DJV-Vizepräsident Helmut Dammann-Tamke und betont weiter: „Das Gesetz schreibe den Einsatz von gut ausgebildeten Jagdhunden vor.“ Es sei deshalb inakzeptabel, dass sie im Einsatz nicht geschützt werden könnten. „Auch andere Hundebesitzer werden durch das drohende Urteil kriminalisiert, wenn sie ihrem Hund bei einem Wolfsangriff helfen wollen“, so JGHV-Präsident Karl Walch. Als vorbildlich erachten DJV und JGHV die Rechtslage in Schweden: Dort könnten Jäger einen Wolf bereits töten, wenn er im Begriff ist, Hunde oder Nutztiere zu attackieren. Zuvor muss allerdings versucht werden, den Wolf durch Rufen und Warnschüsse zu vertreiben. Beides ist im Brandenburger Fall gegeben gewesen.

Ohne qualifizierte Jagdhunde sind effektive Stöberjagden – insbesondere auf Wildschweine – und Nachsuchen nicht möglich. In Deutschland lebt in jedem fünften Haushalt ein Hund, insgesamt etwa 9,4 Millionen Tiere. An Jäger und andere Hundebesitzer appellieren beide Verbände: Bei vermeintlichen Wolfsattacken umgehend einen Tierarzt einschalten und eine DNA-Probe sichern lassen. Der Nachweis von Wolf-DNA ist nur wenige Stunden möglich. Die meisten Wunddesinfektionsmittel machen Proben unbrauchbar.
Die meisten Wolfsangriffe auf Hunde gibt es in Skandinavien von Oktober bis Dezember – zwischen 1995 und 2018 über 600. Laut Norwegian Institute for Nature Research endeten 400 davon für den Hund tödlich. Der DJV geht davon aus, dass auch in Deutschland die Zahl der Übergriffe auf Hunde zunehmen wird.

Redaktion / 25.01.2020

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