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Tausch: Unternehmer gegen Asylbewerber

Tausch: Unternehmer gegen Asylbewerber

Der Gewerbepark an der Flinzstraße 15c besteht aus drei Gebäuden. Schon ab Januar sollen hier die ersten Asylbewerber einziehen. Den Firmen hat der Vermieter zum 31. Januar 2015 gekündigt. | Foto: Katrin Kunipatz

Bautzen. Asylbewerber statt Unternehmer – auf diese einfache Formel lassen sich die Pläne des Landratsamtes bringen, im Greenpark ab Januar 2015 ein Heim für 260 Asylbewerber einzurichten. Der Eigentümer – eine Firma aus Stahnsdorf – hat den eingemieteten Firmen bereits gekündigt.

„Wir werden keinen Millimeter weichen“, erklärt Ronny Bensch sachlich. Doch in seiner Stimme schwingt große Verärgerung mit. Und der Unternehmer ist nicht der Einzige, der zornig ist.
Zur kurzfristig einberufenen Versammlung kamen am Montag rund 150 Menschen – Mieter des Gewerbeparks an der Flinzstraße und Bewohner der umliegenden Häuser, Elternvertreter des benachbarten Kindergartens und des Sorbischen Schulzentrums. Sie alle eint ein Gefühl der Fassungslosigkeit und des Unverständnisses gegenüber der erst vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Entscheidung des Landratsamtes, im sogenannten Greenpark an der Flinzstraße Asylbewerber unterzubringen. Die 15 Gewerbetreibenden an der Flinzstraße – unter ihnen Ronny Bensch – haben von den Plänen erst aus den Medien erfahren.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ihnen der Vermieter – die Green Park GmbH aus Stahnsdorf – bereits zum 31. Januar 2015 die Mietverträge gekündigt. Damit stehen die Unternehmen mit insgesamt rund 60 Angestellten auf der Straße. Gerade jetzt zum Jahresende sei kaum Zeit nach neuen Immobilien zu suchen, so der Arbeitsvermittler. „Zumal zu diesem günstigen Preis keine neuen Räume zu bekommen sind“, bestätigt Mario Ehrke, Inhaber der E.Secur. Das Sicherheitsunternehmen beschäftigt rund 30 Mitarbeiter. Hinzu kommen weitere mit einem Umzug verbundene Kosten.
Für die Betroffenen fügen sich im Nachhinein verschiedene Puzzleteile zusammen. Bereits im Sommer fanden Vermessungen der Gebäude und Prüfungen der Bausubstanz statt. Informationen gab es dazu nicht. Nur Gerüchte über ein Asylheim an der Flinzstraße kursierten, über ein konkretes Objekt wurde aber nie gesprochen. Zumal sich niemand vorstellen konnte, dass der Greenpark gemeint sein könnte, schließlich sind hier etwa zwei Drittel der Flächen schon seit vielen Jahren vermietet. Und der kleine Gewerbepark ist umgeben von Eigenheimen, einem Kindergarten, der Sozialstation und gegenüber befindet sich das Sorbische Schulzentrum.

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Rund 150 Bürger fanden sich zu der kurzfristig einberufenen Versammlung ein, auf der die Bürgerinitiative gegründet wurde. | Foto: privat

Die Eltern der Schüler und selbst die Lehrer sind von der Ankündigung des Landratsamtes ebenso überrascht. Eine besorgte Mutter bringt die Verwunderung auf den Punkt: Auf dem Schützenplatz war ein Asylheim wegen der Nähe zu einer Senioreneinrichtung und einer Schule abgelehnt worden. An der Flinzstraße soll dies nun anders sein. Rund 1.000 Schüler besuchen die sorbische Schule und fast 100 Kinder zählt die Einrichtung „Glückskäfer“.In der Mitteilung des Landratsamtes, die die Unternehmer auf Nachfrage erhielten, heißt es, dass derzeit Vertragsabstimmungen laufen. Grundsätzlich sollen in dem aus drei Häusern bestehenden Objekt insgesamt 260 Asylbewerber untergebracht werden. Ein entsprechender Bauantrag werde von der Stadt Bautzen bearbeitet.

Die ersten Umbauarbeiten haben bereits begonnen, wie man an entsprechenden Geräuschen im Mittelbau hören kann. Schon Anfang Januar sollen die ersten 60 Asylbewerber in der Flinzstraße 15c einquartiert werden. Weitere 200 sollen dann bis Mitte 2015 folgen. Den Standort hält die Landkreisverwaltung für geeignet, weil er kostengünstiger als die Containerlösung auf der Fabrikstraße ist. Außerdem stehe aktuell ein Gebäude leer und die anderen beiden werden geringfügig als Bürogebäude genutzt. Für die Unternehmer sind diese Worte wie ein Schlag ins Gesicht. „Wir werden als Null und nichtig eingeschätzt“, bringt es Ronny Bensch auf den Punkt.

Bei der Zusammenkunft Anfang der Woche, bei der sich schließlich die Bürgerinitiative „Projekt Asylbewerberheim Greenpark Bautzen“ gründete, wurden die verschiedenen Kritikpunkte zusammengefasst. „Wir halten die angestrebte Lösung für absolut ungeeignet und lehnen sie deshalb ab“, heißt es im Schreiben mit dem die BI nun Unterschriften sammelt. Die sieben Sprecher und rund 150 Anwesende  haben bereits unterzeichnet, weitere Menschen sind in der Woche dazugekommen. Am Samstag wird eine Liste bei Christian Haase, Flinzstraße 13, ausliegen.

Ronny Bensch, Mario Ehrke und alle anderen Mitstreiter der Bürgerinitiative stößt besonders die Kommunikationsweise des Landratsamtes bitter auf: Über die Köpfe der Bürger hinweg werde von oben herab entschieden. Dies habe wenig mit Demokratie zu tun. „Der Landrat hat eine Grenze überschritten, wenn er Unternehmer zugunsten von Asylbewerbern vor die Tür setzen lässt“, sagt Ronny Bensch. Alle wünschten sich eine offene Kommunikation, bei der auch engagierte Bürger hätten Lösungsvorschläge unterbreiten können. Auch werde die immer wieder empfohlene dezentrale Unterbringung der Asylbewerber mit diesem großen Heim nicht berücksichtigt.

Die BI fordert unter Berücksichtigung der genannten Probleme, dass das Landratsamt den Standort Greenpark erneut bewertet und bei der Informationsveranstaltung am Montag, 24. November, im Landratsamt dazu Stellung bezieht.

Katrin Kunipatz / 14.11.2015

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